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Parfumeurausbildung

Parfumeurausbildung vor 8 Jahren
Liebe Community und Parfümverrückte,

Ich schreibe hier in eigener Sache und bitte um Euren Rat bzw. um Hilfe.

Seit einigen Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema Parfumeurausbildung .

Habe etliche Bewerbungen an namenhafte Schulen und Firmen geschickt wie ISIPCA, Givaudan, GIP Grasse, Mane Grasse, Symrise, ISS NY USW. und teilweise gar keine oder eine negative Rückmeldung bekommen.

Musste feststellen, dass man bei vielen ein Grundstudium in Chemie brauch oder zumindest eine Berufsausbildung. Selbst das sei aber keine Garantie dafür, irgendwo aufgenommen und ausgebildet zu werden. Unnötige Einstellungstest (und ich spreche hier nicht über Auswahltests was die Nase betreffen) zum Thema Mathematik, Allgemeinbildung etc. erschweren den langwierigen Prozess zusätzlich.

Ich habe bisher immer das Risiko gescheut den Chemiezweig einzuschlagen auf auf die Gefahr hin, später nicht mit Düften arbeiten zu können.

Bin mittlerweile 25 Jahre alt und habe einen kaufmännischen Hintergrund und arbeite in diesem Beruf.

Ich weiß eine Garantie hat man nie, aber ich erhoffe mir zumindest realistische Aussichtsmöglichkeiten.

Vielleicht hat jemand von Euch ähnliches erlebt oder hatte ähnliche Gedanken wie ich.

Würde mich über Euer Feedback sowie allgemeinen Austausch sehr freuen!

Beste Grüße

Michelle
vor 8 Jahren
Ich hab mich auch schon bei den Firmen beworben und auch Absagen bekommen, da ich mit meinem Molekularbiologiestudium daneben liege und sie lieber Chemiker haben wollen.
Das ergibt aus deren Standpunkt aber auch Sinn. Prinzipiell kann ja jeder Parfumeur werden und etwas zusammenmischen. Erik Kormann z.B. hat sich das autodidaktisch angeeignet und seine Parfums sind - zumindest das, was ich getestet habe - recht gut und schaffen einen Spagat zwischen Mainstreamverträglichkeit und Außergewöhnlichkeit.
Allerdings machen diese Firmen - vermute ich - als Kopf dieser "Nahrungskette" ihr Geld zum Großteil auch mit Patenten, es geht also auch darum, dass man Chemiker hat, die Synthesewege kennen oder finden, um ein Molekül entsprechend zu modifizieren und dadurch komplett neue Duftstoffe zu finden, die nach irgendwas Bestimmtem riechen und worauf man dann ein Patent anmelden kann.

Wenn man einen naturwissenschaftlichen Hintergund hat (Studium optimalerweise in Chemie oder eben auch Biologie, Pharmazie, Physik), ist die ISIPCA wohl ein guter Weg, sich in diesen Werdegang "einzukaufen". Zumindest hatte ich vor 2 Jahren nach meinem Bachelor mal aus Neugier Bewerbungsunterlagen hingeschickt um zu sehen was passiert. Die Kommunikation ging sehr reibungslos, aber:

- der "European Fragrance and Cosmetics Master" (EFCM) kostet geschmeidige 20000 Euro
- dieser Master ist nicht staatlich anerkannt, da die ISIPCA nur sowas wie eine Privatuni/-hochschule ist, d.h. ich könnte damit nicht promowieren
- ich müsste nach Versailles ziehen, was diese 20000 Euro sicherlich nochmal artifiziell auf um die 40000 Euro aufblasen wird, wenn man mal von 1000 Euro/Monat zum Leben dort rechnet (Miete, Pendeln, Essen)
- man muss einen Englischtest vorweisen, ich glaube das war IELTS oder sowas, jedenfalls nicht TOEFL. Der kostet auch nochmal so 150 Euro, kann nur zu bestimmten Fristen gemacht werden und naja, ist einfach unnötig wenn man eigentlich schon Dissertationen auf Englisch verfasst hat Rolling Eyes

