Ja, immer
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Es ist mir schon öfter passiert, dass ich eine Kopfnote erstmal wenig schön empfinde, sich ein Duft dann aber SO traumhaft entwickelt, dass mir die Kopfnote egal war.
Interessant dabei ist aber, dass ich die Kopfnote mit der Zeit dann auch immer lieben gelernt habe. So z.B. bei "Chypre Palatin". Der hat halt eine seeehr vintageartige Kopfnote. Dort riecht er schon arg nach klassischem Chypre und die Kopfnote hat mich beim Ersttest sehr an Oma- und Opadüfte erinnert.
Aber dieser Auftakt ist nicht nur wichtig dafür, dass CP noch als Chypre durchgeht, sondern auch dafür, dass er im Verlauf genauso schön ist, wie ich ihn empfinde. Denn dieser Auftakt gibt dem Duft im Verlauf den richtigen Twist, eine ganz grandiose Kante.
Ich habe mich also mit der Zeit auch in diesen Auftakt verliebt. Vielleicht weil ich einfach wusste, was schönes darauf folgt. Vielleicht, weil ich wusste, das der Duft ohne den Auftakt nie so grandios sein könnte, wie er für mich ist.
Chypre Palatin war sicher auch eine Brücke, um mich überhaupt mit Chypres näher befassen zu wollen. Zumindest habe ich seitdem auch einige andere schätzen können.
Generell hab ich das sogar relativ häufig, dass mich Düfte eher im Verlauf begeistern. Beim Ersttest von Cuir Beluga fand ich den im Auftakt auch etwas unangenehm/holprig, später habe ich das gar nicht mehr bemerkt.
Genau wie ich Ambre Dorè später auch im Auftakt kaum noch als animalisch wahrgenommen habe.
Welche Parfums ich allerdings nicht näher verfolge sind jene, die einen flashenden, geilen Auftakt haben und die dann im Verlauf öde werden. Bisher z.B. alles von Les Liquides Imaginaires, was ich getestet habe (ich habe aber die Hoffnung bei dem Label noch was tolles zu finden). Solche Düfte sind mir zutiefst unsympathisch, weil das für mich einfach wie Show&Shine wirkt. Wie ein Duft um Spontankäufer anzulocken.
Aber von der Kopfnote hat man ja meist nur wenige Minuten was, die Herz- und Basisnote rieche ich den ganzen Tag. Letztendlich ist doch die spektakuläre/schöne Kopfnote sch...egal, wenn der Rest belanglos ist. Im Gegensatz dazu ist es doch egal, wenn der Duft 10 Minuten nicht so himmlisch ist, wenn ich aber dafür den Rest des Tages himmlisch rieche.
Precious:
Der legendäre Parfumeur Edmond Roudnitska schrieb zu diesem Thema, dass die Kopfnoten häufig so ausgefeilt gefällig sind, dass sie den meisten Menschen sofort gefallen u. sie deshalb auch sofort kaufen. Genau DAS möchte man bezwecken. Was danach kommt, könnte sogar enttäuschend sein. Denn letztlich ist es die Basisnote, die uns Stunden, vielleicht in der Kleidung auch Tage, begleitet. Roudnitska schrieb sinngemäß, dass man für eine wunderbare Kreation auch mal über die weniger schöne Kopfnote hinwegschnüffeln sollte. Manche Kreationen/Rezepturen nötigten selbst dem Parfumeur solch einen Kompromiss ab.
Der weiß eben, was richtig ist