Parfum und Kontext
vor 5 Jahren
In der konstruktivistischen Perspektive auf die Welt ist keine Erfahrung, die wir machen, rein, pur oder „unverfälscht“, sondern notwendigerweise eingefügt in Schablonen, die sich zum Teil aus den Begleitumständen des Erlebten ergeben, zum großen Teil aber auch aus unseren vorangegangenen Erfahrungen, Interpretationen und Typisierungen. Dies gilt in besonderem Maße auch für Düfte.
Zum einen erleben wir Parfum häufig unter dem Eindruck eines bewusst und absichtlich geschaffenen Kontextes, der über Namensgebung, Flakon- und Verpackungsgestaltung, Hintergrundgeschichte und Duftnotenpyramide beeinflussen soll, wie wir den zu vermarktenden Duft wahrnehmen. Diesen bewusst geschaffenen Eindrücken können wir uns noch mehr oder weniger gut entziehen, am weitesten mit der Methode des „Blindtests“. Darum ist dieses Format so interessant.
Doch wirklich „objektiv“ ist die Duftwahrnehmung unter Ausblendung der Marketing-Frames selbstverständlich ebenso wenig, da wir Parfum zum anderen unter 1. dem Eindruck unserer subjektiven Erfahrungen und zusätzlich unter 2. dem Eindruck der akuten, situativen Umstände des ersten Aufeinandertreffens erleben.
Ein anschauliches Beispiel für ersteres Phänomen liefern die Kommentare und Statements zum Chypre-Duft „Dryad“ von Papillon. Wo die einen, die mutmaßlich noch in den 1960er- und -70er-Jahren großgeworden sind, mal mehr, mal weniger wohlwollend an Oma und Opa denken müssen, riechen die anderen vielmehr Nymphen und Faune zwischen Farnen im Unterholz eines Zauberwaldes tanzen. Duftwahrnehmung ist somit bekanntermaßen oft hochgradig subjektiv.
Das zweite Phänomen - die Bedeutung der akuten, situativen Umstände des Kennenlernens bzw. der ersten Begegnung mit einem Duft - führt mich nun zu meinem aktuellen „Dilemma“ (bitte ganz dicke Anführungszeichen denken), welches Hauptgegenstand dieses Threads sein soll.
Ich habe mich in den vergangenen Tagen – neugierig gemacht eben über Namensgebung, Flakongestaltung und Duftpyramiden – zu zwei Blindkäufen hinreißen lassen. Weihnachtsgeld und der Verkauf anderer Flakons haben es möglich gemacht. Die Düfte sind mittlerweile eingetroffen. Doch nun „traue" ich mich nicht, sie zu testen. Das Wetter ist usselig, es ist dunkel, das macht mich ein wenig antriebsschwach, melancholisch und müde. Den einen Tag habe ich leichte Kopfschmerzen, den anderen wiederum Zahnschmerzen. Eine Erkältung ist auch noch nicht vollständig abgeklungen. Unter diesen Umständen möchte ich mich den neuen Düften noch nicht nähern.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Rahmenbedingungen des ersten Aufeinandertreffens mit einem Duft mit entscheidend sind für Gefallen oder Nichtgefallen. Und damit komme ich auch wieder zu den Nachteilen eines Blindtests. Einerseits kann uns ein Duft in einem schlichten Probenröhrchen unabhängig von den eigentlichen Duftqualitäten nicht „vorgaukeln“, besonders raffiniert, exotisch, exklusiv, verführerisch, maskulin, feminin oder was auch immer so versprochen wird zu sein. Andererseits bekommt er, getestet als einer unter vielen, entnommen aus einer Grabbelkiste und beherbergt in einem Zerstäuber mit womöglich zerlaufener und angegilbter Beschriftung, daheim auf dem Sofa, vielleicht sogar im Jogginganzug, nicht die Bühne, die er braucht, um sein volles Potential zu entfalten. Ganz zu schweigen von schlechtem Wetter und ungünstiger Jahreszeit.
Meiner Erfahrung nach ist die Chance, dass ich mich in einen mir bislang unbekannten Duft verliebe, größer in einer nobel oder einfach liebevoll gestalteten Parfümerie an einem Ort, an dem ich mich auf Reisen befinde, bei gutem Wetter, klarer Luft und in der sich daraus ergebenden beschwingten, optimistischen und generell aufgeräumten Stimmung als daheim auf der Couch oder vorm Computer beim Test schmuckloser Probenröhrchen. Selbstverständlich können so auch Fehlkäufe entstehen, da sich für den neuen Duft, der in der fremden Stadt so spannend und reizvoll erschien, zuhause keine Tragemöglichkeiten mehr finden lassen. Ich will nur sagen: zum Gefallen bedarf es manchmal der „großen Bühne“ aus ansprechender Präsentation und weniger bewusst geschaffenen Rahmenbedingungen, wie gutem Wetter und guter Laune.