Aber ja, der generelle Konsens ist, dass das ganze einfach nur eine Geldfrage ist. Ich denke, wenn man irgendwie Kontakte knüpfen kann, kann man mit entsprechendem Kapital eine eigene Parfummarke gründen und als Creative-Director mit Parfumeuren zusammenarbeiten und so Düfte auf den Markt bringen. Dieses System ist ja bei Amouage und MDCI ungefähr so, die Inhaber der Labels sind selbst keine Parfümeure, haben aber genaue Vorstellung, welche Düfte sie für ihre Reihe haben wollen und wie sie riechen sollen. Und auch Tom Ford ist kein Chemiker, aber unter seiner Federführung ist viel geiles Zeug entstanden. Und ich wette Roja Dove hat von Chemie auch keine Ahnung.
vor 8 Jahren 1
Jetzt war Adan schon desillusionierend. Und ich muss noch eins drauf setzen. Sad

Der Parfummarkt ist übersättigt, auch personell. D.h. es bedarf entweder sehr, sehr, sehr viel Geld (eigene Marke), sehr viel Geld und viel Talent (ISIPCA), sehr, sehr viel Talent und noch mehr Glück (Ausbildung by Symrise, IFF, Firmenich, Takasago oder Givaudan) oder ein jahrelang aufgebautes Netzwerk im Business und ein Marketingstudium (Creative Direktor), um in der Branche gestalterisch tätig zu sein. Und gestalterisch ist schon weit gefasst.

Prinzipiell kann jeder Duftstoffe zusammen mischen und sich Parfumeurin oder Parfumeur nennen. Nur ohne Ausbildung ist man dann i.d.R. ein schlechter Parfumeur (bzw. schlechte Parfumeurin). Ausnahmen wie Andy Tauer, Erik Kormann und Pierre Guillaume bestätigen nur die Regel. Die scheinen so viel Talent zu haben, dass sie mit jahrelanger akribischer Arbeit die Vorteile einer fundierten professionellen Ausbildung einigermaßen kompensieren konnten.
Der klassische Weg ist die Ausbildung als Laborantin/Laborantin bei einem der Duftstoffhersteller (oder die direkte Bewerbung bei deren Perfumery School, wenn schon Chemiehintergrund da ist) wie Symrise, Robertet, Florasynth, Roure, IFF, Givaudan oder Firmenich. Die erste Hürde ist es, überhaupt diese Parfumeursausbildung zu bekommen: fast alle, die die Laborausbildung bei einem der Duftstoffhersteller starten, träumen wohl davon, Parfums zu machen. Nur die mit dem größten Talent werden überhaupt zur Ausbildung zugelassen. Das gilt für externe Bewerbungen natürlich erst recht. Und die meisten, die zugelassen werden, werden nach erfolgreicher Ausbildung Weichspüler, Klopapier und Geschirrspülmittel parfümierte. Nur wenige machen Haute Parfumerie.
Wie von Adan beschrieben gibt es auch den Weg über die ISIPCA und gefühlt gehen immer mehr junge Parfumeurinnen und Parfumeure diesen Weg. Nachteilig sind die hohen Studiengebühren, der Vorteil ist der etwas leichtere Zugang als zu den firmeninternen Parfumeursausbildungen. Talent ist auch, aber nicht ganz so wichtig. ISIPCA-Absolventinnen und -Absolventen bewerben sich typischerweise anschließend bei den Riechstofffirmen und bekommen dort ihren Feinschliff, bevor sie versuchen dürfen, den Zuschlag zum neuen James-Bond-Duft zu bekommen.

Einen Sonderweg schlug Mark Buxton ein: Als Kandidat bei "Wetten, dass ...?" Parfums ziemlich gut am Geruch zu erkennen, die Wette aber zu verlieren, weil sein Kollege nichts auf die Reihe bekommen hat, und anschließend von Symrise eine Parfumeursausbildung angeboten zu bekommen. Die Sendung gibt es nicht mehr. Insofern, auch keine erfolgversprechende Möglichkeit.

