Palonera
08.02.2023 - 12:24 Uhr
35
Top Rezension
7
Sillage
9
Haltbarkeit
2.5
Duft

Vielleicht ist er ja...

...von einem anderen Stern, der zweite Duft des Hauses Testament London, den ich, Modesty sei Dank, testen darf.
Vielleicht ist er ja gar nicht gedacht, gar nicht gemacht für terrestrische Nasen.
Vielleicht wendet sich "Cosmology" ganz anderen, von der unseren grundverschiedenen Sphären zu, deren Bewohner sich anders kleiden, anders ernähren, sich anders bewegen und vermutlich auch anders (be-)duften als wir.
Vielleicht.
Ganz genau weiß es wohl nur Herr Matos, Miguel Matos, kreative Nase des Unternehmens, das noch jung ist und ambitioniert und erstmals im vergangenen Sommer mit "Longevity" auf meinem Radar erschien.
Und mir ein wenig den Kopf verdrehte, denn "Longevity" ist ein Sympathieträger par excellence, ein süffiger, sinnlicher Lockstoff, den zu tragen und zu testen ein Genuß war.
Das würde, da war ich sicher, bei "Cosmology" nicht anders sein – in Erwartung weiterer Genüsse bepfützte ich im Spätherbst erstmals meine Haut...

...und fühlte mich zurückkatapultiert ins Jahr 2013 zu meiner Auseinandersetzung mit der schrecklichen Orchidee, mit der Josh Meyer sich und die Imaginary Authors unauslöschlich in mein Gedächtnis gebrannt hat.
Auch wenn die Pyramiden wenig Gemeinsamkeiten zeigen, scheinen "Cosmology" und "L'Orchidée Terrible" Geschwister zu sein im Geiste - im Kellergeiste, um genau zu sein.
Hier wie dort dominieren schwer definierbare Aldehyde, nicht ganz frischblumige und fruchtige Noten - ähnlich jenen in Tom Fords "Black Orchid" - und eine nicht wirklich angenehme alkoholische Basis, die – anders als in "Longevity" – keinen genußvoll-wertigen Eindruck macht, sondern mich an die Meyerschen Kellergeister denken läßt.
Das sind keine schönen Assoziationen und um jene zu vertreiben, habe ich den Test über Monate hinweg immer wieder neu aufgezogen, hoffend, erfreulichere Bilder und Eindrücke zu gewinnen, um letztlich ein positiveres Resümee ziehen zu können.
Leider – und ich meine wirklich leider! – verliefen unsere Begegnungen jedoch stets nach demselben Muster, mal eher aldehydig, mal etwas fruchtiger akzentuiert, doch stets betrüblich endend in meinen Erinnerungen an kleinbürgerliche Trinkgelage in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
Das dürfte nicht so selten für Mißverständnisse gesorgt haben, wie auch "L'Orchidée Terrible" sie mir vor vielen Jahren einbrachte – hier und dort rümpfte sich so manche Nase, fiel eine Umarmung kürzer, ein forschender Blick dafür länger aus, hielten zwei- und vierbeinige Mitbewohner geflissentlichen Abstand und war mein allgemeines Empfinden generell nicht so toll.
Oje.
Und noch einmal: oje.

Fast tut er mir nun leid, der kleine "Cosmology", zumal er, wie ich sehe, nicht viele Freunde hat.
Dabei hat er sich doch sicher etwas gedacht bei seiner Schöpfung, der gute Senor Matos, der offenbar so unverstandene.
Allein die Namensgebung zeugt ja schon von planvollem Durchdenken – und so schließt sich für mich der Kreis: Womöglich ist er uns ja weit voraus, der Parfumeur, und hat den Blick gerichtet auf unendliche Weiten, auf unerschlossene Märkte, die weit, weit in der Zukunft liegen oder schlicht in einer anderen Galaxie.
Dort, wo "Cosmology" rauschende Triumphe feiern wird, irgendwann einmal, vielleicht sogar schon morgen.
Wer weiß...?
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