Gestern waren wir mit Freunden indisch essen. Sehr lecker! Ich hatte mal wieder Chicken Dopiaza und alles war gelungen: das Huhn, die Tomaten, die Zwiebeln, die Soße, der Reis. Mmmmhhhhh..... Ich war sehr verfressen gestern, ein Nachtisch musste auch noch sein. Mmmmhhh....
So weit, so gut.
Anders verlief das Gespräch: Es wurde über Italien gesprochen, über Ravenna und Faenza und nie gemachte Besichtigungen. Über Studienabschlüsse, Noten, Herausforderungen, die das Leben so mit sich brachte. Damals. Man neigt ja dazu, die Dinge in der Erinnerung immer ein wenig anders darzustellen, als sie wirklich waren. Da wird sich gerechtfertigt, entschuldigt und konkurriert, wer es am schwersten hatte, bei wem die Bedingungen am dööfsten waren. Und so weiter. Kennt Ihr bestimmt. Und kann auch sein, dass man mal knatschig wird, um es mal ganz vorsichtig auszudrücken. Dann muss sehr schnell ein Themenwechsel her: die Gegenwart. Aber: auch nicht besser. Da wird dann wieder gerechtfertigt, entschuldigt und konkurriert. So viel Stress die letzten Monate. So schrecklich alles. Ja, vor ALLEM bei uns. Wie, bei euch auch? Und so weiter. Kennt Ihr bestimmt. Und dann muss ganz schnell noch ein neuer Themenwechsel her und... yep! Endlich! Es hat geklappt! Und hier kommt das Parfum ins Spiel, das ich in diesem Kommentar bewerten und beschreiben möchte:
"Du, riech mal an mir, wie rieche ich?" -
"Nach Parfum?" -
"Richtig. Wie findest du das?" -
"Äh... gut. Wonach riecht das denn?" -
"Nach Pflaume! [es war "Hypnotic Poison"]" -
"Ach!" -
"Ja, neuerdings kümmere ich mich ein bisschen um Parfum und..." -
"Super! Super! Da musst du mich beraten! Ich brauche UNBEDINGT ein neues, meins ist leer!" (Unfassbarer Zustand: EIN Parfum? Und das leer?) -
"Ja, gerne... was magst du denn so?" -
"Äh... es darf nicht zu schwer sein!"
"Ah, ok..." -
"Es darf blumig sein." -
"Ok?"-
"Rose. Ich habe bei [Nischenparfumerie unseres Vertrauens] eins ausprobiert... das hieß... das war..." -
"Oh, toll, du warst da?" -
"Ja! Das war von einem Engländer... ."
"Penhaligon's? Das war aber teuer..."
[wendet sich an Göttergatten:] "Wie hieß das noch mal? Das war mit Hafer..." -
[Er:] "Nein, Gerste... Bier..." -
"Nein, ich weiß jetzt: Barney."
"Barley? Roggen?"
"Ja, Barley... das war ein Engländer..."
"MOOOMENT... Superparfuma recherchiert... Ja, "Poppy & Barley" von Jo Malone! Kenne ich leider nicht! Sicher toll..."
"Nee, war toll. Aber war zu stark."
"Ach so... und sonst..."
"Da war noch eins... Türkise, aufwändige Verpackung..."
"Tiffany's?"
"Ja, genau... das war auch schön... Aber es darf nicht süß sein. Nicht mit Vanille..."
"Tiffany's mag ich auch. Ist aber sicher ganz anders gewesen als Jo Malone?"
"Ja... es kann auch mit Rose sein. Oder auch nicht. Und zurückhaltend. Früher hatte ich immer Guerlain."
"Echt? Kann ich mich nicht mehr erinnern, früher habe ich mich noch nicht so mit Parfum beschäftigt. Wie hieß das denn?"
"Weiß ich nicht mehr. Es kann übrigens auch herber sein."
"Und holzig?"
"Ja!"
"Und harzig?"
"Ja!"
"Und grün?"
"Auch!"
"Oder doch eher blumig?"
"Ja! Mit Rose. Oder auch nicht."
"Ah... ok... ich suche für Dich..."
Und wie Ihr Euch denken könnt: Diesen schwierigen Auftrag werde ich erfüllen, indem ich zuallererst einmal dies hier empfehle: "Mon Paris Parfum floral". Das hat, glaube ich, alles, was meine Freundin sucht.
Es ist: frisch! Zu Beginn wunderbar frisch und leicht! Da ist eine ganz, ganz zarte grüne Note inmitten eines frischen, leichten Blumenbettes. So schön! Die Orangenblüte gibt diese sanfte Frische, die die Bergamotte oder ähnliche stärkere Zitrusnoten nie hinbekommt.
Dazu gesellt sich der Blumenstrauß aus Magnolie und Pfingstrose, die sowieso schon mal sehr sanft und zurückhaltend sind. Darin ist das zarte Grüne nur ganz leicht zu erahnen, man muss sich Mühe geben, aber man nimmt es wahr.
Anstelle einer protzigen Süße oder einer krassen, überbetonten Tuberose gesellt sich dann hier ein zarter Puderton dazu, der das schöne Bouquet in einem wunderbaren Gleichgewicht wiegt: Blume ist hier Blume, nicht Zucker. Puder ist Puder, nicht meterdicke Staubschicht. Alles so zart und fein und dabei von einer sehr zurückhaltenden Sillage. Unaufdringlich, aber raffiniert.
Ein bisschen versteckt hat sich der Stechapfel. Hier ist kein "Datura noire" und kein "Datura blanche" zu schnuppern, nur eine gaaaanz zarte Note, die vielleicht ein bisschen davon hineinwiegt.
Ganz fantastisch schmiegt sich das Ganze an die schöne Basis aus Moschus, Patch und Kaschmirholz: Während Patch kaum wahrnehmbar ist, erinnert die Basis sehr an das schöne "Code Cashmere" und ist ebenfalls mit den anderen Noten im Gleichgewicht. Hier schreit nichts laut, hier tobt nichts rum.
Alles fein aufeinander abgestimmt in perfekter Harmonie. Und: nicht süß. Minimal grün. Minimal pudrig. Minimal holzig. Sehr schön blumig. Der perfekte Duft für meine Freundin, glaube ich. Ich bin so gespannt, wie er ihr gefällt. Und wenn sie ihn nicht mag, sollte ich vielleicht mit Yves' Klassiker "Paris" weitermachen. Da hätten wir dann die Rose.