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vor 5 Monaten - 21.11.2023
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Kleine Reise in die Parfüm-Geschichte auf der Arabischen Halbinsel

إِذَا قَامَتَا تَضَوَّعَ المِسْكُ مِنْهُمَـا
نَسِيْمَ الصَّبَا جَاءَتْ بِرَيَّا القَرَنْفُلِ

„ […] Wenn sie vorbeiliefen, strömte von ihnen aus Moschusduft,
So wie die Morgenluft mit sich bringt Nelkenduft […]“.

Imru' al-Qais, geb. Anfang des 6. Jahrhunderts, gest. um 544 n. Ch.

Imru’ al-Qais, wie auch andere arabische Dichter, sprachen oft über Parfüm in ihren Gedichten und priesen die Schönheit der Frauen, die es trugen. Im zitierten Gedicht erwähnt Imru’ al-Qais die Frauen sogar namentlich.

Parfüm gilt als eines der authentischen arabischen Künste, die mit der antiken und modernen Geschichte der Arabischen Halbinsel verbunden ist. Das Parfum-Handwerk kannten die Araber schon in der vorislamischen Zeit. Es war eines der prestigeträchtigen Berufe, die nur von der Elite des Volkes ausgeübt wurden. Seine Bedeutung nahm mit dem Aufkommen des Islam zu. Die damalige arabische Überlegenheit in Chemie und Botanik, trug zur Entwicklung der Parfümindustrie und ihre Verbreitung auch außerhalb der arabischen Welt. Es gelang den Arabern, die ersten Destillationsmethoden zu entwickeln und verschiedene aromatische Kompositionen zu synthetisieren, die überregional gefragt waren. Ihre Kreationen wurden in speziellen Behältern abgefüllt und in die weite Welt (z.B. Indien, Persien, Römisches Reich) exportiert. Die Wurzeln dieser Kunst sind heute noch in der Golfregion durch Praktiken, wie tägliches Parfümieren und Räuchern von Weihrauch, deutlich sichtbar.

Der Süden der Arabischen Halbinsel ist seit der Antike für die Fruchtbarkeit seines Bodens und das reichliche Vorkommen von Myrrhe- und Weihrauchbäumen bekannt, die in der Gegend von Al-Schihr (Salalah, Oman) wachsen, weshalb er von antiken griechischen Historikern den Namen „Arabia Felix“, übers. „Glückliches/Fruchtbares Arabien“, erhielt. Der alexandrinisch-griechische Grammatiker und Reisende „Agatarshid“ (100 v. Chr.) beschrieb die Küsten des Südens der Arabischen Halbinsel folgendermaßen: „Sie duften nach Weihrauch und vermitteln dem Besucher ein unbeschreibliches Gefühl von Vergnügen und Freude.“ Solche Reiseberichte intensivierten das Bestreben einiger Führer (z.B. Alexander der Große) die Weihrauchgebiete zu erobern.

Funktionen von Parfüm

In der Vergangenheit hatte Parfüm eine religiöse Funktion, da es nur in Tempeln verwendet wurde. Während sein medizinischer oder therapeutischer Charakter bei den Griechen und Römern vorherrschte, wurde der Begriff Parfüm bei den Arabern im Sinne des sinnlichen Genusses von Gerüchen verstanden.

Weihrauchstraße

Die Reiserouten, die die Araber für ihren Handel nutzten, erhielten mehrere Namen, darunter „Die Weihrauchstraße“. Ihre Handelswege wählten sie je nach natürlichen und politischen Bedingungen. Den verfügbaren historischen Daten zufolge und anhand der von Archäologen entdeckten Orientierungspunkte, wurde die Gesamtstrecke auf 2560 km geschätzt. Die Araber dominierten seit der Antike die See- und Landhandelsrouten. Ihre Schiffe verließen den Hafen von Aden, einen der ältesten Häfen der Region, in Richtung Indien, um Gewürze, Parfüms und Heilkräuter von den Inseln des Fernen Ostens zu bringen. Anschließend wurden die importierten Waren in den selben arabischen Karawanen verfrachtet, die mit arabischem Weihrauch beladen waren, um sie über Land zum Hafen von Gaza und von dort in die Länder des Mittelmeerbeckens zu transportieren. Deshalb herrschte fälschlicherweise der Glauben, dass der Ursprung dieser Gewürze und Heilkräuter im südlichen Teil der Arabischen Halbinsel liegt. Wenn man über die Weihrauchrstraße spricht, sind in diesem Zusammenhang die winterlichen und sommerlichen Karawanenreisen zu erwähnen, die der Stamm der Quraisch jährlich unternahm. Sie zogen mit ihren Handelskarawanen bis nach Syrien, wo sie kostbare Rohstoffe, wie z.B. Oud, Myrrhe und Weihrauch  verkauften. Als Bewohner von Mekka und Hüter der Kaaba, konnten die Quraisch ungestört und in Sicherheit ihre winterlichen und sommerlichen Karawanenreisen durchführen.

