19.04.2023 - 02:11 Uhr

Intersport
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Detour XIII: Poivre Corse
Korsika wird seit Sables (1985) immer häufiger und auch scheinbar akribischer kartografiert. Vor allem in den letzten Jahren diente die Insel als Platzhalter für fast alle Hartlaub Vegetationen rund ums Mittelmeer. Könnte Sables (Sand) noch als recht großflächige Abstraktion durchgehen, wird es mit Sperone engmaschiger, ein spezifischer Küstenabschnitt südlich von Bonifacio ist der Ausgangspunkt fuer diese Szene.
Dabei bediente sich Le Couvent zuletzt mit Ambra (2021) einer korsisch pflanzlichen Identität, bzw. behauptete das vielmehr durch den Einsatz einer für die Insel so ikonischen (gewordenen) Immortelle Note. Wurde diese bei Ambra fast all ihrer bezaubernden und fordernden Ecken und Kanten beraubt (sie zeigt sich als grenzwertig erkennbarer ambrierter Füllstoff), so bin versucht Sperone als Korrektur oder Gegenstück zu lesen.
Es geht recht unvermittelt mit einer gewürzigen Frische zur Sache, ein Hauch bitterer Bergamotte verschwindet so schnell wie er gekommen ist; Pfeffer-artiges, gepaart mit Thymian, was mich jedoch mehr an Sellerie Salz denken lässt, bestimmt den Auftakt. 'Frische' in Kombination mit leicht Gemüse-artigen Facetten an der Schnittstelle Sellerie/Liebstöckel wurde u.a. in Sel de Vétiver (2006) bestens inszeniert; auch werden Sellerie/Liebstöckel Noten immer wieder als mögliche Schraffierungen der Immortelle kategorisiert. Comme des Garçons Series Luxe: Patchouli (2007) oder Divine's L'Être Aimé Homme (2008) setzen geradezu auf diese speziellen Aspekte, Sperone knüpft nun hier an und ich vermute dass diese Eigenschaften auch vom Immortelle essential oil stammen, das mit seinen aromatischen Facetten doch recht anders ist, als das häufiger verwendete warm würzige Immortelle Absolute. Sperone, so scheint mir, setzt auf beides, auch leicht kaffeeartigen Facetten der Immortelle schimmern durch und geben Volumen; eine in sich schlüssige Balance.
Die andere Hauptrolle spielt eine dezent rauchige Labdanum Note, die in dieser Modulation, mit gummiartigen Anteilen, an den Geruch einer Luftmatratze auf Waldboden erinnert - was zu diesem sommerlichen Eau auch irgendwie passt - gepaart mit minimaler Säure, ähnlich den klebrigen Absonderungen der noch unverarbeiteten Zistrosen Blättern - auch hier kommen nochmals zwei Facetten einer Zutat zur Geltung, die, der noch 'rohen' Zistrose und die des bereits verarbeiteten Labdanums. Erfreulicherweise gewinnt Sperone im Ausklang, wo die Verbindung Immortelle/Labdanum meisterlich verwoben wirkt, die leicht sperrigen und - an acquired taste - aromatischen Gemüse-Noten bleiben entfernt im Hintergrund erhalten, aber diese mitunter rustikal anmutende Komposition, entwickelt nochmals ordentlich Wärme und Volumen.
Freilich, das Rad wurde hier nicht neu erfunden, die Verbindung Thymian und Immortelle konnten Serge Lutens und Christopher Sheldrake in Chêne (2004) bemerkenswert dunkel umsetzten, erst vor einem Jahr erschien mit Astier de la Villatte's Tucson (2022) eine reduzierte wie überzeugende Veröffentlichung bei der sich viel um Immortelle (Absolute) plus Labdanum dreht; aber entsprechend der relativ genauen geografischen Angabe im Titel handelt es sich bei Sperone um eine zusätzliche, andere Stimme, mit quasi regionalen Differenzen. In einem trotz steigender Tendenz noch überschaubaren Feld von mediterranen, hitzigen Düften, eine interessante Alternative zur sommerlichen Zitrik & Frische.
* Auch wenn die sprachliche Fokussierung auf zwei Hauptkomponenten, hier eben Immortelle und Labdanum, gut in Jean Claude Ellena's Reduktionslogik passt, die er v.a. in den Hermessence Veröffentlichungen (2004 - 2016) perfektionieren konnten, ist die Autor:innenschaft ist bei Le Couvent komplizierter, überhaupt, seine 'Rolle' wird seitens der Marke ja auch schon mal als die eines 'Olfactory Director' beschrieben, ganz im Sinne der angelsächsischen 'Directorisation' aller möglicher 'Positionen', also vielleicht jemand der vielmehr in einem Team arbeitet als nur solo. Vielleicht muss ich auch wegen dem vegetable touch in Sperone auch an Amélie Bourgeois' Kythnos (2019) denken, Zufall, Teamarbeit, oder Zugriff auf eine mediterrane 'Haus-Basis'?!
