27.06.2020 - 01:17 Uhr
MonsieurTest
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MonsieurTest
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Aromachemiker finden Pflaumen-Veilchen-Amber-Blaugold. Wie aber entstehen Parfum-Namen?
Wenn Veilchen als die Rosen des kleinen Mannes gelten, kann man Pflaumen als bodenständige Schwestern der ätherisch-empfindlicheren Pfirsiche begreifen. Wenn Ihr das schluckt und weiter lest, wollen wir ‚The Scent of Gold‘ als edelmetallig italienische Gourmand-Antwort auf Mitsouko erläutern. Aus deren filigranem Jugendstil Flacon wurde hier ein solider Metallbehälter, aus dem zarten Moos-Pfirsich eine kraftvolle Zimt-Veilchen-Pflaume und aus dem feinstgliedrig schwebenden Guerlain-Unterbau eine stabile, gourmandige Amber-Vanille. Vergleiche sind hilfreich. Sie profilieren jedwede Gegenstände und Sinneseindrücke besser als Solo-Portraits. Dieser Vergleich aber war arg weit hergeholt (hab keine Alternativ-Pflaumen im Haus oder Hirn…).
Wir haben es mit einem süßen, doch leidlich wohlartikulierten Pflaumen-Veilchen & Tabakvanille-Duft zu tun. Dessen Kopf- und Herznoten wirken zwar leicht synthetisch und deshalb eher nice als traumhaft schön. Dessen Basis bietet jedoch eine warme, cremige Tabak-Patchouli-Amber-Vanille. Was diesen Duft insgesamt zu einem (auch für nicht zuckerverdorbene Parfumos) gut tragbaren macht. Dieser Scent of Gold ist mithin ein mögliches, besseres Substitut für Empörio Armanis ‚(Not) Stronger with you‘; für jene leider öfters anzutreffende, konturlos schlaffe Süße.
So, nun sind die Kinder im Bett, durch Süss-Bashing und umständliches Formulieren aus dem Text vertrieben. Kommen wir also zur spannenden Frage für Fortgeschrittene und Insider: Wie kommen eigentlich die neuen Parfums zu ihren Namen? Wundert man sich doch so manchmal. Und fragt sich: Würfeln die Hersteller? Beschäftigen sie Hausdichter? Kommen halluzinogene Drogen zum Einsatz??
Bei neuen Marken reichte anfangs oft deren Namen plus ein Geschlecht: z.B. Horst pour Homme, oder Woglinde Women. Unzeitgemäßerweise beschränken sich die Hersteller dabei immer noch auf 2 Geschlechter, wo doch mittlerweile deren 57 im Umlauf sind. Wir erwarten hier in den kommenden Jahren einige innovative Gender-Nischen-Namen (Rainer Maria für von X nach Y Konvertierte, Kim-Leo für Unentschiedene usw.).
Vorerst aber zum Stand der Dinge und den Ergebnissen unserer Recherchen über die geheimen Akte (hinter zugezogenen Vorhängen) vor den Flakon-Taufen. Wie entstehen Namen wie dieser hier? Der Geruch von Gold? Hat da der inflationsphobische Parfumeur wochenlang an seinen Goldbarren im Keller geschnüffelt und dann diese Pflaumenzimt-Veilchen-Amber-Orgie komponiert? Nein! So war es nicht.
Recherchiert man in Rüsselsheim im bekannten Sanatorium für verdiente respektive durch Nasen-Burnthrough erschöpfte Parfümeure, oder lauscht man gelegentlich in der Fragrances-Bar im Berliner Ritz-Carlton beim Stammtisch der Duft-Kreateure, was die Schöpfer der Parföngs über Duft-Taufen erzählen, erfährt man – Erstaunliches.
Ungeheuerliches. Wär man ohne Recherche nie drauf gekommen!
Am liebsten benamen Duftkomponisten Ihre Werke nämlich nach Parfumo-Autor*inn*en.
Denn deren Texte sind – logisch! – ihre Hausmannskost; Pflicht- und Lieblingslektüre aller Parfümschaffenden. Die Duftschöpfer verehren und fürchten Kommentare, Statements und Blogs, beäugen minimalste Blendenwahlnuancen und Flacon-Positionierung der Fotografen. Parfumo-Worte haben hier Gewicht! Zeichensetzungsfehler oder Fotofarbnuancen entscheiden über Ruhm und Geld oder EdeKa (Ende der Karriere). Daher möchten Parfumeure ihre frisch geheckten, namenlosen Jungwässerchen oft nach den bedeutendsten Parfumo/a/s benennen. Die Geschichte der gelingenden und scheiternden Widmungen ist lang. Hier nur winzigste Episoden daraus.
