Yohji Homme 1999 Eau de Toilette

Version von 1999
Intersport
12.08.2022 - 02:57 Uhr
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Top Rezension

Wann war Yohji Homme?

Yohji Yamamoto's erster Herrenduft gehört, ähnlich den Veröffentlichungen von Helmut Lang zu dem kleinen Kreis 'Designer' Parfums die um die Jahrtausendwende rum einiges neu vorgeschlagen und zugleich mit klassischen Genres gespielt haben, im ebenso kleinen Kreis eine eingeschworene Fangemeinde hatten, irgendwann eingestellt wurden und nach ein paar Jahren (zu spät) wieder aufgelegt wurden, bevor sie ein zweites mal (vermutlich definitiv) eingestellt worden sind.

Ernstheiter hat den Duft und dessen Rolle in der Fougère Neuausrichtung hier bereits bestens erläutert, und ich kann lediglich ein paar zeitliche Punkte bieten, vielleicht eine zusätzliche Perspektive auf Yohji Homme.

Betrachtet man Yohji Yamamoto's Arbeit als 'dress-maker' in den 90'er Jahren so sind bei ihm auf den zweiten Blick zahlreiche Bezüge auf 'Westliches' oder besser 'Französisches' zu finden; ein Dokumentar Film von Wim Wenders (Notebook on Cities and Clothes, 1989), Inspirationen aus frühen französischen Kino, Kollektionen die zum Teil in Frankreich produziert wurden (ein Detail das, die oft im gleichen Atemzug genannten japanische Häuser tunlichst vermieden haben) und dann eben die Parfums, das erste, Yohji, (1996) von Jean Kerléo höchstpersönlich, und Yohji Homme, von Jean-Michel Duriez, zu diesem Zeitpunkt verantwortlicher Parfumeur bei Patou. Nochmal so ein Verweis in zutiefst französische Expertisen, sein Parfum chez Patou in Auftrag zu geben. Durch Patou's Vertrieb war Yohji Homme einfacher aufzutreiben, als etwa frühe Comme des Garçons Veröffentlichungen ohne dabei ganz so Breitband zu fahren wie es Issey Mikaye in den kommenden Jahren einschlagen sollte.

Das könnte man auch im Duft direkt weiterspinnen: eine Fougère Komposition, ein klassisches Format also, das durch gezielten Austausch und Erweiterung einiger Key-Players auf den ersten und zweiten Blick doch ganz anders gibt - ein bedachtes, ja verhaltenes Aufgreifen und Weiterentwicklung proto-gourmander Ansätze - Mugler's Angel (1993) schwebte wohl immer noch über dem Himmel von Paris, hier durch eine diskrete Süßholz Note mit kaffeeartigen Beiklängen, die unglaublich soft und delikat war, durch etwas Kardamom dazu auch noch kühl. Ein Blick auf das Blotter Papier zeigt nach auch ein paar Tagen deutliche Überreste dieses Fougère Skeletts, samt einer dezenten Coumarin Note, die auf der Haut zu keinem Zeitpunkt derart erkennbar ist.

Yohji Homme gab es in seiner ersten Auflage nicht lange, vielleicht war es für diese Jahre einfach etwas zu delikat. Die Lakritznote als Warm-Kalt Kombination sollte im Jahr darauf mit der ursprünglichen 'Hantel' Version von Body Kouros (2000) um einiges deutlicher aber dabei ganz klar verwandt zum Einsatz kommen. Luca Turin vermutet ein hin und her zwischen Annick Ménardo und Jean-Michel Duriez, diese spekulative Nähe ist geruchlich durchaus nachvollziehbar. Bestens eingebettete und feinste Kardamomkapseln konnten von Yann Vasnier mit L'Homme Sage (2005) nahezu perfekt in Szene gesetzt werden. Yohji Homme hatte da einiges vorweg genommen - etliche der Genussmittel-Quasi-Gourmands die immer wieder auftauchen, kann ich in Relation zu dem Duft lesen.

2013 erschien Yohji Homme erneut. Die von Olivier Pescheux orchestrierte Rückkehr ist bemerkenswert, sie gibt in Summe das alte Yohji Homme erstaunlich gut wieder, aber verhandelt die einzelnen Komponenten vielleicht etwas zu nahtlos integriert. Die nachvollziehbare Fougère Struktur der Erstversion ist nicht mehr so offensichtlich, auch ist eine zeitliche Entwicklung kaum auszumachen, alles dreht sich um den Gesamtakkord von Yohji Homme, der lediglich ausklingt, als Ganzes. Dennoch, eine respektable Wiederauflage, ähnlich minutiös durchgeführt wie die Zweitauflagen der Helmut Lang Parfums. Auch hier wird gerne gemutmasst - waren es nur Regulatorien die Pescheux aufhielten noch näher ans Original zu kommen, waren es Gruppen von Inhaltsstoffen - Basen? - die Patou's Team entworfen hatte, aber an die die neuen Produzenten nicht ran gekommen sind?

So ganz loslassen können die Eigentümer von Yohji Yamamoto Parfums anscheinend nicht - wenn sie nicht gerade - i beg your pardon - Düfte mit eher hilflos/albern wirkenden Namen wie 'I Am Not Going To Disturb You'(2017) oder 'Avant-Garde' (2018) rausbringen, kommt, wie etwa bei letzterem immer wieder die alte, elegante Form der frühen Yohji Flakons zum Einsatz - zwar nicht mit dem raffinierten, aber auch leicht brüchigen Verschlusssystem das Thierry de Baschmakoff für Yohji Homme entwickelt hat, sondern mit Edith Touati's Design von Yamamoto's ersten Damenduft. Vielleicht ist es ja doch nicht zu spät für einen return of the return von Yohji und Yohji Homme.
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