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Bald Verbot von Vetiverylacetat?

Bald Verbot von Vetiverylacetat? vor 9 Jahren
DrPablo hat in seinem Blog darauf aufmerksam gemacht, dass sich die SCCS (Scientific Committee on Consumer Safety) der EU in einer Stellungnahme vom 16 December 2014 gegen die Verwendung von Vetiverylacetat in kosmetischen Produkten - und damit auch Parfums - ausgesprochen hat.

Ich gehe mal davon aus, dass es in dieser Sache mehr Diskussionsbedarf gibt, als die Kurzantworten unter dem Blogartikel zulassen und eröffne daher diesen Thread.

Hier ist die Stellungnahme, um die es geht.

ec.europa.eu/health/scientific_committees/cons umer_safety/docs/sccs_o_167.pdf
Zuletzt bearbeitet von Apicius am 16.02.2015, 22:07, insgesamt 2-mal bearbeitet
vor 9 Jahren
Mal vorab: Das wäre natürlich sehr tragisch, wenn sie das umsetzen würden.
Allerdings - bevor hier eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird - mich würde mal interessieren, inwieweit das Eichenmoos-Verbot nun denn jetzt umgesetzt wurde, denn in den mir bekannten Klassikern ist es nach wie vor vorhanden.

Eichenmoos und Vetiver, beides nahezu unverzichtbare Riechstoffe für sämtliche mir bekannten Herren-Klassiker. Ich mag (und kann) es mir einfach nicht vorstellen, dass sie das einfach streichen.
vor 9 Jahren
Wieso dürfen in Bioprodukten, auch Bio-Kosmetikprodukten so viele, natürliche ätherische Öle oder Naturstoffe allgemein verwendet werden und wieso ist man sich dann bei einem Duft "der Datenlage" unsicher, nur weil die Natur nicht so kontinuierlich oder nachvollziehbar wie das Chemiewerk ist?
Zuletzt bearbeitet von Terra am 17.02.2015, 00:49, insgesamt einmal bearbeitet
vor 9 Jahren
Ich habe mich durch die Stellungnahme gekämpft und will zuerst mal eine kurze Inhaltsangabe versuchen, um das wesentliche aus der Argumentation herauszuziehen:

1. Die SCCS hat sich bereits 2006 mit der Frage beschäftigt, ob Vetiverylacetat für die Verwendung in kosmetischen Produkten als sicher eingestuft werden kann. Sie sah sich damals außer Stande, die Sicherheit von Veteverylacetat zu bestätigen. Grund war eine unzureichende Datenlage.

2. Die SCCS betrachtet die Frage nun erneut vor dem Hintergrund weiterer, inzwischen vorliegender Ergebnisse aus Tierversuchen. Betrachtet werden die Aspekte orale Giftigkeit, Gifigkeit für die Haut, Hautirritationen, Augenirritationen, Sensibilisierung der Haut, lichtinduzierte Giftigkeit und Genotoxizität, also die Schädlichkeit für das menschliche Erbgut.

3. Unter keinem Aspekt gelangt die SCCS zu der positiven Feststellung einer Schädlichkeit von Vetiverylacetat.

4. Allerdings kritisiert die SCCS wiederum eine unzureichende Datenlage. Diese bestünde zum einen darin, dass es an einer Standardisierung des Stoffes Vetiverylacetats fehle. So gebe es unterschiedliche Varietäten der Vetiver-Pflanze, sowie unterschiedliche Produktionsmethoden. Daher kann keine einzige durchgeführte Untersuchung letztlich bewertet werden. Daneben werden weitere Bedingungen einzelner Untersuchungen kritisiert.

5. Die SCCS geht davon aus, dass nicht nur die Ausgangsstoffe der Versuche, sondern auch die auf dem Markt befindlichen Produkte "Vetiverylacetat" nicht standardisiert sind und somit keine Aussagen zur Produktsicherheit getroffen werden können.

6. Die Stellungnahme greift dann einen Aspekt heraus, nämlich den Aspekt einer nicht ausschließbaren denkbaren Genotoxizität, der als überragend (major concern) bezeichnet wird. Da es aufgrund der Gegebenheiten (mangelnde Standardisierung des Vetiverylacetats) nicht möglich ist, eine eventuelle Schädlichkeit wissenschaftlich hinreichend zu untersuchen, geht die SCCS von einer möglichen Schädlichkeit aus und sieht somit Vetiverylacetat als unsicher in kosmetischen Produkten an.

