Parfüm ist meine Zeitmaschine
Ausgelöst von einem schönen Thema im Forum ("Wieviele Düfte nehmt ihr mit in den Urlaub?") kam mir der im Titel formulierte Gedanke.
Parfum ist meine Zeitmaschine. Oder mein Beamer (im Sinne von Star Trek).
Düfte lösen in mir extrem starke, sehr bildliche und emotionale Assoziationen aus mit Situationen, Orten und Ereignissen.
Ein Beispiel: Letztes Jahr im März war ich in Mexiko im Urlaub. Riviera Maya, ein wunderschönes Hotel mit Relaxen am Tag und Party in der Nacht - alles unter Palmen und karibischer Sonne. Dabei hatte ich Andy Tauers "Sundowner". Es reicht einmal Schnuppern am Flakon und ich höre sofort Latino Beats, schmecke Tequila und lächle, an die Bar gelehnt, meine große, charmante Urlaubsbekanntschaft an, der mich anschaut als wären Weihnachten und Geburtstag auf einen Tag gefallen.
Aufgefallen ist mir der Zeitmaschinen-Effekt das erste Mal vor etwa einem Jahr. Da hat meine Parfumleidenschaft angefangen und ich habe mich - möglichst systematisch, ja ich mag Excel-Tabellen & Listen - durch verschiedene Noten & Inhaltsstoffe geschnüffelt. Irgendwann bin ich bei Jasmin angekommen. Ich kann mich nicht an das genaue Parfum erinnern, dessen Abfüllung mir die erste duft-getriggerte Zeitreise beschert hat. Passiert ist folgendes: Öffnen, Sprühen, Handrücken an die Nase halten, tief einatmen und... Ich bin 6 Jahre alt, braun gebrannt und stehe auf einem Markt in Arles, einem Städtchen in der Provence. Meine Eltern und ich sind seit 2 Wochen in der Gegend. Die Stände um mich herum sind bunt und chaotisch. Ich verstehe kein Wort und trotzdem alles. Die Verkäufer bieten hier das ganze Leben an von Obst & Gemüse über Käse bis hin zu Klamotten und: Parfüm. Oder besser Öle, Seifen, Duftsäckchen und Potpourris, die die typischen Düfte von Provence & mediterraner Riviera einfangen. Ich rieche und rieche und rieche. An einem kleinen Glas-Flakon mit Rollkugel bleiben meine Nase und mein Herz hängen: Jasmin. Reiner, warmer, leicht seifiger Jasmin. Nach ein wenig Verhandeln mit meinem Papa kann ich diesen Schatz mein Eigen nennen. Ich lasse den kleinen Flakon mit dem goldfarbenen Öl nicht aus den Augen und rolle jeden Morgen ein wenig davon auf meine Handgelenke. Ich nehme ihn mit nach Hause - er bekommt einen Ehrenplatz in meinem Kinderzimmer.
Ich weiß nicht, was mit dem kleinen Flakon passiert ist. Irgendwann hat sich mein Kinderherz wahrscheinlich woanders hin orientiert. Der Duft ist aber geblieben, irgendwo in meinem Unterbewusstsein, um mich schließlich 33 Jahre später mit einer bezaubernden Wucht ins Arles von 1988 zu beamen.
Seit mir dieser Effekt bewusst geworden ist, stelle ich absichtlich solche Duft-Assoziationen her. Besonders gern mit Urlauben. In 2 Tagen geht es nach Thailand, wo ich meine erste Tauchsafari machen werde. Mit ins Gepäck kommt Guerlains Terracotta. Auf den ersten Blick einfach nur ein Urlaubsduft, klar. Aber ich weiß jetzt schon dass er für mich der Duft DIESES speziellen Urlaubs werden wird. Dank der magischen Zeitmaschine Parfüm werde ich mich in den kommenden Jahren auf die Inseln der Andamanensee beamen können, wann auch immer ich will.