29.06.2020 - 13:18 Uhr
Konsalik
86 Rezensionen
Konsalik
Top Rezension
24
In der Prärie wird nicht geduscht!
Es ist doch wunderbar, wenn man einen guten Freund aus Schulzeiten mit seiner parfumologischen Leidenschaft ansteckt, der zugleich dazu neigt, ähnlich analytisch/komplettistisch/exploratorisch an seine Hobbies heranzugehen wie man selbst. Da werden bei Besuchen schachtelweise Parfums zusammengestellt und am Ende sind es die Herren, die schnüffelnd und fachsimpelnd am zur Mikro-Osmothek umfunktionierten Esstisch sitzen, während die Damen im Garten am Bambusbestand herumsägen und ab und an missmutig die Köpfe ins Zimmer stecken. "Oh, seid ihr fertig?" - "Ja, wir vergleichen jetzt Rasierseifen! Textur und Cremigkeit der Seife von Tabac Original lassen nicht ohne Weiteres auf den niedrigen Preis schließen, oder was meint ihr?" - "..."
Nunja, also, hm, ansonsten sind wir sehr charmant und kurzweilig. Wirklich. Bestimmt. *hust* Besagter Freund also hat (neben einem üppig angewachsenen Harry Lehmann-Regal) auch eine entschiedene Vorliebe für Produkte aus dem alten - in Deutschland weitgehend unbekannten - amerikanischen Haus Pinaud bzw. Clubman entwickelt. Dessen Produkte zeichnen sich zunächst durch ihren wirklich günstigen Preis sowie die ebenso günstige Darreichung in Form billigster (!) Weichplastik-Splashflakons aus. Kein Grund die Nase zu rümpfen, denn sowohl der Preis als auch die Präsentation stimmen mit Sinn und Zweck der Produkte auf's Charmanteste überein. Ich zitiere die Innenseite des Labels (ein eigenes Rückseitenlabel wäre wohl zu teuer gewesen):
"- bold, masculine fragrance
- instantly cools, tones, refreshes the skin
- exhilerating freshener after bath, splash on freely all over body"
Wir folgern scharf: Die hauseigene Bezeichnung von Clubman Special Reserve als "After Shave Cologne" war wohl das semantisch Breiteste, was zu finden war. "Universalriechbrühe", "Notfall-Duschersatz" oder "Olfaktorisches WD-40 für Bohrinsel und Opernball" wären meine Alternativ-Vorschläge. Wie genau riecht also dieses etwas schmutzig-grün-braune, an Brackwasser gemahnende Zeugs, das man sich da in die Hand schüttelt? Eine Notenliste bleibt uns der Hersteller ja schuldig (was ich immer spannend finde, da man sich so unvoreingenommener mit dem Duft beschäftigt und nicht so leicht auf Peinlichkeiten wie "Nach einer halben Stunde zeigte sich die lombardische Zobelkiefer deutlich!" verfällt)...
Cappellusman schrieb Clubman Special Reserve vor zwei Jahren in seinem Statement eine "kerlige" Art zu, und das stimmt. Hier reitet der Marlboro-Mann in vollem Galopp aus dem alten Werbeplakat. Aber ganz anders, als europäische Düfte in den vergangenen Jahrzehnten Männlichkeit interpretiert haben: Hinter der - bei "richtigen" Parfums eher unerwünschten, bei Rasierwässern hingegen sehr willkommenen - alkoholisch-ratzeputzigen Eröffnung mit einem Hauch orangiger Zitrik steht ein eigentümlicher Dreiklang aus Nelke, Bay Rum-artigem Lorbeerblatt und Lederakkord, wobei ich nicht sagen könnte, ob der ledrige Eindruck nicht erst durch diese eigentümliche Gewürzkombination entsteht. Ein sehr eigener Duft: reduziert und dennoch üppig, hemdsärmelig und dennoch von exotischem Charme. Auch die Basis bleibt eigentümlich, wird die klassische Rasierwasser-Seifigkeit doch von einer deutlichen, für mich schwer definierbaren Süße begleitet, die mich ein wenig an (stark verdünnte!) Dr. Pepper-Cola erinnert. Sehr amerikanisch, das Ganze. Man lasse sich übrigens nicht von der schwachen Eigenprojektion beschwindeln: Die (nähere) Umgebung hat für einige Stunden etwas von Clubman Special Reserve.
