Out in the Open 2021

NuiWhakakore
22.05.2022 - 12:06 Uhr
34
Top Rezension
5
Preis
8
Sillage
9
Haltbarkeit
7.5
Duft

Joe s Garage

Miguel sitzt an seinem Schreibtisch. Über der Tür steht Joe s Garage. Der Apostroph ist schon vor ein paar Jahren abgefallen. Hat keiner vermißt. Hinter ihm hängt an der Wand ein Kalender von 1976. Üppige Blondinen und Autoteile. Der hing schon, als Miguel den Laden von Joe übernommen hat. Das gehört in so einem Laden wohl einfach dazu. Daneben hat er einen Kalender von 1985 gehängt. Muskulöse Männer mit sehr wenig Leder und einem Hang zu Uniformversatzstücken und Nieten. Gleichberechtigung ist wichtig.
Vor ihm auf dem Tresen stehen Blumen und eine Schale mit Äpfeln. Die sollen den Laden freundlicher machen und sind außerdem gesund, hat Consuela gesagt. Das ist seine Frau. Die Leute schätzen Miguel wegen seiner Arbeit an ihren alten Karren. Für seine Freundlichkeit ist er nicht bekannt. Aber es sieht nett aus.
Die Tür zur Werkstatt steht offen. Es ist gerade nichts los. Der Geruch von altem Motoröl und Benzin wabert herein, vermischt sich mit den Blumen und den Äpfeln. Der Geruch ist nicht jedermanns Sache, aber Miguel mag ihn sehr. Auch seine Schweißerschürze spielt da mit rein. Sie ist aus altem, schwerem Leder, fleckig und rissig und doch ganz weich. Das liegt an der Bienenwachs-Pflege. Consuela wieder. Hätte es nicht gebraucht, meint Miguel, aber ist schon nett.
Die Toilette ist leider auch verstopft, da muß er sich drum kümmern. Was ihn sonst noch stört ist die Katzenfamilie, die seit ein paar Wochen in der Abschmiergrube haust. Da müßte er sich auch mal drum kümmern. Aber Consuela findet die so süß. Schwierig.
Von draußen hört er Schuhe klackern und lange bevor die Tür sich öffnet riecht er schon den süßen Duft von Vanille und cremigem Sandelholz. Es ist kurz vor 12. Consuela kommt, um ihn zum Mittagessen zu holen. Vielleicht macht Miguel heute Nachmittag den Laden mal zu, ist eh gerade nicht viel los.

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An dem Duft scheiden sich wohl, wie an Miguel Matos ganz allgemein, die Geister. Von 1 bis 10 ist alles dabei und verständlich finde ich das durchaus, Out in the Open ist schon schwierig.

Er startet recht süßlich-würzig, wird dominiert von Safran und Ambrette. Die Frucht, es mag ein Apfel sein, kommt bei mir nur ganz leicht durch und stört nicht weiter. Was allerdings recht schnell kommt, ist etwas öliges, wie altes Motoröl und ein Hauch Benzin. Da fühle ich mich wie in einer Werkstatt und zwar nicht wie in einer auf Hochglanz polierten, hippen Markenwerkstatt, sondern wie in einer kleinen, schmuddeligen Schrauberbude. Das kommt sicher zum einen vom Jasmin, der recht aasig ist und auch eine leichte Urinnote nicht verbergen kann. Zum anderen vom Leder, das auch eher alt, verlebt, rissig und etwas dreckig ist. Animalisch Noten spielen da auch mit einer leichten Schärfe mit hinein. Das alles ist starker Tobak, schreiend synthetisch und grell überbelichtet. Keine Ahnung warum, aber ich mag es.

Mit der Zeit wird der Duft etwas sanfter. Der Jasmin nimmt sich zurück, bleibt aber erkennbar. Das Leder wird deutlicher. Etwas Bienenwachs und wohl auch ein paar Orangenblüten mildern ab. So richtig sanft wird er aber erst nach 4-5 Stunden. Dann kommt Vanille und Sandelholz mit rein. Es wird recht cremig und etwas süßer und dadurch erst einmal sehr angenehm. Diese Entwicklung geht jedoch leider weiter, nach 8 Stunden ist fast nur noch Vanille und Sandelholz erkennbar und noch etwas Tonka. Jetzt ist der Duft wirklich sehr süß und leider dann auch etwas langweilig. So klingt er dann ganz langsam aus, 10-12 Stunden ist er problemlos wahrnehmbar.

So viele Düfte von Miguel Matos habe ich zwar noch nicht getestet, aber nach dem, was ich kenne, würde ich ihm durchaus einen gewissen Sinn für Humor unterstellen. So wie Out in the Open als blumig-süß zu deklarieren für mich von Humor zeugt. Ich zumindest finde ihn gelungen, durchaus tragbar, zu einem Kauf reicht es aber nicht.
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