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Top Rezension
Höhlenbewohner und intrinsische Motivationen
Es stellt sich die Frage, was den ausgezeichneten Kommentaren von Franfan und Siebter noch hinzuzufügen ist? Alles schon gesagt, nur noch nicht von mir? Darum geht es mir nicht. Da ich selten genug einen Duft kommentiere, der bereits zweimal kommentiert wurde, muss es für mich eine intrinsische Motivation geben. Und die gibt es. Ich will mir selbst darüber klar werden, welche Bedeutung dieser Duft für mich haben könnte und in welchem Kontext er tragbar wäre, denn das ist gar nicht so einfach zu entscheiden. Vielleicht beantwortet das dann auch die Frage einiger Leser, ob dieser Duft eine Kaufoption sein könnte bzw. ob man sich eine Abfüllung zulegen sollte.
Zunächst einmal kann ich die unten und bei anderen Besprechungen der Zoologist-Düften geäußerte Ansicht, das Konzept dieser Marke sei außergewöhnlich spannend, nicht nachvollziehen. Das ist selbstverständlich nur meine eigene, unmaßgebliche Position. Ich mag Tiere. Aber wenn ich in einem Zoo oder in einem Gehege, einem Stall oder in einer Bärenhöhle stehe (letzteres sollte man tunlichst vermeiden), dann stinkt es da, und zwar animalisch. Einer meiner unangenehmsten Erinnerungen an einen Tierpark ist die Begegnung mit einem Nilpferd, das im Kronberger Opel-Zoo aus seinem Becken auftauchte, sein Maul öffnete und mich anschließend anhauchte. Wer das einmal erlebt hat, wird von solchen Tieren Abstand halten. Ich will jetzt gar keine weiteren Begegnungen ähnlicher Art ausführen, aber auch eine Fledermaushöhle dürfte nicht viel freundlicher riechen.
Das sind meine Assoziationen, wenn ich an Tier-Düfte denke. Wohlgemerkt: Ich bin Tierfreund!
Die Zeichnungen auf den Flakons finde ich persönlich nicht witzig, originell oder kaufanregend, sondern albern. Tut mir wirklich leid, dass ich ein so humorloser Mensch bin, aber solche Zeichnungen mögen im Frankfurter Karikatur-Museum eine eigene Ausstellung wert sein. Auf dem Flakon einer meiner Düfte, die ich im Bad oder meinem Duftschrank aufbewahre, haben sie, meine ich, nichts verloren.
Was bleibt? Alles schlecht? Keineswegs. Das zeigt ja schon meine Bewertung des Duftes, und das hat den folgenden Hintergrund:
Düfte dieser Art, Düfte nämlich, die eher Gerüche als Düfte präsentieren, sind für mich die neue Generation der Duftentwicklung (von Komposition will ich nicht sprechen, weil das den Kern der Sache gar nicht so trifft): Duft 2.0. All das meine ich, ganz im Gegensatz zu meiner oberen Rede, nicht sarkastisch oder ironisch, sondern ernst. Duft assoziiere ich dabei mit Wohlgeruch, Gerüche dagegen mit neutraler Wahrnehmung. Beides kann im Kontext von Parfum faszinierend sein, gerade auch dann, wenn es miteinander verschränkt wird.
Ich bin ein Liebhaber der CB I Hate Perfume-Düfte, die mir fast alle gefallen, und zwar in dem Sinne, dass ich sie interessant finde (interessant im Sinne von "spannend", nicht im Sinne von "interessant ist die kleine Schwester von Scheiße"). Da gibt es Düfte resp. Gerüche, die nach Waldboden, Moder, alten Blättern, frischem Gras, Wollpullovern, Sägespänen, Sand, Jod riechen - und ich mag das sehr. Das sind in vielen Fällen keine Düfte, die ich im Büro, im Theater oder im Restaurant tragen würde, sondern wohl eher zu Hause.
Exkurs: Andererseits waren wir vor einigen Tagen in einer ausgesprochen großartigen Inszenierung von Shakespeares Hamlet, zu der einer dieser Düfte sicherlich exzellent gepasst hätte: Stahlgewitter, Rost, Rauch, Metal-Gitarre, Brauntöne. Warum dazu nicht einen Duft tragen, der das optische Erleben olfaktorisch (für mich und nur für mich) abrundet? Das wird in Zukunft häufiger ausprobiert. Exkurs Ende.
Überhaupt stellt sich ja die Frage, ob Duft- und Geruchsentwicklung nicht Kunst sei - und Avantgarde neue Standards definieren solle. Konventionelles war gestern. Dann wäre es eigentlich unsere Pflicht, als Kenner neuer, innovativer, exzentrischer, avantgardistischer Düfte den Pfad von Mainstream nicht noch weiter auszutreten, sondern auf Gegenwartskunst zu setzen. Und die findet sich für mich u.a auch bei Bat von Zoologist.
