Valdar
24.04.2021 - 20:50 Uhr
12
Top Rezension
6
Preis
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft

Das Jungle-Monster

Früher, da gab es noch nicht so komische Sendungen, wie das Jungle-Camp. Da war der Urwald noch von echten Monstern besiedelt, anstatt von C-Promis, wie Dolly Buster, die dabei gefilmt werden, wie sie Würmer essen. Früher, da ließ man nur die richtig coolen Leute, wie Tarzan oder Mogli in den Jungle.

Früher war alles besser und früher, da waren die Düfte von Zoologist noch richtige Urgewalten. Der alte, wilde Dodo oder der Bat von 2015...alles noch echte Monster und kein Vergleich zu den neuen Versionen, die zu harmlosen Früchtchen verkommen sind... aber HALT!
Hier kommt das Faultier! Und das ist eine absolute Urgewalt oder besser eine Urge-Walze, denn es walzt alles platt. Die Noten werden einem extrem roh, unverfälscht und brachial um die Ohren geballert. Eine gewalttätige Kamille, eine bestialische Acai-Frucht, gebettet auf einer Fallgrube, gefüllt mit zähem Honig, der einen verschlingt wie Treibsand.
Okay okay....das klingt vielleicht etwas brutal, denn die Noten sind im Kern eigentlich von freundlicher Natur, aber in “Sloth“ kommen sie so echt, so authentisch und dabei auch überreif, kompost-artig zur Geltung, dass es wirklich nichts mehr mit der Vorstellung von Parfum im eigentlichen Sinne zu tun hat. Dabei wird jegliche Gefälligkeit zugunsten von Authentizität geschickt umgangen.

Jetzt muss ich etwas strukturierter und sachlicher werden. Die Kopfnote startet mit harscher Kamille und undefinierbarer Frucht. Langsam verbindet sich die Kamille mit den un-süßen Honignoten der Herznote und wird von einer Heu-Note grundiert. In diesen Momenten erinnert es an “The Smell of Weather Turning“ von Lush. Wenn da nicht nebenbei noch diese vergorenen Früchte mitschwingen würden, die vielleicht noch am ehesten an die Früchte aus Byredos “Pulp“ erinnern, aber keine all zu große Rolle spielen.

Auf jeden Fall richtig cool finde ich eine Note, die ich überhaupt nicht zuordnen kann. Sie ist sehr präsent in Kopf und Herz und riecht meinem Empfinden nach, nach Pumpernickel-Brot. (Vielleicht weiß hier jemand was das sein könnte?)

Im weiteren Verlauf bekommt das Ganze dann einen Grund-Vibe, der an das BAT (2015) aus gleichem Hause erinnert. Einfach ein allgemeines, dichtes Jungle-Feeling, welches sich nicht anhand von einzelnen Duftkomponenten festnageln ließe.

Das alles hält sich wirklich lange (10 Stunden+), hat ordentlich Sillage und ist zu jeder Jahreszeit und bei jeder Gelegenheit tragbar, da es die Leute, wenn dann, sowieso immer scheiße finden, egal ob auf einer sommerlichen Hochzeit oder im Winter bei der Büroarbeit.

Okay im Ernst, es ist ein Duft für einen selbst, den man alleine zuhause vorm Fernseher genießt, während man sich Désirée Nick im Jungle-Camp ansieht, die in Schnecken baden muss, um ihre C-Promi-Rente etwas aufzubessern, damit sie sich vielleicht irgendwann auch einen erlesenen 160 Euro Duft, wie diesen hier leisten kann. Wie verdreht das Leben doch manchmal sein kann...

Aber nun gut, einziger Manko ist (neben dem Preis), dass ich den Duft, für die eher ruhige Mentalität eines Faultieres als zu wild empfinde. Allerdings muss ich zugeben, dass mir spontan auch kein passenderes Tier einfällt, außer eben ein imaginäres Jungle-Monster, wie z.B. Dolly Buster, wenn sie durch einen Sumpf mit Blutegeln schwimmen und dabei verfaulte Mangos essen muss. Also wenn in ferner Zukunft die Reformulierung in "Dolly" umbenannt wird und sich eine verstörende Zeichnung auf dem Fläschchen befindet, wisst ihr dass Victor Wong zu oft mit mir telefoniert hat.
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