09.08.2011 - 16:06 Uhr
Peanut
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Peanut
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Für blumige Sonnenkinder wie Dich
Der schönste, verwunschenste Ort auf diesem Planeten war für mich immer Dein Garten, Oma. Wenn ich nachts träume, dann meistens von diesem Ort.
Ein Ort pickepackevoll mit Blumen und Früchten. Ein Garten voller seltsamer Sonne, die sogar im Winter nicht wegzugehen schien. Das Haus in der Mitte des Gartens machte mit der Sonne gemeinsame Sache: Es strahlte. Die Drehscheibe einer großen, lauten und herzlichen Familie. Fremde wurden, wann immer sie den Weg in Deinen Garten und in Dein Haus fanden, sofort in den Strudel gezogen und gingen meistens nicht mehr weg.
Und Du mittendrin. Eine Oma wie keine andere. Dein Mund war nie verkniffen, Deine Sprache nie verbittert, Dein Ton nie trocken, Dein Blick nie trüb. Du warst von Sonne und Blumen durchflutet: Gebräunt, mit wachen Augen, frischen Wangen und mit Haaren so rot wie der Sonnnenuntergang auf Deiner Terrasse. Wenn Du lachtest, dann stets wie ein Lausbub, nicht wie eine Matrone. So lachte keine andere Oma der Welt.
Und du trugst "Orchidee". Ein Duft warm und blumig und sonnengeküsst wie Du und Dein Garten. Mama schenkte ihn Dir literweise, denn er war wie für Dich gemacht. "Orchidee" ist nämlich nicht für Omas, nicht für Mamas und nicht für Enkelinnen, sondern für blumige Sonnenkinder wie Dich.
"Orchidee" gibt es noch immer. Den Garten und Dich eigentlich auch. Aber nur noch eigentlich.
Der Garten ist schon länger karg. Keine Blumen, kein Licht, kein Duft. Das Haus ist nur noch ein bitterer Ort. Auch der warme Lärm der Familie hat sich verflüchtigt. Vor allem aber: Deine Sonne ist erloschen. Du verstehst noch ncht mal mehr, was eine Sonne ist. Oder ein Garten. Oder eine Blume. Du weißt nicht, wozu Deine Hände da sind. Dein Körper hat vergessen, wie man sitzt und spricht. Wie man lächelt sowieso. Die Ärzte sagen, bald wirst Du auch vergessen, wie man atmet.
Schön, dass es "Orchidee" noch gibt. Warm, leicht würzig, ehrlich blumig, wie flüssige Sonne. Dann kann ich mich leichter erinnern.
P.S. Frei nach Saint-Exupéry: Man riecht nur mit dem Herzen gut. Die 100% vergibt hier nicht meine Nase.
NACHTRAG: Meine liebe Oma ist am 20. Dezember 2011 an den Folgen von Alzheimer gestorben.
Ein Ort pickepackevoll mit Blumen und Früchten. Ein Garten voller seltsamer Sonne, die sogar im Winter nicht wegzugehen schien. Das Haus in der Mitte des Gartens machte mit der Sonne gemeinsame Sache: Es strahlte. Die Drehscheibe einer großen, lauten und herzlichen Familie. Fremde wurden, wann immer sie den Weg in Deinen Garten und in Dein Haus fanden, sofort in den Strudel gezogen und gingen meistens nicht mehr weg.
Und Du mittendrin. Eine Oma wie keine andere. Dein Mund war nie verkniffen, Deine Sprache nie verbittert, Dein Ton nie trocken, Dein Blick nie trüb. Du warst von Sonne und Blumen durchflutet: Gebräunt, mit wachen Augen, frischen Wangen und mit Haaren so rot wie der Sonnnenuntergang auf Deiner Terrasse. Wenn Du lachtest, dann stets wie ein Lausbub, nicht wie eine Matrone. So lachte keine andere Oma der Welt.
Und du trugst "Orchidee". Ein Duft warm und blumig und sonnengeküsst wie Du und Dein Garten. Mama schenkte ihn Dir literweise, denn er war wie für Dich gemacht. "Orchidee" ist nämlich nicht für Omas, nicht für Mamas und nicht für Enkelinnen, sondern für blumige Sonnenkinder wie Dich.
"Orchidee" gibt es noch immer. Den Garten und Dich eigentlich auch. Aber nur noch eigentlich.
Der Garten ist schon länger karg. Keine Blumen, kein Licht, kein Duft. Das Haus ist nur noch ein bitterer Ort. Auch der warme Lärm der Familie hat sich verflüchtigt. Vor allem aber: Deine Sonne ist erloschen. Du verstehst noch ncht mal mehr, was eine Sonne ist. Oder ein Garten. Oder eine Blume. Du weißt nicht, wozu Deine Hände da sind. Dein Körper hat vergessen, wie man sitzt und spricht. Wie man lächelt sowieso. Die Ärzte sagen, bald wirst Du auch vergessen, wie man atmet.
Schön, dass es "Orchidee" noch gibt. Warm, leicht würzig, ehrlich blumig, wie flüssige Sonne. Dann kann ich mich leichter erinnern.
P.S. Frei nach Saint-Exupéry: Man riecht nur mit dem Herzen gut. Die 100% vergibt hier nicht meine Nase.
NACHTRAG: Meine liebe Oma ist am 20. Dezember 2011 an den Folgen von Alzheimer gestorben.
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