25.08.2022 - 09:08 Uhr
Axiomatic
95 Rezensionen
Axiomatic
Top Rezension
32
Fang mich doch!
Ein gefährliches Spiel soll dieser Duft vermitteln. Soll ich va banque gehen?
Hier meine Erfahrung.
Die Eröffnung verheißt nichts Einfaches. Sehr herbe Agrumen gepaart mit Kardamom und etwas verfliegendem Lavendel geben eine ernste Richtung vor.
Nein, werter Herr, das ist kein Brettspiel für die ganze Familie, hier sollten Sie äußerst überlegt Ihren Einsatz abwägen.
Nicht gelistet vernehme ich ein markantes Kraut in geringer Konzentration. Zur Bestätigung meiner Vermutung habe ich frische Immortelle zwischen den Fingern zerrieben. Voilà, mein erster Einsatz ist ein Treffer!
Doch das Spiel will sich in dieser Phase erst langsam erschließen. Eines ist sicher, hier trifft man sich nicht in einem gediegenen Kasino mit Roulette-Tischen und Croupiers.
Bergamotte, Kardamom und etwas Immortelle setzen die geographischen Grenzen fest, wir befinden uns im Süden Frankreichs. Schroffe Gebirgsketten in den östlichen Pyrenäen oder gar schon die Küste? Gut möglich. Man spürt die Trockenheit und die gespeicherte Hitze der Sonne. Eine Gegend voller Katharerburgen, jener geheimnisumwitterten Gegenbewegung aus dem 11. Jahrhundert, die für reichliche Legenden sorgte.
Gespielt wird also in freier Natur unter gleißender Sonne. Die Gegend ist schroff und karg, hier hat es länger nicht mehr geregnet, die Flora ist dementsprechend gelblich. Das Cumarin schafft hier Eindrücke von vertrockneten Gräsern.
Und aus der Ferne erklingt von Carl Orff „De temporum fine comoedia“. Mir läuft der Schweiß den Rücken runter, das Spiel vom Ende der Zeiten!
Weiter im Duftverlauf folgen Hölzer. Eine trockene Zeder sticht hervor, sie wird mit einem Hauch Honig und Vanille ganz leicht biegsam gemacht. Achtung, hier wird die Süße nur angedeutet, sie dient lediglich als Abfederung. Denn zusammen mit dem Kardamom und der Immortelle ergeben die Hölzer ein Spannungsverhältnis, so wie ein Bogen oder eine Armbrust.
Himmel, wird hier am Ende die Wilhelm Tell Herausforderung anstehen?
Soll ein Geheimnis der Katharerburgen gelüftet werden, etwa wie Hölzer biegsam werden inmitten dieser kargen Gegend?
Ich riskiere meinen nächsten Zug und erkunde den Duftverlauf genauer.
Cashmeran dürfte das Holz besänftigen, weicher erscheinen lassen. Ein Hauch Vanille wird hinzugefügt.
Dennoch überwiegt ein trocken herber Dufteindruck, wie die kargen Felder um die Burgen im Sommer.
Der Kardamom hebt leicht zitrisch die Komposition bis zum Ende, als wolle er die Spieler ermuntern, nicht aufzugeben.
Man könnte jetzt einen sehr bekannten und beliebten Duftakkord von Kardamom, Lavendel und Zedernholz ausmachen, doch der anfängliche Lavendel ist schon längst verflogen und wurde durch die herbe Immortelle ersetzt.
La Nuit de L'Homme Eau de Toilette dagegen geht einen anderen Weg, einen raffinierteren mit Vetiver und Tonka.
Unser Spiel hier ist anders, er braucht den vollen Körpereinsatz und bloß keine Abendgarderobe.
Die Spielregeln erklären sich jetzt von selbst. Weg mit Wilhelm Tell und seinem Herausforderer Hermann Gessler, hier fehlt jedwede Frucht auf dem Kopf!
Nein, es ist ein völlig anderes Spiel. Eines der Jagd.
Der Einsatz: das Körperliche, das Begehrenswerte. Und zwar in archaischer Form.
Der Duft verströmt auf der Haut eine schroffe Anziehungskraft.
Die Lehren der Entsagung und das karge Leben der Katharer gelten hier zum Teil als überwunden, ihre Burgen dienen lediglich als Kulisse. Alles findet im 21. Jahrhundert statt und ist dennoch inspiriert von längst vergangen Zeiten. Karg und triebhaft.
Es ist ein Katz und Maus Spiel, das ohne kultiviertes Kokettieren auskommt. Hier bringt man es auf den Punkt, klar und deutlich: so wie der menschliche Körper konzipiert wurde, keine falsche Schminke oder kaschierende Accessoires.