Nun warte ich also mit dem ersten Test meiner neuen Düfte noch ein wenig, bis mir die Umstände vorteilhafter erscheinen.
Kennt Ihr das auch?
Zum einen erleben wir Parfum häufig unter dem Eindruck eines bewusst und absichtlich geschaffenen Kontextes, der über Namensgebung, Flakon- und Verpackungsgestaltung, Hintergrundgeschichte und Duftnotenpyramide beeinflussen soll, wie wir den zu vermarktenden Duft wahrnehmen. Diesen bewusst geschaffenen Eindrücken können wir uns noch mehr oder weniger gut entziehen, am weitesten mit der Methode des „Blindtests“. Darum ist dieses Format so interessant.
Doch wirklich „objektiv“ ist die Duftwahrnehmung unter Ausblendung der Marketing-Frames selbstverständlich ebenso wenig, da wir Parfum zum anderen unter 1. dem Eindruck unserer subjektiven Erfahrungen und zusätzlich unter 2. dem Eindruck der akuten, situativen Umstände des ersten Aufeinandertreffens erleben.
Ein anschauliches Beispiel für ersteres Phänomen liefern die Kommentare und Statements zum Chypre-Duft „Dryad“ von Papillon. Wo die einen, die mutmaßlich noch in den 1960er- und -70er-Jahren großgeworden sind, mal mehr, mal weniger wohlwollend an Oma und Opa denken müssen, riechen die anderen vielmehr Nymphen und Faune zwischen Farnen im Unterholz eines Zauberwaldes tanzen. Duftwahrnehmung ist somit bekanntermaßen oft hochgradig subjektiv.
Das zweite Phänomen - die Bedeutung der akuten, situativen Umstände des Kennenlernens bzw. der ersten Begegnung mit einem Duft - führt mich nun zu meinem aktuellen „Dilemma“ (bitte ganz dicke Anführungszeichen denken), welches Hauptgegenstand dieses Threads sein soll.
Ich habe mich in den vergangenen Tagen – neugierig gemacht eben über Namensgebung, Flakongestaltung und Duftpyramiden – zu zwei Blindkäufen hinreißen lassen. Weihnachtsgeld und der Verkauf anderer Flakons haben es möglich gemacht. Die Düfte sind mittlerweile eingetroffen. Doch nun „traue" ich mich nicht, sie zu testen. Das Wetter ist usselig, es ist dunkel, das macht mich ein wenig antriebsschwach, melancholisch und müde. Den einen Tag habe ich leichte Kopfschmerzen, den anderen wiederum Zahnschmerzen. Eine Erkältung ist auch noch nicht vollständig abgeklungen. Unter diesen Umständen möchte ich mich den neuen Düften noch nicht nähern.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Rahmenbedingungen des ersten Aufeinandertreffens mit einem Duft mit entscheidend sind für Gefallen oder Nichtgefallen. Und damit komme ich auch wieder zu den Nachteilen eines Blindtests. Einerseits kann uns ein Duft in einem schlichten Probenröhrchen unabhängig von den eigentlichen Duftqualitäten nicht „vorgaukeln“, besonders raffiniert, exotisch, exklusiv, verführerisch, maskulin, feminin oder was auch immer so versprochen wird zu sein. Andererseits bekommt er, getestet als einer unter vielen, entnommen aus einer Grabbelkiste und beherbergt in einem Zerstäuber mit womöglich zerlaufener und angegilbter Beschriftung, daheim auf dem Sofa, vielleicht sogar im Jogginganzug, nicht die Bühne, die er braucht, um sein volles Potential zu entfalten. Ganz zu schweigen von schlechtem Wetter und ungünstiger Jahreszeit.
Meiner Erfahrung nach ist die Chance, dass ich mich in einen mir bislang unbekannten Duft verliebe, größer in einer nobel oder einfach liebevoll gestalteten Parfümerie an einem Ort, an dem ich mich auf Reisen befinde, bei gutem Wetter, klarer Luft und in der sich daraus ergebenden beschwingten, optimistischen und generell aufgeräumten Stimmung als daheim auf der Couch oder vorm Computer beim Test schmuckloser Probenröhrchen. Selbstverständlich können so auch Fehlkäufe entstehen, da sich für den neuen Duft, der in der fremden Stadt so spannend und reizvoll erschien, zuhause keine Tragemöglichkeiten mehr finden lassen. Ich will nur sagen: zum Gefallen bedarf es manchmal der „großen Bühne“ aus ansprechender Präsentation und weniger bewusst geschaffenen Rahmenbedingungen, wie gutem Wetter und guter Laune.
Nun warte ich also mit dem ersten Test meiner neuen Düfte noch ein wenig, bis mir die Umstände vorteilhafter erscheinen.
Kennt Ihr das auch?