Moin!
So ungern ich Zweifel anmelde an dem, was uns ein erfahrener Parfümfreund erzählt, fällt es mir doch schwer, daran zu glauben.
Ich behaupte nicht, der Parfum-Freund sage wissentlich die Unwahrheit (warum sollte er?); es mag ja durchaus sein, dass in seiner Einbildung diese Rettungsmaßnahme einen Erfolg zeitigt. Vielleicht hat er aus der Tatsache, dass Wärme der Lebensdauer eines Parfüms eher abträglich, Kühle also zu bevorzugen ist, den unzulässigen Schluss gezogen, dass große und anhaltende Kälte den Alterungsprozess rückgängig zu machen vermag. Was der Mensch glaubt – und das können die abwegigsten Dinge sein –, das meint er oft auch mit seinen Sinnen wahrzunehmen (Stichworte Autosuggestion, Blindtest, Placebo etc.), selbst wenn jede objektive Manifestation des vermeintlich Wahrgenommenen fehlt.
Ich weiß nicht, was genau mit einem Parfüm passiert, wenn es "schlecht wird" oder "kippt", aber es kann sich ja nur um eine physikalische Veränderung (etwa das Sich-Trennen disperser Phasen), eine chemische Veränderung eines oder mehrerer seiner Bestandteile oder um einen biologischen Befall (mit Bakterien oder Pilzen, die der desinfizierenden Wirkung des hohen Alkoholanteils widerstehen) handeln. Welcher dieser Faktoren für das Schlechtwerden von Parfüm eine Rolle spielt, ist mir nicht bekannt (vielleicht weiß da jemand mehr? ich konnte nichts ergoogeln); physikalische und biologische Prozesse halte ich für weniger wahrscheinlich als chemische.
Tatsache ist: je tiefer man das Parfüm abkühlt, desto weniger passiert darin. Das Verlangsamen oder Anhalten aller physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse ist ja gerade der Zweck des Einfrierens. Ich bezweifle
stark, dass in einem Parfüm physikalische oder chemische Prozesse ablaufen, die sich durch Abkühlen
rückgängig machen lassen. Noch unwahrscheinlicher ist, dass das sechswöchige Halten dieser Temperatur einen Unterschied zu einem einstündigen Einfrieren macht, denn falls etwas passieren
würde, dann geschähe das während des Abkühlens oder Aufwärmens, aber nicht bei konstanten -18 °C. Aufgetaute Erdbeeren sind nach einem Monat im Gefrierschrank genauso matschig wie nach drei Stunden; das, was die Erdbeere verändert (namentlich das Kristallisieren und der Volumenzuwachs der Zellfüssigkeit und das daraus folgende Platzen der Zellwände) geschieht schon während des Abkühlens.
Auf eine biologische Belastung des Parfüms
könnte das Einfrieren Einfluss nehmen; manche Bakterien und Pilzsporen lassen sich so abtöten, andere nicht. Das meiste von dem, was Lebensmittel ungenießbar macht, überlebt den Gefrierschrank (und vermehrt sich allenfalls nicht während des Eingefrorenseins). Dass die Dauer des Einfrierens einen Einfluss auf seine desinfizierende Wirkung hat, ist auch hier eher unwahrscheinlich. Wollte man jedenfalls annehmen, dass ein Parfüm aufgrund einer biologischen Belastung "kippt", setzte ein Erfolg des Einfrierens entweder voraus, dass die Organismen abgetötet werden
und nur lebende, aber nicht tote den Geruch des Parfüms verändern oder, dass die durch ihre Stoffwechselprodukte oder die durch sie verursachten chemischen Veränderungen an den Parfüm-Inhaltsstoffen hervorgerufenen geruchlichen Veränderungen durch das Einfrieren
rückgängig gemacht werden können – das klingt äußerst unwahrscheinlich.
Der einzigen Effekt des Einfrierens, der mir denkbar erscheint, ist, dass kaltes Parfüm schlicht anders riecht als warmes. Der Erfolg des Einfrierens würde also nur so lange anhalten, bis sich das versprühte Parfüm auf Normaltemperatur erwärmt (wenige Sekunden); die Dauer des Einfrierens wäre irrelevant. Wie lange der Effekt des sechswöchigen Einfrierens anhalten soll, geht aus dem Ursprungsposting nicht hervor.
Kurz: Ich will nichts kategorisch ausschließen, glaube aber erst daran, wenn's mir jemand entweder erklärt oder vorführt (besäße ich ein gekipptes Parfüm, würde ich's sogar selbst ausprobieren); bis dahin halte ich's für eine ulkige Geschichte und Wunschdenken.
Grüße,
RobFrost [sic]