MartinGEDie Nachvollziehbarkeit und die Bewertungen einiger Düfte liegen nunmal im Überwiegenden im subjektiven Empfinden, denn sonst müssten (zumindest im Durchschnitt - abgesehen von einigen Überraschungen) Cheapies schlechter bewertet sein als Designer und Designer schlechter bewertet sein als Nische.
Denn zumindest auf die Masse der Düfte gesehen, kann man davon ausgehen (außer bei einigen Marken, die sich nur den Namen bezahlen lassen), dass hochwertigere und teurerer Inhaltsstoffe bei einem 300 EUR Produkt, also bei einem 80 EUR Produkt, als bei einem 30 EUR Produkt verarbeitet wurden.
Hochwertige Inhaltsstoffe, besser verarbeitet, mehr Qualität müsste also die bessere Bewertung ergeben. Tut es aber nicht, weil die Bewertungen subjektiv sind und viele - so auch ich - gedanklich ein Preis-Leistungs-Verhältnis miteinfließen lassen, obwohl es streng genommen eigentlich eine Kategorie im Bewertungsbereich dafür gibt
Dazu sind wir alle, auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen, Herdentiere und ziehen im Großteil da mit, wohin sich die Herde bewegt. Also fallen wir auf Werbung und Statussymbole herein. Es kann in der Anfangszeit sein, dass man einem millionfachen internationalen früher mal oldenburgischen Influenzers zuhört und seine ersten Käufe nach seinen Vorschlägen durchführt oder werden die üblichen Statussymbole; es es wäre sonst schon sehr großer Zufall, dass die rein fiktiven Marken - nennen wir sie mal "LV" und "X" - fast nur außergewöhnliche tolle Produkte herausbringen, an die kaum ein Mitbewerber auch nur mit einem Produkt herankommt.
Zusätzlich befinden wir uns nahezu alle in unterschiedlichen Stadien der "Dufterfahrung" (einige sind Anfängernasen, die anderen vielleicht schon Duftsommeliers), unterschiedliche Altersgruppen (die einen sind Club- und Gymgänger Anfang 20 - bei mir steht schon lange die böse 4 vorn) und tatsächlich sind unsere Geschmäcker unterschiedlich (außer wir werden durch Werbung, a-soziale Medien und Statussymbole manipuliert).
Generell (wenn man nicht total enttäuscht ist) bewertet man auch seine eigenen Käufe besser, als Düfte, die man nicht besitzt; denn man muss sich ja auch irgendwie selbst belohnen und ein Belohnungssystem soll dafür sorgen, dass es sich gut anfühlt; würde sich auch doof anfühlen, wenn man seine eigenen Käufe eher abwertet
Dann kommt natürlich auch noch der Moment, wenn wir das erste Mal Geld in die Hand nehmen und einen teureren Duft kaufen, häufig einen Duft der fiktiven Marken "LV" oder "X" und dann sind wir stolz auch Teil davon zu sein, auch dies sorgt dafür, dass wir selbst diesen Duft höher bewerten (was wieder dafür sorgt, dass der Duft/die Marke für den nächsten Anfänger wieder zum erstrebenswerten Statussymbol macht) und die Bewertung des Duftes immer weiter steigt/bestätigt wird, bis ein neuer Hype auf eine ähnliche Weise entsteht.
Wenn wir dann mehrmals viel Geld für einen Duft in die Hand genommen haben, dann relativiert sich der Wert des vorherigen Statusduftes irgendwann.
Ich kann bisher bei Louis Vuitton nur die guten Bewertungen vom Ombre Nomade nachvollziehen, nicht weil er einen erschlägt, sondern weil er tatsächlich für meine Nase erstmals diese Richtung beschritt
Der "XJ 1861 Naxos | XerJoff" ist ein gelungener Duft, aber die Bewertungen? Den Hype? Innerhalb der Marke gibt es schon genügend bessere Düfte und außerhalb sowieso.
Meinen persönlichen Geschmack trifft der Jubilation XXV Man zu null Prozent, deswegen werte ich ihn nicht ab, es gibt genügend, die genau seine Art mögen.
Oud 31 ist saumäßig teuer, nun habe ich ihn mir doch ersoukt, aber mit welchem Recht soll jemand, der noch nie 300 EUR für nen Duft ausgegeben hat, den Duft schlecht bewerten kann, nur weil er nicht das Geld dafür ausgeben möchte? Weil die Person, die er damit verbindet nicht derjenige ist, den er sich zum besten Freund wünscht? Wenn die fiktive Marke "LV" oder "X" den Duft herausgebracht hätte, dann wäre es natürlich eine 10 von 10 oder schlechtestenfalls eine 7, weil für die eigene Nase zu gewagt.
Total abgestraft wurde ein Phantom , warum? PR macht seit 2008 mit Erscheinen des One Million Düfte für diejenigen, die zum Zeitpunkt des Erscheinens 16-22 Jahre sind (damit ist der One Million Träger nun mindestens in den Dreißigern) , kaum ein Duft trifft den Teenagergeschmack außerhalb unserer Bubble mehr (abgesehen von denen die durch a-soziale Medien auf die Statussymbole scharf gemacht werden).
Werten wir den Duft nur ab, weil wir nicht mehr zur Zielgruppe gehören? Der Duft macht genau das, was er soll.
Wenn wir also alles abwerten, weil der Inhaber uns nicht gefällt, weil wir nicht mehr zur Zielgruppe gehören und alles aufwerten, bei dem wir uns als Teil einer Bewegung fühlen wollen, so entsteht so manches Zerrbild.
Die Bewertungen von Produkten, die kaum besprochen werden, die weniger in der Öffentlichkeit stehen, sind viel realistischer. Da wird viel weniger eigene Meinung hereingebracht oder die persönliche Abneigung gegen eine Marke
Toller Text! Danke für deine Meinung zu dem Thema und die vielen Erklärungsansätze.