Als Caron ihren zweiten Herrenduft als Klassiker planten, war bald klar, dass dieser nur nach unserer zweibeinigen Duft-Enzyklopädie mit dem Antlitz Hölderlins, Yatagan, benannt werden konnte. Die wohlverdiente Turandot ist Widmungsträgerin einiger Duftwasser. Oft aber, so die nie verstummenden Klagen in Rüsselsheim und der Fragrances-Bar, scheitern geplante Widmungen. Leimbacher und Pudelbonzo sollten schon Dutzende Düfte zugeeignet werden; gleiches gilt für die schelmische Hasi sowie das Neroli- und Sprachgenie Fittleworth. Doch stets grätschen hier seit Jahren die Marketingleute dazwischen und verhindern diese mehr als verdienten Namensstiftungen mit ihrem Veto: zu sperrig. Angeblich nicht marktgängig fürs Volk der Stammler und Stöhner.
FvSpee, Großmeister des Langkommentars und der Feinstnuancen hat es – niemand wußte bisher wie – zum Namensgeber einer im Osten führenden Waschmittelmarke gebracht. Zweifellos riechen diese überaus nützlichen Produkte sehr anständig und solide. Doch ist noch unerforscht, welches Marketinggenie die alte Maxime der östlichen Wirtschaft, ‚Überholen ohne einzuholen‘ für einmal wahrzumachen verstand. Guerlain wie Marly, Klosterwasserfabrikanten und Nischenparfumeure kamen mit Ihren Taufwünschen zu spät. Der Name war schon vergeben. Da FvSpee mit der ihm eigenen Demut nicht eitel genug ist, die millionenfach goutierten Produkte, die seinen Namen tragen, hier detailliert zu besingen, obliegt uns dies Desiderat der Duftforschung.
Die meistbedachte Widmungsträgerin freilich ist, nach unseren Recherchen, die verehrte Kollegin Gold. Ihr Ruhm überstrahlt alles. Kaum ein Parfümhaus hat bisher darauf verzichtet, ihr Hommagen zu widmen. Kaum ein wohlsortierter Parfumschrank ist nicht zugleich Schrein ihrer Huldigung. Parfumo weist bald 1000 Düfte auf, die ihren Namen in die Welt tragen. Diese Statistik (nicht Pokale oder Parfumo-Points) zeigt, was am Ende zählt. Mit Hölderlins ‚Andenken‘ gesprochen: „Was bleibet aber, stiften Flacon-Taufen“.
Ich trage Trussardis ‚Scent of Gold‘ gelegentlich (bei Witterungen bis 25,3°C) gern – und denke dabei, wie es sich gehört, stets an die verdienstvolle Schreib- und Aufklärungsarbeit, welche die verehrte Widmungsträgerin seit Jahren leistet; aber auch viele andere hier, die aus diversen Gründen von den Parfüm-Schöpfern und Vertreibern nicht namentlich bedacht wurden.
Im übrigen hätte ich vermutet, dass Gold persönlich (die natürlich keineswegs die Hunderte von Widmungsanfragen ALLE annehmen kann und möchte) diesen Duft etwas zu süß und zu synthetisch findet. Dass sie, wie allseits bekannt, lieber Rosen als Veilchen trägt. Doch als ich bei meinen Recherchen zu Duft und rätselhaften Namensgebungsprozessen bis ins entlegenste Statement zu ‚Scent of Gold‘ hinunterstieg, fand ich am Fuße dieser Seite, im tiefsten Bergwerkstollen: Gold; ihr frühes Statement zum Duft. Welches wir hier gerne nochmal nach oben fördern:
„Patchouli, Zimt, Pflaumen, viel Ambervanille, nicht neuartig, aber harmonisch, weich, anschmiegsam, einhüllend. Mein Kandidat f. den Winter?“
Bleibt zum Schluss nur noch die große Frage: Was trug die liebe Gold im Winter 2019 und 2020? Wurde der - in ihren Vorwahlen mit erstaunlichen 8,5 bewertete – Kandidat Trussardi (oft) gewählt?