Um es kurz zu machen: Es gibt unglaublich viele, hochtalentierte Parfumeurinnen und Parfumeuren, die nie zeigen dürfen, was sie können. Sie träumten davon, für Frédéric Malle oder Biehl Parfumkunstwerkd arbeiten zu dürfen. Und sind jetzt froh, die Kamillenote des Hakle-Feucht-Toilettenpapiers unter Kostenpunkten und IFRA-Regulierungsanforderungen optimimieren zu dürfen.

Kleine Korrektur zu Adans Beitrag: der Chemiehintergrund ist nur wichtig, um sich einigermaßen geschickt in einem Laborumfeld bewegen zu können und abschätzen zu können, welche Duftstoffe miteinander kompatibel sind. Das Duftstoffdesign, die Entwicklung neuer Duftstoffe machen andere Abteilungen - Maurice Roucel ist den anderen Weg gegangen: erst hat er als Chemiker Duftstoffe synthetisiert, dann ist er Parfumeur geworden. Gibt es, ist aber die Ausnahme.
vor 8 Jahren
Ich denke, man kann folgendes sagen: Es gibt - das ist ein Faktum - Parfumeure, die nicht Chemie studiert haben, aber sehr gut in ihrem Beruf sind.
Ich habe selbst auch Chemie studiert und kann folgendes sagen: Es ist schwer, jemandem zu raten, ob er/sie Chemie studieren sollte. Ich denke, das wichtigste Kriterium ist, ob die Person das eigentlich moechte, also ob es die Person interessiert und sie es gerne machen wuerde, und auch in der ein oder anderen Weise Spass/Freude dabei empfindet.
Meine Kommilitonen waren damals recht unterschiedlich und hatten unterschiedliche Vorstellungen und Motivationen.
Das Studium selbst ist nicht wirklich leicht und man muss sich auch durch manches "durchbeissen".
Vorteile hat das Studium natuerlich auch, z.B. dass einem keiner mehr etwas vormachen kann, man viel Interessantes lernt (d.h. natuerlich wenn sich jemand dafuer interessiert) und es bieten sich auch vielseitige berufliche Perspektiven (d.h. man waere nicht limitiert auch den Beruf des Parfumeurs, bzw. selbst wann man ihn ergreift kann man dann wenn man auch Parfumeur ist, wahrscheinlich in einer anderen Liga spielen).
Bist du sicher, dass man wirklich ein abgeschlossenenes (Chemie)Studium braucht?
Ich denke, es waere eine gute Idee, sich vielleicht schon am Anfang des Studiums bei den entsprechenden Firmen zu melden und z.B. um ein Praktikum zu bitten.

Was eine Ausbildung im Bereich betrifft ist meine persoenliche Meinung folgende: Ich/wir haben im Studium auch Kommilitonen gehabt, die ausgebildete Chemisch-Technische Assistenten (CTAs) waren (das ist die hoechste Stufe der Ausbildung im Bereich Chemie).
In den Worten des "akademischen Oberrats" (akademischer Mitarbeiter der Uni, unterstuetzte den Professor, hielt kurze Tests (Kolloquien) ab) damals: die Kenntnisse aus der Ausbildung des CTA reichen im Chemiestudium maximal zwei Wochen.
Man muss einfach sagen, dass zwar die praktischen Handgriffe sicher ganz gut sitzen, auf der anderen Seite bietet die Ausbildung nur rudimentaer das Wissen des Studiums.
Dazu muss man sagen, dass der Ton und das Verhalten dieser Kommilitonen (und auch der CTAs die in der Uni regulaer gearbeitet haben) untereinander sehr rau gewesen ist und sie sich eigentlich die ganze Zeit fertig machen wollten mit irgendwelchen Dummheiten im Sinne von "ich habe 'sauberer' gearbeitet".
Vielleicht kann man das mit der Kueche in manchen Restaurants vergleichen, wo auch der Umgangston untereinder sehr rau und unangenehm ist.
Ich frage mich selbst, was man eigentlich in den (3?) Jahren, die so eine Ausbildung verlangt, eigentlich lernt. Dieselben Handgriffe wieder und wieder durchfuehren und am Ende doch nicht richtig verstehen, was eigentlich gemacht wird?
Das und die Tatsache, dass die mir bekannten CTAs untereinander sehr schlecht miteinander umgegangen sind, sind Dinge die mir nicht gefallen haben.

