First Van Cleef & Arpels 1976 Eau de Toilette
45
Top Rezension
Das Metallschwein
Wann ich das erste Mal First geschnuppert habe, weiss ich gar nicht mehr. Aber trotz seiner üppigen Duftpyramide und des Selbst-nie-einen-Flakon-gehabt-habens ist er heute noch präsent in meiner Nase. Einzelne Komponenten herauszuriechen war mir schon damals unmöglich, es ergibt sich - wie bei so vielen klassischen Topkreationen - ein Gesamwerk, eine Komposition, die nicht gut zerpflückt und analysiert werden kann und sollte, sondern um Hingabe bittet.
Blumig ist mein Haupteindruck. Sehr blumig. Und etwas fruchtig. Strahlend. Moosig. Ladylike. Juwelesque und "teuer". Ein Duft für eine erwachsene, reife Frau, elegant, klassisch bis konservativ. Ein bisschen madamig ist er schon auch.
-----------
Ende der 90er erlebte ich meine persönliche Sturm-und-Drang-Zeit, die in Form der Person eines Plattenverkäufers und DJs, nennen wir ihn S., begann. In einem hippen, kleinen Plattenladen, in den ich mich als Kundin eines Tages mal wagte ("habt Ihr was von Gus Gus?") begegnete ich ihm. Etwas jünger als ich, rebellisch, leicht ungepflegt, "freakig" und vom selbem Musikgeschmacke wie ich damals, fühlte ich mich recht angezogen von ihm. Oder besser: vielmehr von der aufregenden Welt, die er für mich verkörperte. Er fand mich - eine so brave, spiessige Frau! - auch gut, liess er mich spüren, das beflügelte mich natürlich.
Eines Tages sassen wir nach seinem Feierabend noch im Café und plauderten. Er erzählte von einer Verflossenen oder irgendwie Angebeteten - genau weiss ich es nicht mehr -, einer Frau, so seine Worte, "älter als ich", einer "faszinierenden Frau". Ich war ein bisschen eifersüchtig und schämte mich sofort für mein inneres Spiessertum. Dann sagte er: "Sie trug immer ein Parfum, das hiess First von ... Cleef oder so. Hocherotisch, dieses Parfüm, total toll."
Ich kannte First schon zu dem Zeitpunkt und war sehr überrascht. *Dieser* Mann und *dieser* Duft...? Wie konnte das zusammenpassen? Dieser junge, fusselige Typ in seinem ungewaschenen, an ihm festgewachsenen Strickpulli, den zerlöcherten Schuhen vom Flohmarkt, der nach Peru auswandern wollte, und zwar ganz bald ("weg von all dem Konsumwahn"), der Typ, der allen Ernstes solche Sätze sagte wie: "Ich photographiere gern alte Industrie- und Hafenanlagen, und ich weiss auch warum: ich bin nämlich ein Metallschwein im Chinesischen Horoskop, da habe ich einen instinktiven Hang zu Metall" - fühlte sich erotisiert vom eleganten, femininen, konventionell-klassisch-blumigen First...? Mir kamen seine Worte damals wie eine irritierende Adelung des Duftes vor, den ich bis dahin als ein bisschen zu ladylike-bourgeois abgetan hatte, gerade auch jetzt, wo ich auf dem Highway weg von der Bürgerlichkeit hin zur hippen Coolness war.
Was aus Metallschwein-S. wurde, weiss ich nicht. Aus uns wurde auch nichts richtig, aber darum ging es mir eigentlich auch damals schon nicht wirklich. Ich liess vielmehr ein Stück weit mein bis dahin schüchternes, angepasstes, braves Ich hinter mir und ging fortan neue Wege - dies war für mich die Essenz unserer Begegnung, an die ich heute amüsiert und zufrieden zurückdenke, ohne einen Anflug von Wehmut.
Heute, ein Vierteljahrhundert später, steht mir First immer noch nicht. War ja auch klar: mit Metallschweinen kann ich nämlich nicht gut. Sagt mein Horoskop.
Blumig ist mein Haupteindruck. Sehr blumig. Und etwas fruchtig. Strahlend. Moosig. Ladylike. Juwelesque und "teuer". Ein Duft für eine erwachsene, reife Frau, elegant, klassisch bis konservativ. Ein bisschen madamig ist er schon auch.
-----------
Ende der 90er erlebte ich meine persönliche Sturm-und-Drang-Zeit, die in Form der Person eines Plattenverkäufers und DJs, nennen wir ihn S., begann. In einem hippen, kleinen Plattenladen, in den ich mich als Kundin eines Tages mal wagte ("habt Ihr was von Gus Gus?") begegnete ich ihm. Etwas jünger als ich, rebellisch, leicht ungepflegt, "freakig" und vom selbem Musikgeschmacke wie ich damals, fühlte ich mich recht angezogen von ihm. Oder besser: vielmehr von der aufregenden Welt, die er für mich verkörperte. Er fand mich - eine so brave, spiessige Frau! - auch gut, liess er mich spüren, das beflügelte mich natürlich.
Eines Tages sassen wir nach seinem Feierabend noch im Café und plauderten. Er erzählte von einer Verflossenen oder irgendwie Angebeteten - genau weiss ich es nicht mehr -, einer Frau, so seine Worte, "älter als ich", einer "faszinierenden Frau". Ich war ein bisschen eifersüchtig und schämte mich sofort für mein inneres Spiessertum. Dann sagte er: "Sie trug immer ein Parfum, das hiess First von ... Cleef oder so. Hocherotisch, dieses Parfüm, total toll."
Ich kannte First schon zu dem Zeitpunkt und war sehr überrascht. *Dieser* Mann und *dieser* Duft...? Wie konnte das zusammenpassen? Dieser junge, fusselige Typ in seinem ungewaschenen, an ihm festgewachsenen Strickpulli, den zerlöcherten Schuhen vom Flohmarkt, der nach Peru auswandern wollte, und zwar ganz bald ("weg von all dem Konsumwahn"), der Typ, der allen Ernstes solche Sätze sagte wie: "Ich photographiere gern alte Industrie- und Hafenanlagen, und ich weiss auch warum: ich bin nämlich ein Metallschwein im Chinesischen Horoskop, da habe ich einen instinktiven Hang zu Metall" - fühlte sich erotisiert vom eleganten, femininen, konventionell-klassisch-blumigen First...? Mir kamen seine Worte damals wie eine irritierende Adelung des Duftes vor, den ich bis dahin als ein bisschen zu ladylike-bourgeois abgetan hatte, gerade auch jetzt, wo ich auf dem Highway weg von der Bürgerlichkeit hin zur hippen Coolness war.
Was aus Metallschwein-S. wurde, weiss ich nicht. Aus uns wurde auch nichts richtig, aber darum ging es mir eigentlich auch damals schon nicht wirklich. Ich liess vielmehr ein Stück weit mein bis dahin schüchternes, angepasstes, braves Ich hinter mir und ging fortan neue Wege - dies war für mich die Essenz unserer Begegnung, an die ich heute amüsiert und zufrieden zurückdenke, ohne einen Anflug von Wehmut.
Heute, ein Vierteljahrhundert später, steht mir First immer noch nicht. War ja auch klar: mit Metallschweinen kann ich nämlich nicht gut. Sagt mein Horoskop.
27 Antworten