Edit: Nachfragen möchten nun wissen, ob ‚Mouchoir de Monsieur‘ eine Widmung eines seiner Lieblingshäuser an Monsieur Testes Taschentuch sei. Nein, so alt ist der (noch) nicht. Einige jüngere Widmungsdüfte (‚Bravo Monsieur‘ von Ganso, oder ‚Monsieur Dada 18‘ des Hauses Krigler, ferner auch ‚Monsieur le Prince Elegant‘ der Princesse Marina de Bourbon) könnt Ihr als Widmungsanfragen verstehen. Wegen anderer Kritik- und Huldigungsverpflichtungen bin ich noch nicht dazu gekommen, diese Widmungswasser zu verköstigen. Und frage mich bei der Prinzessin, ob dahinter ältester Hochadel oder hochstaplerischer Bourbon-Whisky steht...
Wir haben es mit einem süßen, doch leidlich wohlartikulierten Pflaumen-Veilchen & Tabakvanille-Duft zu tun. Dessen Kopf- und Herznoten wirken zwar leicht synthetisch und deshalb eher nice als traumhaft schön. Dessen Basis bietet jedoch eine warme, cremige Tabak-Patchouli-Amber-Vanille. Was diesen Duft insgesamt zu einem (auch für nicht zuckerverdorbene Parfumos) gut tragbaren macht. Dieser Scent of Gold ist mithin ein mögliches, besseres Substitut für Empörio Armanis ‚(Not) Stronger with you‘; für jene leider öfters anzutreffende, konturlos schlaffe Süße.
So, nun sind die Kinder im Bett, durch Süss-Bashing und umständliches Formulieren aus dem Text vertrieben. Kommen wir also zur spannenden Frage für Fortgeschrittene und Insider: Wie kommen eigentlich die neuen Parfums zu ihren Namen? Wundert man sich doch so manchmal. Und fragt sich: Würfeln die Hersteller? Beschäftigen sie Hausdichter? Kommen halluzinogene Drogen zum Einsatz??
Bei neuen Marken reichte anfangs oft deren Namen plus ein Geschlecht: z.B. Horst pour Homme, oder Woglinde Women. Unzeitgemäßerweise beschränken sich die Hersteller dabei immer noch auf 2 Geschlechter, wo doch mittlerweile deren 57 im Umlauf sind. Wir erwarten hier in den kommenden Jahren einige innovative Gender-Nischen-Namen (Rainer Maria für von X nach Y Konvertierte, Kim-Leo für Unentschiedene usw.).
Vorerst aber zum Stand der Dinge und den Ergebnissen unserer Recherchen über die geheimen Akte (hinter zugezogenen Vorhängen) vor den Flakon-Taufen. Wie entstehen Namen wie dieser hier? Der Geruch von Gold? Hat da der inflationsphobische Parfumeur wochenlang an seinen Goldbarren im Keller geschnüffelt und dann diese Pflaumenzimt-Veilchen-Amber-Orgie komponiert? Nein! So war es nicht.
Recherchiert man in Rüsselsheim im bekannten Sanatorium für verdiente respektive durch Nasen-Burnthrough erschöpfte Parfümeure, oder lauscht man gelegentlich in der Fragrances-Bar im Berliner Ritz-Carlton beim Stammtisch der Duft-Kreateure, was die Schöpfer der Parföngs über Duft-Taufen erzählen, erfährt man – Erstaunliches.
Ungeheuerliches. Wär man ohne Recherche nie drauf gekommen!
Am liebsten benamen Duftkomponisten Ihre Werke nämlich nach Parfumo-Autor*inn*en.
Denn deren Texte sind – logisch! – ihre Hausmannskost; Pflicht- und Lieblingslektüre aller Parfümschaffenden. Die Duftschöpfer verehren und fürchten Kommentare, Statements und Blogs, beäugen minimalste Blendenwahlnuancen und Flacon-Positionierung der Fotografen. Parfumo-Worte haben hier Gewicht! Zeichensetzungsfehler oder Fotofarbnuancen entscheiden über Ruhm und Geld oder EdeKa (Ende der Karriere). Daher möchten Parfumeure ihre frisch geheckten, namenlosen Jungwässerchen oft nach den bedeutendsten Parfumo/a/s benennen. Die Geschichte der gelingenden und scheiternden Widmungen ist lang. Hier nur winzigste Episoden daraus.