Der Duft wäre schon längst in meine Sammlung gewandert, hätte ich nicht tatsächlich einen etwas ähnlich anmutenden Duft von CB I Hate Perfume (Greenbriar), der vergleichbar und doch ganz anders ist, aber ebenfalls Grüngerüche (dort: grün Grasiges, Heu, Blätter mit Holz, hier modriger Waldboden mit Banane) kombiniert. Vielleicht ist aber auch noch Platz in der Sammlung.
Die Kombination von Moder, der mich bei Bat an den Geruch von Schimmelflecken in alten, lange nicht mehr beheizten Räumen, an feucht-abgestandene Luft in Höhleneingängen, an das sog. Kellertuch (ein Pilz) in Weinkellern, an vermodernden Stoff, an Blätterhaufen im Herbst erinnert, mit Banane, die insbesondere auf Haut auch klar und deutlich zu identifizieren ist, ist vielleicht etwas schwer (Er-)Tragbares, genauer gesagt aber auch etwas untragbar Tolles.
Für mich ist das, und das wäre ein Ergebnis der Konnotation von Bat aus meiner Sicht, ein Duft für zu Hause, zum Wohlfühlen, wenn man mit den o.g. Gerüchen kann, zum Meditieren, denn das verstärken auch die scharf krautigen, würzigen Akzente, die da noch zu riechen sind und vielleicht von der Myrrhe und von Wurzelsaft herrühren.
All das, was da außerdem noch in der Basis angegeben ist, kann ich zwar nicht isoliert riechen, meine aber, dass es dafür verantwortlich sein könnte, dass dieser provozierend eröffnende Duft versöhnlich endet.
Nebenbei gesagt: Die Fledermaus gehört zu meinen Lieblingstieren; bei unserem Ferienhaus kann man am späten Abend fast immer Fledermäuse beobachten, die flach über die Köpfe der still stehenden Beobachter hinweghuschen, mit fast zitternden, hektischen Flugbewegungen, die so viel artistischer sind als die der Vögel. Diese Eindrücke gehören für mich zum perfekten spätabendlichen Sommererlebnis dazu. Ich warte bei jedem Besuch darauf und genieße diese stillen Momente mit diesen außergewöhnlichen Tieren. Nichts, wirklich nichts ist damit vergleichbar.
Nun weiß ich auch, wie sie sich selbst gern riechen würden, wenn man sie denn ihren eigenen Duft wählen ließe.
Danke Zoologist, ihr sympathischen Freaks.
Nachtrag: Habe mir ein 11ml-Travelspray von Bat bei Zoologist bestellt. Das scheint mir die richtige Menge zu sein.
P.S.: Mme. Yatagan gefällt der Duft ausgesprochen gut. Kaum zu glauben? Aber wahr!
Zunächst einmal kann ich die unten und bei anderen Besprechungen der Zoologist-Düften geäußerte Ansicht, das Konzept dieser Marke sei außergewöhnlich spannend, nicht nachvollziehen. Das ist selbstverständlich nur meine eigene, unmaßgebliche Position. Ich mag Tiere. Aber wenn ich in einem Zoo oder in einem Gehege, einem Stall oder in einer Bärenhöhle stehe (letzteres sollte man tunlichst vermeiden), dann stinkt es da, und zwar animalisch. Einer meiner unangenehmsten Erinnerungen an einen Tierpark ist die Begegnung mit einem Nilpferd, das im Kronberger Opel-Zoo aus seinem Becken auftauchte, sein Maul öffnete und mich anschließend anhauchte. Wer das einmal erlebt hat, wird von solchen Tieren Abstand halten. Ich will jetzt gar keine weiteren Begegnungen ähnlicher Art ausführen, aber auch eine Fledermaushöhle dürfte nicht viel freundlicher riechen.
Das sind meine Assoziationen, wenn ich an Tier-Düfte denke. Wohlgemerkt: Ich bin Tierfreund!
Die Zeichnungen auf den Flakons finde ich persönlich nicht witzig, originell oder kaufanregend, sondern albern. Tut mir wirklich leid, dass ich ein so humorloser Mensch bin, aber solche Zeichnungen mögen im Frankfurter Karikatur-Museum eine eigene Ausstellung wert sein. Auf dem Flakon einer meiner Düfte, die ich im Bad oder meinem Duftschrank aufbewahre, haben sie, meine ich, nichts verloren.
