Intermalte
Duft und Gestank
vor 2 Jahren - 03.10.2022
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Der Anfang

Sich an einen Geruch zu erinnern, ist gar nicht so leicht. Selbst bei Gerüchen, die mir sehr vertraut sind, die ich häufig rieche, ist das schwer, wie schwer ist es dann erst bei Düften, die ich noch nicht einmal beschreiben kann. Und das sind die Gerüche aus der Kindheit, der Duft des Klassenzimmers in der Grundschule, das Haus der Großeltern, der ersten Freundin und der Duft des Hundeshampoos, mit dem meine Eltern ab und an versuchten, den Gestank aus Hundegeruch mit der Wildtierlosung, in der sich das Tier gewälzt hatte, zu entfernen. Das gelang nur partiell.

Es fällt mir schwer, mich dieser Düfte zu erinnern, aber manchmal, wenn mir ein ähnlicher Geruch in die Nase steigt, ist es, als wäre ich wieder dort. Alle Gefühle kommen wieder und ohne dass ich mich dagegen wehren könnte, bin ich wieder der Junge im Klassenzimmer oder der schüchterne Jugendliche, der verlegen den Arm um die erste Freundin legt.

Nun ist das nichts neues. Dass Gerüche sehr stark mit Erinnerungen verknüpft sind, ist bekannt. Interessant ist, dass wir für das was wir sehen und das was wir hören Möglichkeiten geschaffen haben, es aufzuzeichnen und die Erinnerung quasi zu konservieren. Beim Duft aber, wo es vielleicht am wichtigsten wäre, können wir das nicht. Wer sich jetzt fragt, wie das überhaupt funktionieren könnte, vielleicht meint, es sei unmöglich und ohnehin - wie sollte man denn wissen, wann man einen Duft aufzeichnen sollte, dem sei gesagt: Ähnliche Fragen wird man sich vor 150 Jahren bezüglich Bild und Ton gestellt haben - und es hat seine Zeit gedauert, bis diese Techniken nicht nur etabliert waren, sondern sich auch emanzipiert hatten.

Würde man heute über ein Gerät zur Duftaufzeichnung verfügen, ich glaube, die Menschen könnten im Handumdrehen damit umgehen. In einer Welt, in der Gerüche ohnehin in so vielen Bereichen zur Manipulation eingesetzt werden, wäre das eine Art Ermächtigung.

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