Fast wäre ich versucht, den Film „Beim Sterben ist jeder der Erste“ (Deliverance) von 1972 in Erwägung zu ziehen, doch das Duftspiel hat wenig mit dem Film gemein.
Es geht hier nicht um gegenseitiges Abmurksen um zu überleben, nein, ganz im Gegenteil. Hier findet man zueinander, aber auf einer wilden Art halt. Leidenschaft, ja sogar verborgene Triebe geben den Rahmen der Handlung vor.
Nach ein paar Jagdrunden neigt sich der Duft seinem Ende zu. Er wird etwas vanilliger, um schließlich das verborgene Ambroxan preis zu geben. Doch keine Sorge, hier ist die Synthetik sehr gut eingearbeitet worden. Zusammen mit den herben Noten schafft sie eine willkommene Leichtigkeit, eine gewisse Erfrischung, und wird mit dem Moschus etwas süßlicher, bleibt aber recht dezent in der Wahrnehmung.
Nicht zu vergessen, dass es ihr geschuldet ist, so eine ungewöhnlich lange Ausdauer zu haben. Das Spiel ging über Stunden!
Und Ambroxan erinnert mich, dass die 3D-Animation mit VR-Brille gemeistert wurde. Da darf man sich in die Arme fallen und ausruhen.
Verlierer gab es hier keine, man spielte des Spieles wegen bis zuletzt.
Ich ging va banque und wurde mit einem spannenden Dufterlebnis belohnt, was ich zunächst nicht von diesem Duft in einer putzigen Phiole vermutet hätte.
Der Flakon ist klein und handlich, läßt sich ohne Weiteres in jede Jacken- und Hosentasche stecken.
Vom kargen Sprühkopf kann man eine kurze und kompakte Sprühwolke erwarten. Abgeschlossen wird er von einem Plastikdeckel in Metalloptik, das Firmenlogo einer Rose mit Biene als gestanzte Zierde.
Als witziges Detail wird auf der Rückseite des Etiketts die Duftpyramide gelistet. Und je nach Duft gestaltet man dieses mit entsprechenden Farben und Mustern. Hier speziell in grünem Camouflage-Design.
Und das Beste am Spiel ist die nahezu lächerliche Gebühr. Für so wenig Geld so viel erleben zu können.
Da muß ich den beiden Mädels von Margot & Tita in Bordeaux herzlichst danken.
Na, wer spielt mit?
Hier meine Erfahrung.
Die Eröffnung verheißt nichts Einfaches. Sehr herbe Agrumen gepaart mit Kardamom und etwas verfliegendem Lavendel geben eine ernste Richtung vor.
Nein, werter Herr, das ist kein Brettspiel für die ganze Familie, hier sollten Sie äußerst überlegt Ihren Einsatz abwägen.
Nicht gelistet vernehme ich ein markantes Kraut in geringer Konzentration. Zur Bestätigung meiner Vermutung habe ich frische Immortelle zwischen den Fingern zerrieben. Voilà, mein erster Einsatz ist ein Treffer!
Doch das Spiel will sich in dieser Phase erst langsam erschließen. Eines ist sicher, hier trifft man sich nicht in einem gediegenen Kasino mit Roulette-Tischen und Croupiers.
Bergamotte, Kardamom und etwas Immortelle setzen die geographischen Grenzen fest, wir befinden uns im Süden Frankreichs. Schroffe Gebirgsketten in den östlichen Pyrenäen oder gar schon die Küste? Gut möglich. Man spürt die Trockenheit und die gespeicherte Hitze der Sonne. Eine Gegend voller Katharerburgen, jener geheimnisumwitterten Gegenbewegung aus dem 11. Jahrhundert, die für reichliche Legenden sorgte.
Gespielt wird also in freier Natur unter gleißender Sonne. Die Gegend ist schroff und karg, hier hat es länger nicht mehr geregnet, die Flora ist dementsprechend gelblich. Das Cumarin schafft hier Eindrücke von vertrockneten Gräsern.
Und aus der Ferne erklingt von Carl Orff „De temporum fine comoedia“. Mir läuft der Schweiß den Rücken runter, das Spiel vom Ende der Zeiten!
Weiter im Duftverlauf folgen Hölzer. Eine trockene Zeder sticht hervor, sie wird mit einem Hauch Honig und Vanille ganz leicht biegsam gemacht. Achtung, hier wird die Süße nur angedeutet, sie dient lediglich als Abfederung. Denn zusammen mit dem Kardamom und der Immortelle ergeben die Hölzer ein Spannungsverhältnis, so wie ein Bogen oder eine Armbrust.