Als Caron ihren zweiten Herrenduft als Klassiker planten, war bald klar, dass dieser nur nach unserer zweibeinigen Duft-Enzyklopädie mit dem Antlitz Hölderlins, Yatagan, benannt werden konnte. Die wohlverdiente Turandot ist Widmungsträgerin einiger Duftwasser. Oft aber, so die nie verstummenden Klagen in Rüsselsheim und der Fragrances-Bar, scheitern geplante Widmungen. Leimbacher und Pudelbonzo sollten schon Dutzende Düfte zugeeignet werden; gleiches gilt für die schelmische Hasi sowie das Neroli- und Sprachgenie Fittleworth. Doch stets grätschen hier seit Jahren die Marketingleute dazwischen und verhindern diese mehr als verdienten Namensstiftungen mit ihrem Veto: zu sperrig. Angeblich nicht marktgängig fürs Volk der Stammler und Stöhner.
FvSpee, Großmeister des Langkommentars und der Feinstnuancen hat es – niemand wußte bisher wie – zum Namensgeber einer im Osten führenden Waschmittelmarke gebracht. Zweifellos riechen diese überaus nützlichen Produkte sehr anständig und solide. Doch ist noch unerforscht, welches Marketinggenie die alte Maxime der östlichen Wirtschaft, ‚Überholen ohne einzuholen‘ für einmal wahrzumachen verstand. Guerlain wie Marly, Klosterwasserfabrikanten und Nischenparfumeure kamen mit Ihren Taufwünschen zu spät. Der Name war schon vergeben. Da FvSpee mit der ihm eigenen Demut nicht eitel genug ist, die millionenfach goutierten Produkte, die seinen Namen tragen, hier detailliert zu besingen, obliegt uns dies Desiderat der Duftforschung.
Die meistbedachte Widmungsträgerin freilich ist, nach unseren Recherchen, die verehrte Kollegin Gold. Ihr Ruhm überstrahlt alles. Kaum ein Parfümhaus hat bisher darauf verzichtet, ihr Hommagen zu widmen. Kaum ein wohlsortierter Parfumschrank ist nicht zugleich Schrein ihrer Huldigung. Parfumo weist bald 1000 Düfte auf, die ihren Namen in die Welt tragen. Diese Statistik (nicht Pokale oder Parfumo-Points) zeigt, was am Ende zählt. Mit Hölderlins ‚Andenken‘ gesprochen: „Was bleibet aber, stiften Flacon-Taufen“.
Ich trage Trussardis ‚Scent of Gold‘ gelegentlich (bei Witterungen bis 25,3°C) gern – und denke dabei, wie es sich gehört, stets an die verdienstvolle Schreib- und Aufklärungsarbeit, welche die verehrte Widmungsträgerin seit Jahren leistet; aber auch viele andere hier, die aus diversen Gründen von den Parfüm-Schöpfern und Vertreibern nicht namentlich bedacht wurden.
Im übrigen hätte ich vermutet, dass Gold persönlich (die natürlich keineswegs die Hunderte von Widmungsanfragen ALLE annehmen kann und möchte) diesen Duft etwas zu süß und zu synthetisch findet. Dass sie, wie allseits bekannt, lieber Rosen als Veilchen trägt. Doch als ich bei meinen Recherchen zu Duft und rätselhaften Namensgebungsprozessen bis ins entlegenste Statement zu ‚Scent of Gold‘ hinunterstieg, fand ich am Fuße dieser Seite, im tiefsten Bergwerkstollen: Gold; ihr frühes Statement zum Duft. Welches wir hier gerne nochmal nach oben fördern:
„Patchouli, Zimt, Pflaumen, viel Ambervanille, nicht neuartig, aber harmonisch, weich, anschmiegsam, einhüllend. Mein Kandidat f. den Winter?“
Bleibt zum Schluss nur noch die große Frage: Was trug die liebe Gold im Winter 2019 und 2020? Wurde der - in ihren Vorwahlen mit erstaunlichen 8,5 bewertete – Kandidat Trussardi (oft) gewählt?
Edit: Nachfragen möchten nun wissen, ob ‚Mouchoir de Monsieur‘ eine Widmung eines seiner Lieblingshäuser an Monsieur Testes Taschentuch sei. Nein, so alt ist der (noch) nicht. Einige jüngere Widmungsdüfte (‚Bravo Monsieur‘ von Ganso, oder ‚Monsieur Dada 18‘ des Hauses Krigler, ferner auch ‚Monsieur le Prince Elegant‘ der Princesse Marina de Bourbon) könnt Ihr als Widmungsanfragen verstehen. Wegen anderer Kritik- und Huldigungsverpflichtungen bin ich noch nicht dazu gekommen, diese Widmungswasser zu verköstigen. Und frage mich bei der Prinzessin, ob dahinter ältester Hochadel oder hochstaplerischer Bourbon-Whisky steht...
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