31.08.2020 - 08:14 Uhr
Cravache
64 Rezensionen
Cravache
Top Rezension
Von Büchern, Boobs und Oud
Über dem Eingang der Stiftsbibliothek von St. Gallen steht in grossen Lettern: PSYCHES IATREION (ausgesprochen: psüchäs hiatreion). Übersetzen könnte man dies aus dem Attischen mit „Sanatorium für die Seele“. Die Literatur und speziell die Bibliothek, wo man früher die Literatur konsumierte, wurde und wird auch teils heute noch als „Seelen-Apotheke“ angesehen.
Mit der Joint the Club-Linie hat XerJoff Düfte geschaffen, bei denen zum Leidwesen der Duftpyramiden-Rollatorpiloten nicht einzelne Duftnoten im Zentrum stehen. XerJoff publiziert bewusst keine Pyramide zu den Düften. Die Düfte sollen ein spezifisches Duftbild vermitteln, was auch zumeist sehr gut gelingt. More than Words widmet sich einem bestimmten Club/Zirkel. Dem der Literatur, speziell dem Schriftsteller und dem Leser. Der Duft versetzt einen in eine mächtige, düstere, alte Bibliothek.
Bibliotheken mit ihren dunkeln Gängen und diskreten Nischen haben aber gerade in der Jugend ihren Reiz. Ob der ohrenbetäubenden Ruhe und Stille einer Bibliothek schweifen die Gedanken mal zu Judith, dann wieder zu Anna, von der koketten Unruhe, der unbesonnenen Anmut, der leichtgeschürzten Reue zu Disziplin und Credit Points für den Abschluss.
Meine ehemalige Kommilitonin S. aus dem Land des Lächelns kramte eines Tages mit ihren zarten, bleichen, diskreten Fingerchen die aktuelle Ausgabe einer Big ‘Uns-Publikation aus ihrer Tasche – in Asien, vor allem in Japan, ist es durchaus üblich, dass man(n) solche adult magazines in Öffentlichkeit konsumiert – und legte das Heftli auf den behäbigen Lesetisch. S., blätterte seelenruhig im Heftchen und kommentierte. Zuerst die Vorlesung, dann das Seminarium.
Kurzum, eine Bibliothek spricht nicht nur den intellektuellen Teil der Psyche an, sondern auch den sinnlichen. So auch More than Words.
More Than Words ist nach dem Aufsprühen fruchtig und süss. Es treten rasch holzige und rauchige Noten (Weihrauch, Ambra und Labdanum) hinzu. Die holzigen und rauchigen Noten wecken das Bild von dunklen, mächtigen Schränken und Regalen voll mit alten, kostbar in Leder gebundenen Büchern.
Der Duft lebt in diesem Stadium von der Wechselwirkung zwischen hellen, fruchtigen, süssen, unbefleckten Noten und dunklen, geheimnisvollen bis sogar verr(a)ucht-erotischen Noten. So, wie eine Bibliothek Werke von Thomas von Aquin wie auch Werke von Catull („Der ehrbare Dichter muss keusch sein, seine Verse jedoch nicht.“) oder Giovanni Boccaccio beherbergt.
Alsbald tritt Oud hinzu. Oud mit rauchigen, dunklen, erdigen, leicht animalischen Noten. Das Oud symbolisiert im Duft die Kostbarkeit und Anmut literarischer Werke. Doch das Oud dominiert den Duftverlauf nicht vollends oder gar eindimensional, es ist kunstvoll eingewoben in harzige, süsse, ledrige und rauchige Noten.
Am Ende des Duftverlaufs wird More than Words sanfter und stiller. Man sitzt entspannt und geistig befriedigt in einem ruhigen, warmen, dunklen, gemütlichen Lesesaal einer Bibliothek. Der Duft hüllt den Träger ein in die intellektuelle und sinnliche Geborgenheit.
