Hathor20
Dufte Freunde kommen und gehen...
vor 8 Jahren - 12.08.2016
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Dufte Freunde kommen und gehen...

Lustig, wie sehr man mit der Zeit nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Parfumgeschmack ändert. Früher liebte ich herbe Chypre-Düfte, bei denen sich mir heute sämtliche Nasenhaare kräuseln. Wenn ich dufttechnisch einmal Revue passieren lasse, dann fällt mir auf, dass ich als sehr junge Frau oft Düfte trug, die eigentlich viel geeigneter für gestandene Frauen waren als für so einen Grashüpfer wie mich. In meinem bisherigen Duftleben habe ich ca. 200 Parfums ausprobiert, von denen ich vielleicht 30 Düfte als Meilensteine bezeichnen würde, weil sie Nasenöffner für weitere neue und aufregende Dufterlebnisse waren. Meine Duftgeschichte führte mich von herben Chypres über blumige, aldehydige oder animalische Wummser bis hin zu den leichten und zarten Düften, die ich heute ganz besonders mag. Ein besonderes Erlebnis ist für mich immer, wenn man einen Duft findet, bei dem man das Gefühl hat, dass dieser wirklich etwas mit einem selbst zu tun hat – dass er etwas ausdrückt, das in mir schwingt und beim Tragen dieses Duftes vielleicht eine typische Facette von mir zeigt; eine von den unzähligen Facetten, die mich ausmachen. Als Duft ist das für mich Extravagance d’Amarige von Givenchy. Den empfinde ich wie ein Nasen-Stoppschild. Bis hierhin und nicht weiter scheint er zu sagen. Etwas stumpfes ist in ihm, etwas würziges wie Muskatnuss und etwas bitteres, das ich besonders liebe – höchstwahrscheinlich Tagetes und Iris. Einmal aufgetragen umhüllt er einen wie ein sanfter Schleier. Wunderbar und unaufdringlich, aber trotzdem sehr prägnant; zumindest für meine Nase.

Meine erste Liebe war Chanel No. 19, den ich sehr lange trug. Ich liebte seine grüne Frische, gepaart mit einer Art trockener stumpfer Sprödigkeit; etwas das „hell“ in der Nase nachwirkte. Dann folgte Cristalle, ein Duft wie frischer Morgentau, den ich in seiner reformulierten Version von 2009 heute noch trage und zahlreiche Guerlains, u.a. Mitsouko, Chant d’Aromes und Parure, die ich rauf und runter trug; ich konnte gar nicht genug davon kriegen. Die Namen waren dann auch Programm: Mitsouko mit seinen exotischen Fruchtaromen fand ich herrlich geheimnisvoll, Chant d’Aromes mit seinem harmonischen Zusammenspiel von Aromen hatte wirklich etwas nahezu musikalisch anmutendes und Parure ließ mich mit seiner herben und strengen Dominanz immer an eine Frau denken, die mit aufrechter Haltung ein schweres und kostbares Collier trägt. Aufgrund eben dieser Schwere und Kostbarkeit trägt sie das Schmuckstück „vor sich her“ -dadurch entsteht diese Spannung in der Haltung und gleichzeitig auch die Anmut; eben all das, was für mich persönlich auch das Parfum ausdrückt. Na ja, Kopfkino halt.

Als ich dann vor ein paar Jahren in einem jähen Retro-Anfall diverse Parfümerien aufsuchte, um nochmal an einigen dieser Düfte zu schnuppern (für Chant d’Aromes habe ich mir die Hacken qualmig gerannt, weil das scheinbar kaum noch jemand führt), war ich oft total enttäuscht, weil mir viele von ihnen überhaupt nicht mehr gefielen. Dazu gehörten neben den Guerlain Chypres auch die Wummser Halston, Montana Peau und Amarige. Meine letzte Pleite liegt gerade mal einen Tag zurück: Ich habe nämlich einen „Eimer voll“ (200 ml) Clair de Jour von Lanvin bei Ebay erstanden, weil er in meiner Dufterinnerung etwas wunderbar leichtes, aquatisches und helles hatte, nach dem ich mich zurückgesehnt habe. Ich hatte mir sogar einen 30 ml Sprühzerstäuber gekauft, damit ich es immer umfüllen kann und so den (sehr hübschen) Eimer-Flakon nebst Inhalt schone. Was soll ich sagen: meine Dufterinnerung hat mich echt verarscht. Er hat neben seiner wunderbaren Leichtigkeit nämlich auch noch eine herbe Strenge, (die meine Erinnerung wohl verdrängt hat) und die mich heute so gar nicht mehr antörnt. Könnte vielleicht vom Zibetöl stammen oder von der Virginiazeder, die auch darin enthalten sind. Aber egal. Der Duft ist jedenfalls nicht gekippt. Dafür bin ich es ;-). Vielleicht findet sich ja einmal ein Liebhaber dieses Duftes im Souk, wenn ich ihn irgendwann dort einstelle.

Aber beruhigenderweise gibt es auch alte Freunde die bleiben: Samsara, den schweren Orientalen von Guerlain, finde ich heute –auch reformuliert– noch wunderbar. Der rote Flakon, den es in meiner Erinnerung früher nur beim Extrait gab, ist wunderschön, das rot ist samtig und satt, der Duft ist meinem Empfinden nach einzigartig (aber ich bin nicht imstande, ihn zu beschreiben – an dieser Fähigkeit muss ich noch arbeiten!). Sprüht man ihn direkt ins Haar oder so, dass man direkt in den Duft hineingeht, so hält dieser wunderbare Exot viele Stunden und begegnet einem bei jeder Bewegung sanft wieder. Mit Idylle habe ich mir sogar eine neue Liebe ins Haus geholt. Ich trage ihn sparsam – auf diese Weise ist diese Liebe bis heute ungebrochen. So habe ich heute wenigstens noch zwei Guerlains bei mir!

Geht doch.

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