Opium pour Homme Yves Saint Laurent 1995 Eau de Toilette
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Top Rezension
Mit einem Pfeifchen Opium intus wäre dieser Duft sicher nur halb so laut und hysterisch
Es ist immer schwierig einem neuen Duft einen Referenz-Duft, auf den er sich beziehen soll, zur Seite zu stellen, insbesondere wenn dieser Referenz-Duft so erfolgreich ist, dass er schon einen gewissen Kultstatus besitzt: die Rede ist von Yves-Saint Laurents ‚Opium’. 1977 kam es auf den Markt und wurde bald zum Inbegriff des würzig-orientalischen Duftes, so wie schon seit Jahrzehnten ‚Shalimar’ Inbegriff des klassischen, Vanille-betonten Orientalen war.
Opiums Würze war außergewöhnlich intensiv, erregend, sehr delikat und dankenswerter Weise nicht mit allzu viel Süße kontrastiert – ein Duft, wie er nur alle paar Jahre das Licht der Welt erblickte, ein Duft, der das Marktgeschehen durcheinander wirbelte, den viele zu kopieren versuchten, so immens war der Erfolg.
Als 18 Jahre später ein Duft namens ‚Opium pour Homme’ eingeführt wurde, waren die Erwartungen entsprechend hoch, und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich - voller Vorfreude - den Duft zum ersten mal testete.
Ich war entsetzt.
Statt eines noch würzigeren 'Opiums', eines, dass noch weniger süß, vielleicht dunkler, rauchiger, holziger und somit maskuliner hätte sein können, entwich dem irgendwie billig aussehendem Flakon ein exzessiv fruchtiger, vor allem aber pappsüßer Duft, der mich augenblicklich zurückschrecken ließ.
War es möglich? Dieses Gebräu hatte doch nicht das Geringste mit dem guten alten ‚Opium’ zu tun? Und warum ‚pour Homme’? Da war das alte ‚Opium’ doch viel eher ‚pour Homme’, als dieser so untertitelte Duft!
Ich war fassungslos: wie konnte man die Chance, einen großartigen, ohnehin nicht besonders femininen Duft mit einem kleinen Twist ins Maskuline noch tragbarer für das männliche Geschlecht zu machen als er es sowieso schon war, derart ungenutzt verstreichen lassen, bzw. verpatzen?
Hatte nicht Estée Lauder mit Cinnabar und JHL vorgemacht wie es geht? Wie man aus einem voluminösen orientalischen Duft, mit geringer Reduzierung des Volumens und leichter Akzent-Verschiebung in den Herz- und Basisnoten, einen beinahe identischen, aber auf einmal maskulineren Duft macht?!
Schade, schade.
Warum auch immer man sich also im Hause YSL entschied einen völlig neuen Duft zu kreieren, der zwar den Namen ‚Opium’ führen sollte, aber mit dem eigentlichen ‚Opium’ noch nicht einmal lose verwandt war: es war – meines Erachtens jedenfalls – ein Fehler.
Vielleicht war man auch geblendet von der fulminanten Kampagne für Chanels ‚Egoïste’, das ein gigantischer Erfolg zu werden versprach (es aber letztlich nicht wurde..).
Apropos ‚Egoïste’: sprüht man ‚Opium pour Homme’ auf, erlebt man quasi ein ‚Egoïste’ in mehrfacher Potenz, derart aufgebläht und verzerrt, dass man ob der Karikatur auf den Duft von Chanel fast lachen möchte, wäre das Resultat nicht doch zu traurig.
Auch ‚Egoïste’ war ein sogenannter ‚Powerhouse’-Duft mit kräftigen Fruchtakzenten (zum Glück heute etwas heruntergedimmt), doch was da aus dem ‚Opium pour Homme’-Flakon strömt, dass sind nicht nur ein oder zwei Rispen schwarzer Johannisbeeren, das ist eine ganze Lastwagenladung dieser stark aromatischen Früchte, deren Aromen ohnehin zu Kraftmeierei und Penetranz neigen.
