Das Ende der Welt - La Fin du Monde

Das Ende der Welt.

Ein Name, ein Titel, der Rätsel aufgibt, Fragen stellt.

Was ist gemeint – ein Ort, ein Zeitpunkt, ein Zustand?

Kann ich mich frei machen von Erwartungen, von Assoziationen, seien sie nun apokalytischer Natur oder angelehnt an romantisch-pathetische Schwüre, dem geliebten Menschen zu folgen, selbst ans Ende der Welt?

Kann man das, will man das?

Muß ich das, um mich "La Fin du Monde" zu nähern, diesem Duft, der mich so sehr beschäftigt, noch ehe der erste Tropfen meine Haut berührt hat?

Ich versuche es.

Ich verbanne aus dem Kopf, daß "La Fin du Monde" zur Welt kam, als es jene nach dem Willen ihrer Untergangspropheten nicht mehr hätte geben sollen – worum sie sich nicht kümmerte, nicht diesmal und nicht all die Male zuvor.

Ins Fäustchen wird sie sich gelacht haben, klammheimlich, und sich weitergedreht, allen Unkenrufen zum Trotz.

Ich verdränge Nenas "Leuchtturm" und all die Erinnerungen, für die er auf meiner persönlichen Leinwand steht.

Ein Duft, nichts weiter.

Ein Stück Haut als Projektionsfläche, rein und weiß und leer.

Ich sprühe.

Lieblichsüßer Möhrensaft verbindet sich sekundenschnell mit weichem, iriswurzeligem Sandelholzstaub, fein getreidig umhüllt.

Nur einen Wimpernschlag später: Eine Frau betrachtet ihr Spiegelbild, zieht sich die Lippen nach, mauvefarben, pudrigmatt.

Kühler, schwarzer, feiner Pfeffer, ätherisch fast, nicht beißend, nicht kitzelnd.

Möhre, immer wieder Möhre, buttrigluftigtänzelndleicht, nicht erdbeklumpt noch hasenzahnig-dunkelgrün, bald harzbestickt-bernsteingold-weihrauchummantelt – edel fast und leuchtend wie ein letzter Sonnenstrahl.

Nach und nach verlischt das Licht, entschwebt das Leichte, taucht die Bühne meines Handgelenks in dunkelrotgoldenes, flackerndes Licht.

Der Vorhang sinkt, hebt sich erneut.

Ein Mann.

Dunkel, kraftvoll, zart.

Seine Beine wildledern umhüllt in der Farbe von altem Cognac, die Schulter trägt ein Cape aus glimmenddunklem Samt.

Balsamisch, engmaschig, klar - still, doch nicht stumm, tief in der Kehle ein leises Grollen.

Irgendwo im Hintergrund streift ein Tier durch das Dunkel, ein großes, wildes, geschmeidiges Tier.

Ambratisch, ambroxanisch, harzigwürzigsinnlichsüß wie die Gefahr, die du spürst, doch nicht siehst, niemals siehst.

Verschmolzen mit meiner Haut, mit meinen Sinnen, mit meinen Gedanken, die irren, sich verwirren, halluzinieren.

Mondscheingepuderte Haut, makellos samtig glatt, schattengebettet bedeckt von seidigem Braun, Muskeln und Sehnen und lockiges Schwarz.

Nacht, die ganze lange Nacht, hitzigwürzigfeuchte Haut, bis ans Ende aller Zeit, bis ans Ende der Welt.

Ein Kommentar von Palonera

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