Dabei bediente sich Le Couvent zuletzt mit Ambra (2021) einer korsisch pflanzlichen Identität, bzw. behauptete das vielmehr durch den Einsatz einer für die Insel so ikonischen (gewordenen) Immortelle Note. Wurde diese bei Ambra fast all ihrer bezaubernden und fordernden Ecken und Kanten beraubt (sie zeigt sich als grenzwertig erkennbarer ambrierter Füllstoff), so bin versucht Sperone als Korrektur oder Gegenstück zu lesen.
Es geht recht unvermittelt mit einer gewürzigen Frische zur Sache, ein Hauch bitterer Bergamotte verschwindet so schnell wie er gekommen ist; Pfeffer-artiges, gepaart mit Thymian, was mich jedoch mehr an Sellerie Salz denken lässt, bestimmt den Auftakt. 'Frische' in Kombination mit leicht Gemüse-artigen Facetten an der Schnittstelle Sellerie/Liebstöckel wurde u.a. in Sel de Vétiver (2006) bestens inszeniert; auch werden Sellerie/Liebstöckel Noten immer wieder als mögliche Schraffierungen der Immortelle kategorisiert. Comme des Garçons Series Luxe: Patchouli (2007) oder Divine's L'Être Aimé Homme (2008) setzen geradezu auf diese speziellen Aspekte, Sperone knüpft nun hier an und ich vermute dass diese Eigenschaften auch vom Immortelle essential oil stammen, das mit seinen aromatischen Facetten doch recht anders ist, als das häufiger verwendete warm würzige Immortelle Absolute. Sperone, so scheint mir, setzt auf beides, auch leicht kaffeeartigen Facetten der Immortelle schimmern durch und geben Volumen; eine in sich schlüssige Balance.
Die andere Hauptrolle spielt eine dezent rauchige Labdanum Note, die in dieser Modulation, mit gummiartigen Anteilen, an den Geruch einer Luftmatratze auf Waldboden erinnert - was zu diesem sommerlichen Eau auch irgendwie passt - gepaart mit minimaler Säure, ähnlich den klebrigen Absonderungen der noch unverarbeiteten Zistrosen Blättern - auch hier kommen nochmals zwei Facetten einer Zutat zur Geltung, die, der noch 'rohen' Zistrose und die des bereits verarbeiteten Labdanums. Erfreulicherweise gewinnt Sperone im Ausklang, wo die Verbindung Immortelle/Labdanum meisterlich verwoben wirkt, die leicht sperrigen und - an acquired taste - aromatischen Gemüse-Noten bleiben entfernt im Hintergrund erhalten, aber diese mitunter rustikal anmutende Komposition, entwickelt nochmals ordentlich Wärme und Volumen.
Freilich, das Rad wurde hier nicht neu erfunden, die Verbindung Thymian und Immortelle konnten Serge Lutens und Christopher Sheldrake in Chêne (2004) bemerkenswert dunkel umsetzten, erst vor einem Jahr erschien mit Astier de la Villatte's Tucson (2022) eine reduzierte wie überzeugende Veröffentlichung bei der sich viel um Immortelle (Absolute) plus Labdanum dreht; aber entsprechend der relativ genauen geografischen Angabe im Titel handelt es sich bei Sperone um eine zusätzliche, andere Stimme, mit quasi regionalen Differenzen. In einem trotz steigender Tendenz noch überschaubaren Feld von mediterranen, hitzigen Düften, eine interessante Alternative zur sommerlichen Zitrik & Frische.
* Auch wenn die sprachliche Fokussierung auf zwei Hauptkomponenten, hier eben Immortelle und Labdanum, gut in Jean Claude Ellena's Reduktionslogik passt, die er v.a. in den Hermessence Veröffentlichungen (2004 - 2016) perfektionieren konnten, ist die Autor:innenschaft ist bei Le Couvent komplizierter, überhaupt, seine 'Rolle' wird seitens der Marke ja auch schon mal als die eines 'Olfactory Director' beschrieben, ganz im Sinne der angelsächsischen 'Directorisation' aller möglicher 'Positionen', also vielleicht jemand der vielmehr in einem Team arbeitet als nur solo. Vielleicht muss ich auch wegen dem vegetable touch in Sperone auch an Amélie Bourgeois' Kythnos (2019) denken, Zufall, Teamarbeit, oder Zugriff auf eine mediterrane 'Haus-Basis'?!
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