Begleitet und weitergeführt wird dieser bombastische Fruchtauftakt durch eine scharfe Würze (angeblich chinesischer Galgant und Szechuan-Pfeffer), die allerdings im Zusammenspiel mit den überbordenden, säuerlich-süßen Johannisbeer-Aromen eine Art kreischiger Haarspray-Note entwickeln.
Diese – für mein Empfinden – recht unangenehme Mixtur aus arg lauten, süß-saueren bis stechend scharfen Noten wird zwar von einem orientalischen Fond, bestehend aus balsamischen, holzigen und zaghaften Vanille-Noten, in Empfang genommen, doch irgendwie passen Gast und Gastgeber nicht recht zusammen: der Gast ist zu laut und ungehobelt, der Gastgeber zu leise und schüchtern. Ein ungemütlicher Abend steht bevor.
Ungemütlich ist vielleicht das passende Adjektiv zu diesem Duft: er ist viel zu hektisch, zu disparat, ja fast hysterisch, um auch nur den Ansatz von Gemütsruhe auszustrahlen.
Die wenig später erschienene EdP-Variante ist – das sollte bei aller Kritik nicht unerwähnt bleiben – ein gutes Stück gelungener: die Fruchtbombe ist etwas entschärft, deren Aromen verbinden sich besser mit der nicht mehr gar so stechenden Würze, und die Basis ist etwas aufgewertet, hat mehr Gewicht bekommen, ja zu guter Letzt sogar eine leise Laudanum-Note (Opium-Tinktur) erhalten.
Ich dachte sogar einmal, dass mir diese Version des Duftes gefallen könnte und legte mir tatsächlich eine Flasche zu. Doch muss ich immer wieder feststellen, dass mir auch die im EdP vorhandene ‚bubble-gum’-ähnliche Süße unerträglich ist.
Wer einen wirklich großen orientalischen Duft sucht, der wähle bitte zuerst die schon genannten Düfte ‚Shalimar’, ‚Opium’, ‚Cinnabar’, ‚Egoïste’ oder ‚JHL’, und greife erst dann zu diesem ‚Opium pour Homme’ genannten Werk.
Ich bin mir ziemlich sicher, Er oder Sie wird anschließend bis auf weiteres die Finger von ihm lassen.
Opiums Würze war außergewöhnlich intensiv, erregend, sehr delikat und dankenswerter Weise nicht mit allzu viel Süße kontrastiert – ein Duft, wie er nur alle paar Jahre das Licht der Welt erblickte, ein Duft, der das Marktgeschehen durcheinander wirbelte, den viele zu kopieren versuchten, so immens war der Erfolg.
Als 18 Jahre später ein Duft namens ‚Opium pour Homme’ eingeführt wurde, waren die Erwartungen entsprechend hoch, und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich - voller Vorfreude - den Duft zum ersten mal testete.
Ich war entsetzt.
Statt eines noch würzigeren 'Opiums', eines, dass noch weniger süß, vielleicht dunkler, rauchiger, holziger und somit maskuliner hätte sein können, entwich dem irgendwie billig aussehendem Flakon ein exzessiv fruchtiger, vor allem aber pappsüßer Duft, der mich augenblicklich zurückschrecken ließ.
War es möglich? Dieses Gebräu hatte doch nicht das Geringste mit dem guten alten ‚Opium’ zu tun? Und warum ‚pour Homme’? Da war das alte ‚Opium’ doch viel eher ‚pour Homme’, als dieser so untertitelte Duft!
Ich war fassungslos: wie konnte man die Chance, einen großartigen, ohnehin nicht besonders femininen Duft mit einem kleinen Twist ins Maskuline noch tragbarer für das männliche Geschlecht zu machen als er es sowieso schon war, derart ungenutzt verstreichen lassen, bzw. verpatzen?