Viel Erfolg auf jeden Fall und wenn du/jemand anderes Chemie studieren sollte, bei mir melden, ich gebe dir Empfehlungen fuer Buecher,die einem im Chemiestudium gute Dienste leisten, und du/ihr gibt mir Tips aus dem Bereich Parfuemierie Smile Sounds like a deal? Smile
vor 8 Jahren
Frag doch mal bei Anette Neuffer oder bei E99-EsAns nach. Beide machen tolle Düfte, mit oder ohne Ausbildung. Und lass dich nicht durch seltsame Gesetze und vorbestimmte Ausbildungswege beeinflussen. Manchmal darf und muss man einfach mal losgehen, auch ohne Hundeleine. Und: mögliches Scheitern bringt auch weiter ... viel Glück auf deinem Weg! Wink

ps. Wir haben neulich bei einem Parfumotreffen u.a. einen (Wald-) Duft von 'Tomaya' kennengelernt ... und waren allesamt begeistert. Sprich ihn doch auch mal an.
vor 8 Jahren 1
Es kommt darauf an, welches Ziel man verfolgt.

Wenn Du eigene Düfte vermarkten willst, brauchst Du keine Ausbildung im klassischen Sinne, zumal die Parfumerieausbildungsinstitute allesamt auch privat und keine staatlichen Einrichtungen sind.

Ich bin außer meiner Tätigkeit als Parfumeurin auch hochschuldiplomierte Berufsmusikerin und muß trotzdem neidlos anerkennen, daß es auch Musiker gibt, die niemals studiert haben und viel erfolgreicher sein können als amtlich Studierte! Das ist bei Parfum genauso. Das nötige Wissen kann man sich auch anderweitig erwerben.
Dafür braucht man allerdings extrem viel Willenskraft, ein sehr großes Durchhaltevermögen und die Bereitschaft, in jahrelange arbeitsmäßige und finanzielle Vorleistung zu gehen.

Übrigens sind bei Parfumeurausbildungen nicht ohne Grund oft auch kreativ-musische Abschlüsse von Vorteil. Die Wenigsten, die hobbymäßig etwas rumrühren (und auch nicht alle mit konventioneller Ausbildung), werden große Parfumeure, aber Ausnahmen gibt es immer wieder.

Parfums, wie alle Kosmetika, unterliegen in EU der EU Kosmetikverordnung, die jeder Hersteller (und zwar vollkommen unabhängig von Stückzahlen und Umsatz) einhalten muß, selbst wenn er anfangs nur Proben verschenken würde um auf sich aufmerksam zu machen.
Insofern muß alles, was auf den EU- Markt kommt, sachgerecht und mit dem nötigen Know How gefertigt sein, sonst wird einem der Sicherheitsgutachter was husten und das Produkt ist nicht verkehrsfähig!
Die dafür anfallenden Kosten sind sehr hoch, sodaß man schon eine außergewöhnlich gute Kollektion (kreative Vision) bieten muß, um bei der extremen Konkurrenz die Kosten zu amortisieren und später noch Gewinn damit zu machen. Wenn man das kann, ist die Frage nicht, wo man die Ausbildung gemacht hat, sondern ob man wirklich etwas Außergewöhnliches zu bieten hat, was bei Verbraucher ankommt, und das nötige Kleingeld für die Legalisierung besitzt.

Strebt man eine Karriere in einem Riechstoffunternehmen an, steht eher der konventionelle Weg mit Chemiestudium etc an.
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