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Farinas Kölnisch Wasser - Plagiate im Museum

Farinas Kölnisch Wasser - Plagiate im Museum vor 11 Jahren
In der Klingenstadt Solingen gibt es einen winzigen, aber lehrreichen Ort, der sich ganz dem Thema Produktpiraterie widmet: das Museum Plagiarius. Unterstützt und gut mit Exponaten versorgt wird es offenbar vom Zoll, sowie zahlreichen leidgeprüften Traditionsunternehmen. Bei Plagiarius ist alles doppelt – von der harmlosen Kaffeekanne über die nachgemachte Motorsäge bis zum hochgradig verkehrsunsicheren Mokick steht die Fälschung neben dem Original.

Soeben eröffnet hat die Sonderausstellung: Farina Original Eau de Cologne - 220 Jahre Kampf gegen Nachahmer. Einen ganzen Raum mit unzähligen Exponaten kann uns Farina bieten, dazu historische Dokumente aus besagten 220 Jahren Verdruss.

Farina gilt als das wohl älteste Parfumhaus der Welt, es führt seine Geschichte auf die Geschäftsgründung der beiden Kölner „Imis“ Johann Baptist Farina und Johann Maria Farina im Jahre 1709 zurück. Gut 80 Jahre später fing der Ärger an, als ein gewisser Wilhelm Mülhens ein „Acqua Mirabilis“ anbot, ebenfalls unter Verwendung des Namens Farina und versehen mit einer abenteuerlichen Legende: Demnach habe ein geheimnisvoller Kartäusermönch namens Franz Carl Gereon Maria Farina ihm die Rezeptur mitsamt der Rechte zur Hochzeit geschenkt. Nach anderen Quellen soll er einem Bonner Farina, der nichts mit der Kölner Parfümeursfamilie zu tun hatte, den Namen abgekauft haben. Es dauerte Jahrzehnte, eine ganze Generation, bis der lästige Konkurrent nach verlorenem Prozess endgültig umfirmierte in "Eau de Cologne- und Parfümerie-Fabrik Glockengasse No. 4711 gegenüber der Pferdepost von Ferd. Mülhens" – ein Pyrrhussieg, denn Wilhelm Mülhens hatte das scheinbar bestehende Recht am Namen Farina munter weiterverkauft, an zahlreiche Personen, die darunter ebenfalls Kölnisch Wasser vertreiben wollten. Eine minutiöse Auflistung zahlreicher Varianten der Namensverwendung dokumentiert die nie enden wollenden Versuche: Jupp und Tünnes Farina, gegenüber allen möglichen Kölner Plätzen und natürlich dem Dom zu Köln.

Historische Flakons sind ein faszinierender Anblick, egal ob Fälschung oder Original. Mal ist die Fälschung plump, mal durchaus schwierig zu erkennen. Was bei der Zusammenstellung als Plagiat oder Fälschung aufgenommen wurde, hat offenbar Farina selber bestimmt - die Ausstellung ist da deutlich parteiisch. An einer Stelle gehe ich nicht mit: der Präsentation eines für Farina skulptural ausgeführten Schmuckflakons in Form eines Kopfes mit aufgesetztem Sprühkopf. Dem zur Seite steht als Plagiat der gänzlich anders gestaltete Kokoriko-Flakon von Jean Paul Gaultier, wobei der Kokoriko-Schriftzug auf die Rückseite der Vitrine gedreht wurde. Haben wir das so zu verstehen, dass nach Auffassung von Farina nur sie selber berechtigt sind, Flakons in Kopfform anzubieten?

So berichten uns die Exponate letztlich nicht nur von abstrakten Rechten und kuriosen Fälschungen, hinter ihnen scheint menschliche Tragik durch. Welche Auswirkungen muss es auf eine Inhaberfamilie haben, wenn sie über Generationen hinweg von diesem Thema nicht loskommt? Möchte man da tauschen?

Ich persönlich wünsche mir, von Farina mehr Neues als Altes zu erfahren – die Neuveröffentlichung des Russisch Leder war doch eine prima Sache! Am besten gefallen hat mir allemal das Eau de Cologne selbst, dessen feiner Duft den Ausstellungsraum erfüllte – wahrlich kein Vergleich zu 4711. Auf der Rückfahrt stellte ich fest, dass es sich hervorragend mit anderem layern lässt und dabei eine beträchtliche Tiefe gewinnen kann.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 28.Februar 2013.

Bevor man mich jetzt des Plagiarismus bezichtigt, sind hier meine Quellen:

www.plagiarius.com/museum_plag.html
www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichke iten/M/Seiten/M%C3%BClhens.aspx
de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_M%C3%BClhens
de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_M%C3%BClhens
vor 11 Jahren
Toller Beitrag und sehr interessant. Leider für mich zu weit. Aber das echte Russisch Leder ist zum Glück auch per Post gekommen.
vor 11 Jahren
Da habe ich im Fernsehen gerade einen Bericht drüber gesehen. Finde ich total interessant und werde mir die Ausstellung auf jeden Fall anschauen, wenn ich mal in der Nähe bin.
vor 11 Jahren
Guter Tipp! Werde ich mir die Tage mal genauer anschauen.
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