Himmel, wird hier am Ende die Wilhelm Tell Herausforderung anstehen?
Soll ein Geheimnis der Katharerburgen gelüftet werden, etwa wie Hölzer biegsam werden inmitten dieser kargen Gegend?
Ich riskiere meinen nächsten Zug und erkunde den Duftverlauf genauer.
Cashmeran dürfte das Holz besänftigen, weicher erscheinen lassen. Ein Hauch Vanille wird hinzugefügt.
Dennoch überwiegt ein trocken herber Dufteindruck, wie die kargen Felder um die Burgen im Sommer.
Der Kardamom hebt leicht zitrisch die Komposition bis zum Ende, als wolle er die Spieler ermuntern, nicht aufzugeben.
Man könnte jetzt einen sehr bekannten und beliebten Duftakkord von Kardamom, Lavendel und Zedernholz ausmachen, doch der anfängliche Lavendel ist schon längst verflogen und wurde durch die herbe Immortelle ersetzt.
La Nuit de L'Homme Eau de Toilette dagegen geht einen anderen Weg, einen raffinierteren mit Vetiver und Tonka.
Unser Spiel hier ist anders, er braucht den vollen Körpereinsatz und bloß keine Abendgarderobe.
Die Spielregeln erklären sich jetzt von selbst. Weg mit Wilhelm Tell und seinem Herausforderer Hermann Gessler, hier fehlt jedwede Frucht auf dem Kopf!
Nein, es ist ein völlig anderes Spiel. Eines der Jagd.
Der Einsatz: das Körperliche, das Begehrenswerte. Und zwar in archaischer Form.
Der Duft verströmt auf der Haut eine schroffe Anziehungskraft.
Die Lehren der Entsagung und das karge Leben der Katharer gelten hier zum Teil als überwunden, ihre Burgen dienen lediglich als Kulisse. Alles findet im 21. Jahrhundert statt und ist dennoch inspiriert von längst vergangen Zeiten. Karg und triebhaft.
Es ist ein Katz und Maus Spiel, das ohne kultiviertes Kokettieren auskommt. Hier bringt man es auf den Punkt, klar und deutlich: so wie der menschliche Körper konzipiert wurde, keine falsche Schminke oder kaschierende Accessoires.
Fast wäre ich versucht, den Film „Beim Sterben ist jeder der Erste“ (Deliverance) von 1972 in Erwägung zu ziehen, doch das Duftspiel hat wenig mit dem Film gemein.
Es geht hier nicht um gegenseitiges Abmurksen um zu überleben, nein, ganz im Gegenteil. Hier findet man zueinander, aber auf einer wilden Art halt. Leidenschaft, ja sogar verborgene Triebe geben den Rahmen der Handlung vor.
Nach ein paar Jagdrunden neigt sich der Duft seinem Ende zu. Er wird etwas vanilliger, um schließlich das verborgene Ambroxan preis zu geben. Doch keine Sorge, hier ist die Synthetik sehr gut eingearbeitet worden. Zusammen mit den herben Noten schafft sie eine willkommene Leichtigkeit, eine gewisse Erfrischung, und wird mit dem Moschus etwas süßlicher, bleibt aber recht dezent in der Wahrnehmung.
Nicht zu vergessen, dass es ihr geschuldet ist, so eine ungewöhnlich lange Ausdauer zu haben. Das Spiel ging über Stunden!
Und Ambroxan erinnert mich, dass die 3D-Animation mit VR-Brille gemeistert wurde. Da darf man sich in die Arme fallen und ausruhen.
Verlierer gab es hier keine, man spielte des Spieles wegen bis zuletzt.
Ich ging va banque und wurde mit einem spannenden Dufterlebnis belohnt, was ich zunächst nicht von diesem Duft in einer putzigen Phiole vermutet hätte.
Der Flakon ist klein und handlich, läßt sich ohne Weiteres in jede Jacken- und Hosentasche stecken.
Vom kargen Sprühkopf kann man eine kurze und kompakte Sprühwolke erwarten. Abgeschlossen wird er von einem Plastikdeckel in Metalloptik, das Firmenlogo einer Rose mit Biene als gestanzte Zierde.
Als witziges Detail wird auf der Rückseite des Etiketts die Duftpyramide gelistet. Und je nach Duft gestaltet man dieses mit entsprechenden Farben und Mustern. Hier speziell in grünem Camouflage-Design.
Und das Beste am Spiel ist die nahezu lächerliche Gebühr. Für so wenig Geld so viel erleben zu können.
Da muß ich den beiden Mädels von Margot & Tita in Bordeaux herzlichst danken.
Na, wer spielt mit?
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