Insgesamt einer der stärksten Vertreter einer im Ganzen seltsam sympathischen Marke. Wer ab und an Lust auf Düfte hat, die charakterstark sind und nicht mit der Pipette, sondern mit der Kreissäge komponiert wurden, wird hier sicher fündig. Bonustipp für Fans des kölnischen Dufttyps: Das "Eau de Portugal"-Haartonikum taugt gleichsam als bitterorangiger (ebenfalls mit der hauseigenen Lorbeernote versehener) Universalkörperduft.
Nunja, also, hm, ansonsten sind wir sehr charmant und kurzweilig. Wirklich. Bestimmt. *hust* Besagter Freund also hat (neben einem üppig angewachsenen Harry Lehmann-Regal) auch eine entschiedene Vorliebe für Produkte aus dem alten - in Deutschland weitgehend unbekannten - amerikanischen Haus Pinaud bzw. Clubman entwickelt. Dessen Produkte zeichnen sich zunächst durch ihren wirklich günstigen Preis sowie die ebenso günstige Darreichung in Form billigster (!) Weichplastik-Splashflakons aus. Kein Grund die Nase zu rümpfen, denn sowohl der Preis als auch die Präsentation stimmen mit Sinn und Zweck der Produkte auf's Charmanteste überein. Ich zitiere die Innenseite des Labels (ein eigenes Rückseitenlabel wäre wohl zu teuer gewesen):
"- bold, masculine fragrance
- instantly cools, tones, refreshes the skin
- exhilerating freshener after bath, splash on freely all over body"
Wir folgern scharf: Die hauseigene Bezeichnung von Clubman Special Reserve als "After Shave Cologne" war wohl das semantisch Breiteste, was zu finden war. "Universalriechbrühe", "Notfall-Duschersatz" oder "Olfaktorisches WD-40 für Bohrinsel und Opernball" wären meine Alternativ-Vorschläge. Wie genau riecht also dieses etwas schmutzig-grün-braune, an Brackwasser gemahnende Zeugs, das man sich da in die Hand schüttelt? Eine Notenliste bleibt uns der Hersteller ja schuldig (was ich immer spannend finde, da man sich so unvoreingenommener mit dem Duft beschäftigt und nicht so leicht auf Peinlichkeiten wie "Nach einer halben Stunde zeigte sich die lombardische Zobelkiefer deutlich!" verfällt)...
Cappellusman schrieb Clubman Special Reserve vor zwei Jahren in seinem Statement eine "kerlige" Art zu, und das stimmt. Hier reitet der Marlboro-Mann in vollem Galopp aus dem alten Werbeplakat. Aber ganz anders, als europäische Düfte in den vergangenen Jahrzehnten Männlichkeit interpretiert haben: Hinter der - bei "richtigen" Parfums eher unerwünschten, bei Rasierwässern hingegen sehr willkommenen - alkoholisch-ratzeputzigen Eröffnung mit einem Hauch orangiger Zitrik steht ein eigentümlicher Dreiklang aus Nelke, Bay Rum-artigem Lorbeerblatt und Lederakkord, wobei ich nicht sagen könnte, ob der ledrige Eindruck nicht erst durch diese eigentümliche Gewürzkombination entsteht. Ein sehr eigener Duft: reduziert und dennoch üppig, hemdsärmelig und dennoch von exotischem Charme. Auch die Basis bleibt eigentümlich, wird die klassische Rasierwasser-Seifigkeit doch von einer deutlichen, für mich schwer definierbaren Süße begleitet, die mich ein wenig an (stark verdünnte!) Dr. Pepper-Cola erinnert. Sehr amerikanisch, das Ganze. Man lasse sich übrigens nicht von der schwachen Eigenprojektion beschwindeln: Die (nähere) Umgebung hat für einige Stunden etwas von Clubman Special Reserve.
Insgesamt einer der stärksten Vertreter einer im Ganzen seltsam sympathischen Marke. Wer ab und an Lust auf Düfte hat, die charakterstark sind und nicht mit der Pipette, sondern mit der Kreissäge komponiert wurden, wird hier sicher fündig. Bonustipp für Fans des kölnischen Dufttyps: Das "Eau de Portugal"-Haartonikum taugt gleichsam als bitterorangiger (ebenfalls mit der hauseigenen Lorbeernote versehener) Universalkörperduft.
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