Hatte nicht Estée Lauder mit Cinnabar und JHL vorgemacht wie es geht? Wie man aus einem voluminösen orientalischen Duft, mit geringer Reduzierung des Volumens und leichter Akzent-Verschiebung in den Herz- und Basisnoten, einen beinahe identischen, aber auf einmal maskulineren Duft macht?!
Schade, schade.
Warum auch immer man sich also im Hause YSL entschied einen völlig neuen Duft zu kreieren, der zwar den Namen ‚Opium’ führen sollte, aber mit dem eigentlichen ‚Opium’ noch nicht einmal lose verwandt war: es war – meines Erachtens jedenfalls – ein Fehler.
Vielleicht war man auch geblendet von der fulminanten Kampagne für Chanels ‚Egoïste’, das ein gigantischer Erfolg zu werden versprach (es aber letztlich nicht wurde..).
Apropos ‚Egoïste’: sprüht man ‚Opium pour Homme’ auf, erlebt man quasi ein ‚Egoïste’ in mehrfacher Potenz, derart aufgebläht und verzerrt, dass man ob der Karikatur auf den Duft von Chanel fast lachen möchte, wäre das Resultat nicht doch zu traurig.
Auch ‚Egoïste’ war ein sogenannter ‚Powerhouse’-Duft mit kräftigen Fruchtakzenten (zum Glück heute etwas heruntergedimmt), doch was da aus dem ‚Opium pour Homme’-Flakon strömt, dass sind nicht nur ein oder zwei Rispen schwarzer Johannisbeeren, das ist eine ganze Lastwagenladung dieser stark aromatischen Früchte, deren Aromen ohnehin zu Kraftmeierei und Penetranz neigen.
Begleitet und weitergeführt wird dieser bombastische Fruchtauftakt durch eine scharfe Würze (angeblich chinesischer Galgant und Szechuan-Pfeffer), die allerdings im Zusammenspiel mit den überbordenden, säuerlich-süßen Johannisbeer-Aromen eine Art kreischiger Haarspray-Note entwickeln.
Diese – für mein Empfinden – recht unangenehme Mixtur aus arg lauten, süß-saueren bis stechend scharfen Noten wird zwar von einem orientalischen Fond, bestehend aus balsamischen, holzigen und zaghaften Vanille-Noten, in Empfang genommen, doch irgendwie passen Gast und Gastgeber nicht recht zusammen: der Gast ist zu laut und ungehobelt, der Gastgeber zu leise und schüchtern. Ein ungemütlicher Abend steht bevor.
Ungemütlich ist vielleicht das passende Adjektiv zu diesem Duft: er ist viel zu hektisch, zu disparat, ja fast hysterisch, um auch nur den Ansatz von Gemütsruhe auszustrahlen.
Die wenig später erschienene EdP-Variante ist – das sollte bei aller Kritik nicht unerwähnt bleiben – ein gutes Stück gelungener: die Fruchtbombe ist etwas entschärft, deren Aromen verbinden sich besser mit der nicht mehr gar so stechenden Würze, und die Basis ist etwas aufgewertet, hat mehr Gewicht bekommen, ja zu guter Letzt sogar eine leise Laudanum-Note (Opium-Tinktur) erhalten.
Ich dachte sogar einmal, dass mir diese Version des Duftes gefallen könnte und legte mir tatsächlich eine Flasche zu. Doch muss ich immer wieder feststellen, dass mir auch die im EdP vorhandene ‚bubble-gum’-ähnliche Süße unerträglich ist.
Wer einen wirklich großen orientalischen Duft sucht, der wähle bitte zuerst die schon genannten Düfte ‚Shalimar’, ‚Opium’, ‚Cinnabar’, ‚Egoïste’ oder ‚JHL’, und greife erst dann zu diesem ‚Opium pour Homme’ genannten Werk.
Ich bin mir ziemlich sicher, Er oder Sie wird anschließend bis auf weiteres die Finger von ihm lassen.
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