Rocky Man

Kakuska
20.02.2022 - 09:11 Uhr
5
1
Preis
1
Flakon
8
Haltbarkeit
1
Duft

"Bocky"

Jeanne Arthes, die Herstellerfirma von Rocky Man, ist Teil der Arthes-Gruppe, einem französischen Parfümunternehmen mit Sitz in Grasse. Nach seiner Gründung 1978 vermarktete das Unternehmen seine Duftstoffe und erzielte zu Beginn der Achtziger mit dem Millionenseller Cobra - an den sich vor allem die nicht mehr ganz so Jungen unter uns erinnern werden - einen ersten großen Erfolg, der es ihm ermöglichte, sich zwischen 1987 und 1995 mehr und mehr mit eigenen Produktionsstätten in Grasse niederzulassen. Cobra, ein auf Parfumo bislang wenig beachtetes und derzeit nur bei einer unverdient schwachen Bewertung liegendes blumig-orientalisches Damenparfüm, kann als Vorläufer von Diors Poison gelten und war zu recht sehr erfolgreich - ungeachtet seiner äußerlich nicht eben ansprechenden Aufmachung ein wahrer Duft für Diven!

Derart Gutes lässt sich über Rocky Man nicht sage. Dennoch war der Duft, habe ich mir sagen lassen, jedenfalls bis Anfang der Neunziger in den Staaten sehr erfolgreich. Es handelt sich, schenkt man der Kategorisierung von Fragrantica Glauben, um einen aromatisch-holzigen Duft; jedoch habe ich dank der, ähem, Großzügigkeit einer auf Anonymität Wert legenden Parfuma heute einen Selbstversuch starten können und rieche den Einfluss holziger Noten - Sandel- und Zedernholz - überhaupt erst sehr spät im Duftverlauf. Die ganze Zeit über wirkt der Duft, um es in aller Deutlichkeit zu schreiben, wie ein billiges Aufreißerwässerchen, das zeitlich vermutlich - ein genaues Erscheinungsjahr konnte ich nicht Erfahrung bringen - einen Versuch darstellt, im Kielwasser des Cobra-Erfolges an dem großen Erfolg der Rocky-Balboa-Boxer-und-Milieu-Filme finanziell zu partizipieren. Mit dem titelgebenden Slumboxer Rocky Balboa hat Rocky Man nur Kampfgeist und Ausdauer gemeinsam - einmal auf der Haut, helfen auch Schrubben und Desinfektionsspray nicht, RM bleibt zumindest bei mir so zäh, anhänglich und draufgängerisch wie Rocky in der Schlussrunde des Moskauer Kampfs gegen Ivan Drago. "Ärrst wänn ärr dodd ist ist ärr dodd!"

Diese Ausdauer, die auf nicht eben hochwertige Inhaltssoffe schließen lässt, steht meinem Wunsch entgegen, dieses Machwerk so schnell wie möglich zu vergessen. Schon direkt nach dem Aufsprühen lässt mich die Kopfnote das Gesicht verziehen, ein penetrant zitruswürziger (Basilikum?) und schon jetzt mit ordentlich Moschus unterlegter Geruch steigt mir in die Nase, der bei nicht einmal bei sechzehnjährigen Highschoolabsolventinnen Anfang der Achtziger gut angekommen sein wird – anders vermutlich als bei ihren gleichaltrigen Abschlussballpartnern, die diese Moschusbrühe als Büchsenöffner in der Hoffnung auf einen Vorcollegeabschuss reihenweise eingesetzt haben sollen. Die an einen muskulösen Männeroberkörper erinnernde Flakonform, die mit einer Pettingszene bedruckte Umverpackung und der im Duftverlauf immer stärker werdende Moschuseinfluss, der gegen Ende holzige Noten nur erahnen lässt, werden denn auch nicht gerade eine Testosteronreduzierung bei der Zielgruppe von RM bewirkt haben!

Bei einer solchen Zielgruppe und deren Einsatzzweck hätte RM eigentlich ein wenig anders heißen müssen. Mit etwas, nun ja, Nachhilfe bis ins Kollektivbewusstsein bei Wikipedia gedrungen ist der Umstand, dass der Rocky-Balboa-Schöpfer und Darsteller Sylvester Stallone sich in jungen Jahren – 1970, sechs Jahre vor dem ersten Rocks-Erfolg - aus schierem Geldmangel als Darsteller in dem Sexfilm „The Party at Kitty and Stud´s“ verdingt hat. Wie es mit Jugendsünden nun einmal ist – irgendwann holen sie einen ein, und so wurde – das ist viel weniger bekannt - „The Party at Kitty and Stud´s“ nach den ersten zwei Rocky-Erfolgen aus dem Schmuddelkiste hervorgezogen, etwas entstaubt, unter dem Titel „Bocky“ neu aufgelegt und mit dem sinnig-griffigen Slogan „Der italienische Deckhengst zeigt wo der Hammer hängt“ (Interpunktion original) beworben. „Bocky“ hätte als Name für RM gepasst wie der Hintern auf den Eimer!
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