More than Words ist ein tiefgründiges, sinnliches Parfum. Es widerspiegelt die gesamte Breite von Literatur. More than Words ist komplex, jedoch nicht so anstrengend wie die der hasigen Aphrodite abholden «Ruhe!»-Fetischisten einer Bibliothek, hell und zugleich dunkel, süss und lustvoll und zugleich aber auch bitter wie ganz altes dunkles Holz. More than Words transportiert die Emotionen der Literatur, eben mehr, als es einzelne Wörter (oder Duftpyramiden) für sich allein können.
Mit der Joint the Club-Linie hat XerJoff Düfte geschaffen, bei denen zum Leidwesen der Duftpyramiden-Rollatorpiloten nicht einzelne Duftnoten im Zentrum stehen. XerJoff publiziert bewusst keine Pyramide zu den Düften. Die Düfte sollen ein spezifisches Duftbild vermitteln, was auch zumeist sehr gut gelingt. More than Words widmet sich einem bestimmten Club/Zirkel. Dem der Literatur, speziell dem Schriftsteller und dem Leser. Der Duft versetzt einen in eine mächtige, düstere, alte Bibliothek.
Bibliotheken mit ihren dunkeln Gängen und diskreten Nischen haben aber gerade in der Jugend ihren Reiz. Ob der ohrenbetäubenden Ruhe und Stille einer Bibliothek schweifen die Gedanken mal zu Judith, dann wieder zu Anna, von der koketten Unruhe, der unbesonnenen Anmut, der leichtgeschürzten Reue zu Disziplin und Credit Points für den Abschluss.
Meine ehemalige Kommilitonin S. aus dem Land des Lächelns kramte eines Tages mit ihren zarten, bleichen, diskreten Fingerchen die aktuelle Ausgabe einer Big ‘Uns-Publikation aus ihrer Tasche – in Asien, vor allem in Japan, ist es durchaus üblich, dass man(n) solche adult magazines in Öffentlichkeit konsumiert – und legte das Heftli auf den behäbigen Lesetisch. S., blätterte seelenruhig im Heftchen und kommentierte. Zuerst die Vorlesung, dann das Seminarium.
Kurzum, eine Bibliothek spricht nicht nur den intellektuellen Teil der Psyche an, sondern auch den sinnlichen. So auch More than Words.
More Than Words ist nach dem Aufsprühen fruchtig und süss. Es treten rasch holzige und rauchige Noten (Weihrauch, Ambra und Labdanum) hinzu. Die holzigen und rauchigen Noten wecken das Bild von dunklen, mächtigen Schränken und Regalen voll mit alten, kostbar in Leder gebundenen Büchern.
Der Duft lebt in diesem Stadium von der Wechselwirkung zwischen hellen, fruchtigen, süssen, unbefleckten Noten und dunklen, geheimnisvollen bis sogar verr(a)ucht-erotischen Noten. So, wie eine Bibliothek Werke von Thomas von Aquin wie auch Werke von Catull („Der ehrbare Dichter muss keusch sein, seine Verse jedoch nicht.“) oder Giovanni Boccaccio beherbergt.
Alsbald tritt Oud hinzu. Oud mit rauchigen, dunklen, erdigen, leicht animalischen Noten. Das Oud symbolisiert im Duft die Kostbarkeit und Anmut literarischer Werke. Doch das Oud dominiert den Duftverlauf nicht vollends oder gar eindimensional, es ist kunstvoll eingewoben in harzige, süsse, ledrige und rauchige Noten.
Am Ende des Duftverlaufs wird More than Words sanfter und stiller. Man sitzt entspannt und geistig befriedigt in einem ruhigen, warmen, dunklen, gemütlichen Lesesaal einer Bibliothek. Der Duft hüllt den Träger ein in die intellektuelle und sinnliche Geborgenheit.
More than Words ist ein tiefgründiges, sinnliches Parfum. Es widerspiegelt die gesamte Breite von Literatur. More than Words ist komplex, jedoch nicht so anstrengend wie die der hasigen Aphrodite abholden «Ruhe!»-Fetischisten einer Bibliothek, hell und zugleich dunkel, süss und lustvoll und zugleich aber auch bitter wie ganz altes dunkles Holz. More than Words transportiert die Emotionen der Literatur, eben mehr, als es einzelne Wörter (oder Duftpyramiden) für sich allein können.
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