Hier die entscheidende Stelle im Original:

"On the basis of the inadequate data provided, a reliable safety assessment cannot be
performed whether vetiveryl acetate on the market is safe for use in cosmetics at the
concentration limits proposed by the IFRA. However, due to the major concern of
genotoxicity the SCCS considers vetiveryl acetate unsafe as a cosmetic ingredient.
vor 9 Jahren
Das ist typisch für den Regulierungswahn der EU - ganz im Sinne von "solange die Gurken nicht alle gleichgroß sind, gehören sie verboten!"
Ich kann darüber irgendwie nicht diskutieren, wenn es keine sinnvolle Basis für eine Diskussion gibt. Solange TTIP durchgeht und Rauchen nicht konsequent verboten wird, kann ich solche Verbote wie hier angedacht nicht nachvollziehen. Dass es in Baby- und Kinderprodukten keine gefährlichen Stoffe geben soll ist zweifellos richtig. Dass auch Verbraucher vor Gefahrenstoffen geschützt werden sollen ist auch ok. Dass aber ungesunde Lebensmittel mit Zucker und anderen fragwürdigen Stoffen munter täglich verkauft werden, wogegen Parfüme deshalb verändert werden sollen, weil es keine standardisierten Pflanzen sowie deren Extrakte gibt, ist einfach nur bescheuert. In Duschgels sollte es den meisten Menschen ja noch egal sein - die sollen reinigen und irgendwie duften - da fragt keiner nach Vetiverylacetat oder Eichenmoos, allerdings ist das etwas anderes bei Parfümen.
Ich wünsche mir eine Standardisierung von EU-Politikern und ausgiebige Tests zur Überprüfung ihrer Unschädlichkeit für die Menschheit.

Ich bin so müde!
vor 9 Jahren
Olfacto:
...
Eichenmoos und Vetiver, beides nahezu unverzichtbare Riechstoffe für sämtliche mir bekannten Herren-Klassiker. Ich mag (und kann) es mir einfach nicht vorstellen, dass sie das einfach streichen.

Ich würde mich gerne der Frage anschließen, ob denn ein weiterreichendes Verbot wie seinerzeit hier heiss diskutiert, denn schon beschlossene Sache ist und angewendet werden muss.

Ab wann wäre denn mit einer Einschränkung von Vetiverylacetat zu rechnen ? Wäre evtl. die logische Konsequenz, dass Hersteller wieder auf natürliches Vetiver (aus der Wurzel destilliert) zurückgreifen würden, bzw. müssten ?
vor 9 Jahren
Apicius:

Hier die entscheidende Stelle im Original:

"On the basis of the inadequate data provided, a reliable safety assessment cannot be
performed whether vetiveryl acetate on the market is safe for use in cosmetics at the
concentration limits proposed by the IFRA. However, due to the major concern of
genotoxicity the SCCS considers vetiveryl acetate unsafe as a cosmetic ingredient.

DANKE ExclamationExclamationExclamation
es bringt wieder jemand einen Sprüher Sachlichkeit ins Thema.
Ergänzend auch von Seite 5:
Before any further consideration, the following information is required:
• Characterisation of the test substance; clarification on purity and impurities;
• Data on sensitisation conforming to modern standards and guidelines;
• Appropriate information on all relevant toxicological endpoints, as required to assess the safe use of the substance when used in cosmetic products.

@Olfacto:
Die "Gurkenverordnung" wurde auf immensen Druck aus 16 EU-Mitgliedstaaten nebst zugehörigen Handels- und Bauernverbänden hin aufrecht erhalten, nicht weil "Brüssel" das so wollte.
Ich stimme Dir schon zu, aber nur weil weißer Zucker und Zigaretten meiner Meinung nach sofort verboten gehören, kann es trotzdem sinnvoll sein, dass sich die SCCS auch mit Bestandteilen in Kosmetika beschäftigt.
vor 9 Jahren
"Wes Brot ich es, des Lied ich sing"

Ich komme zu dem Schluss, dass aus der Stellungnahme der SCCS mehr die Sorge um die zukünftigen Honorare der beteiligten Autoren spricht als diejenige um die Gesundheit unseres Erbgutes.

Die SCCS hat nichts finden können, was nach ihren eigenen Kriterien auf eine relevante Schädlichkeit von Vetiverylacetat unter welchem Aspekt auch immer schließen lässt. Rechtfertigt dies nicht genau nur einen Schluss, nämlich dass nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen von einer Unschädlichkeit ausgegangen werden muss?

