Snowy Owl 2021

Valdar
24.04.2021 - 19:09 Uhr
15
Hilfreiche Rezension
5
Preis
10
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft

Drecks Kälte

“So eine drecks Kälte und das mitten im April“ schimpfte Max, als er früh morgens bei Sonnenaufgang in den Schuppen ging, um einen Spaten zu holen. “Kann ich mit dem Auftrag nicht bis Mittag warten? Der Boden ist noch ganz fest und gefroren?“ fragte er in den glasklaren, mit sanften Sonnenstrahlen durchzogenen Himmel. “Nein! Es muss jetzt sein, solange es noch kühl und frostig ist“ ertönte mit einem Grollen die Stimme seines Schöpfers aus dem Nichts.
“Für was soll das überhaupt gut sein? Und kann ich das Loch nicht da vorne in der etwas weicheren Blumenerde graben?“ erkundigte sich Max weiter. “Nein! Es muss hier sein, wo der Boden aus Lehm besteht und von wunderschönen Schneeglöckchen und dem frischen Gras geschmückt wird!“ sprach sein Schöpfer. “Herrgott, aber wozu? Wozu dieser Aufwand mitten in der Früh? Außerdem sehen diese Blumen viel mehr wie Maiglöckchen aus“ quengelte der arme Max weiter vor sich hin.
Die Erde vibrierte und sein langsam zornig werdender Schöpfer gab Antwort: “Max! Als Moses von seinem Schöpfer den Auftrag bekam auf den heiligen Berg zu kletter, da hat er auch keine Fragen gestellt...er hat es einfach gemacht und basta!“
“Ach scheiße, aber ich habe Hunger, ich brauch ein Frühstück, um genug Kraft zu haben, um hier ein Loch graben zu können“ beschwerte sich der Auserwählte weiter, wie ein bockiges Kind.
Das helle Blau des Himmelszeltes öffnete sich mit donnernden Tönen zu einem Riss, der für einen kurzen Moment den Blick in die vollkommene Unendlichkeit des Daseins freigab. Ein kleiner Gegenstand fiel aus dem Riss heraus und landete direkt vor Max. Es war ein Corny Müsli-Riegel mit Kokos-Geschmack. Max aß den Riegel und begann zu graben, bis sein Schöpfer schließlich sprach “Halt! Nimm dieses gefrorene Stück Lehm mit den von Tau bedeckten Grasbüscheln daran in deine Hände!“
“Alles klar Chef...und soll ich nun Adam und Eva 2.0 draus formen oder was?“ wollte der Auserwählte weiter wissen. “Es reicht, wenn du daran riechst und mir sagst, nach was es riecht“
Max führte den Klumpen zu seiner Nase und sagte “Naja, riecht halt wie ein verdammter Brocken gefrorene Erde mit ein paar Grasbüscheln drauf....und jetzt?“
“Nichts jetzt....dein Auftrag ist hiermit beendet“ dröhnte die Antwort des Schöpfers hervor.
“Waaaaas? Das soll wohl ein Witz sein?!!!“ brüllte Max.

Der arme Max wird nie erfahren, dass ich, sein allmächtiger Schöpfer, ihn das Loch im gefrorenen Lehm nur graben ließ, damit ich für diese Rezension ein passendes Beispielszenario habe, um den Duft “Snowy Owl“ von Zoologist besser beschreiben zu können.

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Also, der Duft beginnt absolut großartig mit einer undefinierbaren, sehr trockenen Kälte (Minze und Kokosnuss erkennt man nur, wenn man gelesen hat, dass es drin ist). Man kann nicht sagen, wie dieser Schnee-Akkord gemacht ist, aber er wirkt auf mich durchaus authentisch.
Es folgen grüne, grasige Elemente, die Freunden von z.B. “French Lover“ gefallen könnten, jedoch alles viel leichter und trockener.
Nach zirka 2 Stunden fällt das ganze zusammen und es bleibt lediglich eine belanglose Moschus-Basis, begleitet von der mysteriösen Dreckigkeit, die von Anfang an Kopf-, Herz und Basis Note begleitet. Diese Erdigkeit schwebt irgendwie unabhängig vom eigentlichen Duft in der Sillage mit und ist weg, sobald man direkt am Arm riecht. Es ist nicht der Geruch von Blumenerde, wie in Figment Man von Amouage und es ist auch nicht der Duft von dunklem Torf wie in Nightcap von Dunhill (viel Spaß den Leuten, die nach einem Flakon davon bei Douglas fragen).
Also! In Snowy Owl ist es trockener, gefrorener Lehm, der die komplette Charakteristik der Sillage dieses Parfums ausmacht. Die restliche Magie findet hautnah am Arm für einen selbst statt!

So! Und nun ging ich heute damit besprüht nach draußen, traf zufällig meine Tante und sagte “Hier riech mal an meinem Arm“
Sie schnupperte und sagte: “Mhm riecht komisch...es riecht nicht schlecht, aber gut auch nicht, was ist das?“
Ich antwortete: “Das ist ein Parfum, welches den Duft des Lebensraums einer Schneeeule widerspiegeln soll....faszinierend nicht wahr?“
Sie sagte: “Mhm...naja okay....“ und ging unbeeindruckt weiter.

Und das ist der Knackpunkt, wieso ich dem Duft eine 7,5 und keine 8 oder 9 gebe. Er schafft es nicht über eine längere Tragedauer, eine emotionale Komponente zu bewahren. Ich möchte dass ein Parfum meine Gefühle berührt. Das darf auch mal negativ sein und man ist aufgewühlt und sagt “Ihhh“ oder man ist zu Tränen gerührt, weil ein Duft wunderschöne, atmosphärische Bilder im Kopf erzeugt, die einen träumen lassen. Genau das schafft die Schneeeule leider nur die ersten 5 Minuten mit dem Schnee-Akkord. Der Rest ist ein etwas grünes Moschus-Grundrauschen mit schwebenden Lehm-Partikeln. Leise und nach 7 Stunden sowieso verschwunden.

Ich bin kein Profi und was ich jetzt sage ist schon kleinliches Jammern auf hohem Niveau, aber vielleicht hätte eine ozonische Note, die das Fliegen der Eule versinnbildlicht, dem Ganzen etwas mehr emotionale Tiefe gegeben.

So bleibt es ein ganz netter, aber für Zoologist mittelmäßiger Duft. Schade, denn ich hätte mich lieber mit einer Schneeeule identifiziert, anstatt mit einem Faultier, aber Sloth punktet bei mir gerade viel höher.
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