Was bleibt? Alles schlecht? Keineswegs. Das zeigt ja schon meine Bewertung des Duftes, und das hat den folgenden Hintergrund:
Düfte dieser Art, Düfte nämlich, die eher Gerüche als Düfte präsentieren, sind für mich die neue Generation der Duftentwicklung (von Komposition will ich nicht sprechen, weil das den Kern der Sache gar nicht so trifft): Duft 2.0. All das meine ich, ganz im Gegensatz zu meiner oberen Rede, nicht sarkastisch oder ironisch, sondern ernst. Duft assoziiere ich dabei mit Wohlgeruch, Gerüche dagegen mit neutraler Wahrnehmung. Beides kann im Kontext von Parfum faszinierend sein, gerade auch dann, wenn es miteinander verschränkt wird.
Ich bin ein Liebhaber der CB I Hate Perfume-Düfte, die mir fast alle gefallen, und zwar in dem Sinne, dass ich sie interessant finde (interessant im Sinne von "spannend", nicht im Sinne von "interessant ist die kleine Schwester von Scheiße"). Da gibt es Düfte resp. Gerüche, die nach Waldboden, Moder, alten Blättern, frischem Gras, Wollpullovern, Sägespänen, Sand, Jod riechen - und ich mag das sehr. Das sind in vielen Fällen keine Düfte, die ich im Büro, im Theater oder im Restaurant tragen würde, sondern wohl eher zu Hause.
Exkurs: Andererseits waren wir vor einigen Tagen in einer ausgesprochen großartigen Inszenierung von Shakespeares Hamlet, zu der einer dieser Düfte sicherlich exzellent gepasst hätte: Stahlgewitter, Rost, Rauch, Metal-Gitarre, Brauntöne. Warum dazu nicht einen Duft tragen, der das optische Erleben olfaktorisch (für mich und nur für mich) abrundet? Das wird in Zukunft häufiger ausprobiert. Exkurs Ende.
Überhaupt stellt sich ja die Frage, ob Duft- und Geruchsentwicklung nicht Kunst sei - und Avantgarde neue Standards definieren solle. Konventionelles war gestern. Dann wäre es eigentlich unsere Pflicht, als Kenner neuer, innovativer, exzentrischer, avantgardistischer Düfte den Pfad von Mainstream nicht noch weiter auszutreten, sondern auf Gegenwartskunst zu setzen. Und die findet sich für mich u.a auch bei Bat von Zoologist.
Der Duft wäre schon längst in meine Sammlung gewandert, hätte ich nicht tatsächlich einen etwas ähnlich anmutenden Duft von CB I Hate Perfume (Greenbriar), der vergleichbar und doch ganz anders ist, aber ebenfalls Grüngerüche (dort: grün Grasiges, Heu, Blätter mit Holz, hier modriger Waldboden mit Banane) kombiniert. Vielleicht ist aber auch noch Platz in der Sammlung.
Die Kombination von Moder, der mich bei Bat an den Geruch von Schimmelflecken in alten, lange nicht mehr beheizten Räumen, an feucht-abgestandene Luft in Höhleneingängen, an das sog. Kellertuch (ein Pilz) in Weinkellern, an vermodernden Stoff, an Blätterhaufen im Herbst erinnert, mit Banane, die insbesondere auf Haut auch klar und deutlich zu identifizieren ist, ist vielleicht etwas schwer (Er-)Tragbares, genauer gesagt aber auch etwas untragbar Tolles.
Für mich ist das, und das wäre ein Ergebnis der Konnotation von Bat aus meiner Sicht, ein Duft für zu Hause, zum Wohlfühlen, wenn man mit den o.g. Gerüchen kann, zum Meditieren, denn das verstärken auch die scharf krautigen, würzigen Akzente, die da noch zu riechen sind und vielleicht von der Myrrhe und von Wurzelsaft herrühren.
All das, was da außerdem noch in der Basis angegeben ist, kann ich zwar nicht isoliert riechen, meine aber, dass es dafür verantwortlich sein könnte, dass dieser provozierend eröffnende Duft versöhnlich endet.
Nebenbei gesagt: Die Fledermaus gehört zu meinen Lieblingstieren; bei unserem Ferienhaus kann man am späten Abend fast immer Fledermäuse beobachten, die flach über die Köpfe der still stehenden Beobachter hinweghuschen, mit fast zitternden, hektischen Flugbewegungen, die so viel artistischer sind als die der Vögel. Diese Eindrücke gehören für mich zum perfekten spätabendlichen Sommererlebnis dazu. Ich warte bei jedem Besuch darauf und genieße diese stillen Momente mit diesen außergewöhnlichen Tieren. Nichts, wirklich nichts ist damit vergleichbar.
Nun weiß ich auch, wie sie sich selbst gern riechen würden, wenn man sie denn ihren eigenen Duft wählen ließe.
Danke Zoologist, ihr sympathischen Freaks.
Nachtrag: Habe mir ein 11ml-Travelspray von Bat bei Zoologist bestellt. Das scheint mir die richtige Menge zu sein.
P.S.: Mme. Yatagan gefällt der Duft ausgesprochen gut. Kaum zu glauben? Aber wahr!
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