Bekannte Parfüm-Märkte

Aufgrund der weit verbreiteten Verwendung von Parfüm und Räucherholz erlangten einige Märkte, auf denen Parfüm verkauft und exportiert wurde, Berühmtheit:

Der „Ukaz-Markt“, arab. «سوق عكاظ» - „Souk-Ukaz“, der als größtes Kultur- und Handelszentrum in Mekka und Hidschas galt und bis zu dem Jahr 766 n. Chr. bestehen blieb.
Der „Markt von Sana'a“, arab. «سوق صنعاء» - „Souk Sana'a“, der für den Verkauf von Safran, Farbstoffen und Parfüms bekannt war.
Der „Markt von Aden“, arab. «سوق عدن» - „Souk Adan“, der berühmt war für den Verkauf der feinsten Arten von indischen und chinesischen Rohstoffen und Parfümzutaten, wie Oud und Sandelholz sowie Amber aus Mogadischu.
Der „Markt von Asch-Schihr“, arab. «سوق الشّحر» - „Souk Asch-Schihr“, war bekannt für den Handel mit Weihrauch und Myrrhe sowie den feinsten aus dem Meer gewonnenen Arten von Schihari-Amber.
Der „Markt von Hajar“, arab. «سوق هجر» - „Souk Hajar“, der bekannt war für den Handel mit Amber und Moschus, die  über den Seeweg aus Indien zu dem Seehafen von Darien, westlich des Arabischen Golfs, befördert wurden. 
Auch die mit Parfüm beladenen Schiffe von König Chosrau liefen regelmäßig den Seehafen von Darien an und kehrten zurück, beladen mit Datteln, Kampfer, Weihrauch und Sandelholz.
Der „Markt von Oman“, arab. «سوق عُمان» - „Souk Oman“, war bekannt für den Handel mit Amber. Er blieb bis bis zum Jahr 809 n. Chr. bestehen.
Der „Markt von Daba“, arab. «سوق دبا» - „Souk Daba“, der als Ausfuhrmarkt für arabische Waren für den Fernen Osten galt. Er war bekannt für den Handel mit Moschus, Oud, Kostuswurzeln, Kampfer und Safran.

Die Bezeichnung „Drogisten-Markt“

Als der Parfümhandel in der abbasidischen Ära seinen Höhepunkt erreichte, wurden spezielle Märkte dafür eingerichtet mit dem Namen „Drogisten-Markt/Drogisten-Marktgasse“, arab. «سوق العطارين». Der berühmteste diese Märkte war der „Drogisten-Markt von Bagdad“, auf dem zahlreiche Arten von Parfüms und Arzneimitteln verkauft wurden. Historikern zufolge, belief sich die  Zahl der angebotenen Parfüms auf etwa 1400. 

Arabische Parfümeurinnen?

Üblicherweise war das Parfüm-Handwerk von Männern dominiert. Bemerkenswert ist jedoch, dass Frauen ebenso ihre Spuren deutlich in der arabischen Parfümerie hinterließen. Im Süden der Arabischen Halbinsel entdeckten arabische Archäologen Parfüm-Rezepturen, die in Steine und Felsen geritzt und auch mit Werkzeugen eingemeißelt wurden. Einige dieser Rezepturen wurden signiert, glücklicherweise sogar von Frauen.

Herstellung von Flakons und Räuchergefäßen

Die schnelle Ausbreitung des Parfüm-Handwerks und die Popularität der arabischen Düfte führten zu einem Aufschwung in der Herstellung von Flakons und Räuchergefäßen sowohl in Syrien als auch in Ägypten und erreichte seinen Höhepunkt während der Herrschaft der Ayyubieden und Mamluken. Parfümflaschen wurden aus dünnem, transparentem Kristall hergestellt, mit Gold verziert und mit einem Überzug aus Email versehen.
Kunstvolle Räuchergefäße wurden aus Kupfer mit Gold- und Silbertauschierungen gefertigt, während die aus reinem Gold den Reichen vorbehalten waren. Auch für die christliche Welt wurden Räuchergefäße hergestellt. Auf Wunsch wurden einige von ihnen mit Kreuzen verziert. In Krisenzeiten haben viele Araber wertvolle und hochwertige Kunstwerke aus Gold und Silber eingeschmolzen. Viele dieser Räuchergefäße sind deshalb im Laufe der Jahrhunderte verloren gegangen. Im südlichen Oman als auch im südlichen Jemen, insbesondere in „Ma'rib“, der Hauptstadt von Saba, und „Schabwa“, der Hauptstadt von Hadramaut, wurden alte Weihrauchgefäße gefunden, die mehr als 4.000 Jahre alt sind. Historische Hinweise darauf waren in gut lesbarem Altarabisch eingraviert und enthüllten Namen von Göttern, Personen und Parfüm-Arten, die für Geschenkzwecke verwendet wurden.

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