Der Bericht benennt die Schwierigkeiten der Bewertung der vorliegenden Untersuchungsergebnisse - und damit indirekt auch die Fragwürdigkeit solcher Tierversuche. Naturstoffe lassen sich nun einmal schlecht normieren und standardisieren, da sie aus unzähligen Komponenten bestehen können und zudem nie in genau einer Qualität vorkommen. Hier stößt die Wissenschaft offenbar, wie wir an diesem Beispiel sehen können, in der Praxis an ihre Grenzen.

Doch Wissenschaftler, die nur auf die Vielgestaltigkeit der Natur oder das Wunder der Schöpfung hinweisen können, bezahlt man nicht. Das Eigeninteresse gebietet, trotzdem eine Maßnahme vorzuschlagen.

Daher die absurde Argumentation: Untersuchungen sind unzureichend, wir Wissen zuwenig über das am Markt befindliche Vetiverylacetat, und können derzeit auch aus ganz prinzipiellen Gründen nichts wissen - daher könnte es doch sein, dass dieser Stoff ganz furchtbare Folgen hat für unser Erbgut!

Wieso gerade das Erbgut? Könnte er nicht genau so gut Krebs erregen? Oder den Blutdruck und damit das Herzinfarktrisiko erhöhen?

Ich gehe jede Wette ein, dass die Autoren ganz andere Überlegungen anstellen, wenn sie für die Industrie und nicht für die EU Gutachten zu Produktsicherheit erstellen.

Vielleicht sollten wir uns mehr als bisher in diesen Auseinandersetzungen für die konkret beteiligten Autoren interessieren, auch in der öffentlichen Auseinandersetzung.
vor 9 Jahren
NannyPlum:

@Olfacto:
Die "Gurkenverordnung" wurde auf immensen Druck aus 16 EU-Mitgliedstaaten nebst zugehörigen Handels- und Bauernverbänden hin aufrecht erhalten, nicht weil "Brüssel" das so wollte.
Ich stimme Dir schon zu, aber nur weil weißer Zucker und Zigaretten meiner Meinung nach sofort verboten gehören, kann es trotzdem sinnvoll sein, dass sich die SCCS auch mit Bestandteilen in Kosmetika beschäftigt.

Die Gurken führte ich aus Gründen der Ironie an. Was den Zucker und die Zigaretten im Vergleich zu Bestandteilen in Kosmetika betrifft... Ich persönlich - also meiner Meinung nach - finde es schon sinnvoll, Prioritäten zu setzen und da fallen mir Zigaretten eben noch weit vor Gurken und Kosmetika ein.
vor 9 Jahren
Vermutlich stecken, wie meistens, wirtschaftliche Interessen hinter all diesen wenig nachvollziehbaren Entwicklungen.
Ich sag nur: beratende Agenturen, die sich in örtlicher Nähe zu Brüssels Regierungssitz angesiedelt haben, Schiedsgerichte, Investitions-Schutzabkommen...

Wenn ich mir vorstelle, wo das alles noch hinführt, wird mir ganz schlecht.
vor 9 Jahren
Auf der englischen Zwillingsseite habe ich diesen Thread veroeffentlicht - mit einem Link, da wir dort auch schon die Eichenmos Situation ausfuehrlich diskutiert haben.

www.parfumo.com/forum/viewtopic.php?t=1387&hig hlight=

Gestern hat unser Mitglied Cryptic ihre Hilfe angeboten, wenn Englisch-sprechende-schreibenen Mitglieder gebraucht werden, wenn etwas in Richtung VETIVER getan wird, so aehnlich wie die Petition.
vor 9 Jahren
Wie bereits DrPablo in seinem Blog erwähnt hat, ist Vetiverylacetat sehr teuer.

Konzerne wie LVMH, L´Oreal freuen sich bestimmt auf solche Verbote bzw. wollen nichts dagegen unternehmen.

Eig. könnten alle Konzerne etwas dagegen tun. Selbst Eichenmoos (Ich meine, dass Eichenmoos nicht ganz verboten ist) könnte einwandfrei eingesetzt werden, wenn Konzerne dies tatsächlich weiter verwenden wollen....

Die Verlierer sind ganz klar leidenschaftliche Nichen-Hersteller wie Frederic Malle (Er hat ja bereits aufgegeben) und ein sehr kleiner Konsumentenkreis (Parfumo, Basenotes..).
vor 9 Jahren
Für Antworten und Kommentare zu der Stellungnahme hat die SCCS den 19.Mai als Deadline fest gesetzt.

ec.europa.eu/health/scientific_committees/cons umer_safety/opinions/index_en.htm
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