Von Harzen und hartzen

Liebe Parfum-Freunde, ich muss jetzt wirklich endlich mal was loswerden:

Seit ich hier auf euren heiligen Seiten täglich herum flaniere und erst recht seit ich durch die Pandemie und deren Einschränkungen dem duftenden Hobby komplett verfallen bin, brennt mir dieser Text auf der Seele und möchte raus.

Was mich nämlich am meisten an Parfumo begeistert und fasziniert, ist die Verbindung und der Austausch zwischen den verschiedensten Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen. Die gemeinsame Liebe zu unserer sinnlichen Leidenschaft bringt uns hier zusammen und ich bin einfach sehr berührt dadurch.

Da gibt es die einen, die sich (vielleicht) noch nie über ihre Ausgaben Gedanken machen mussten, keine materiellen Einschränkungen kennen und schon als Teenager jeden Duft riechen und besitzen konnten, den sie sich wünschten, ihren Gefühlen und Gelüsten diesbezüglich immer frei und entspannt folgen konnten und ihren eigenen Stil somit schon seit Jahrzehnten beobachten und entwickeln können. Die vielleicht auch Zugang haben zu völlig abgefahrenen Duft-Kunstwerken, die die meisten von uns sich kaum vorstellen können.

Oder solche, die sich aus Entbehrungen freigekämpft haben und jetzt durch ihr Tun und Wirken die Welt mit bereichern und sich nach getaner Arbeit mit edlen Essenzen belohnen.

Oder eben solche, die sich durch verschiedenste Schwierigkeiten, Widrigkeiten, Krankheiten oder Behinderungen gerade nicht gewinnbringend einbringen konnten oder können auf dem Arbeitsmarkt oder die vorübergehend eben nicht aus dem großen Füllhorn schöpfen können, weil die Krise oder heftige persönliche, familiäre Prozesse ihren Tribut fordern und alles im Umschwung ist.

Diese verschiedensten Menschen treffen sich hier und tauschen sich liebevoll aus. Unabhängig von Status und Hintergrund verbindet sie der Kontakt zum Unterbewusstsein, zum limbischen System das keine Klassen und Lohnabrechnungen kennt, sondern nur die Liebe zum schönen Wohlgeruch und dem, was er in uns auszulösen vermag. Sie freuen sich gemeinsam wie Kinder über fantasievolle, künstlerische Düfte und Flakons, sie lassen sich beflügeln von Sehnsüchten und Erinnerungen, sie werden plötzlich rasend süchtig und verrückt nach einer bestimmten Duftnote oder sie lassen sich still berühren von einer tiefen Vertrautheit, wie sie uns nur ein ganz bestimmter Duft zu geben imstande ist.

Wie oft habe ich gedacht: Wow, vielleicht haben einige hier gerade nicht viele Mittel, aber durch diese Möglichkeit des Austauschs im Souk kommen auch wir in den Genuss, olfaktorisch von Düften zu kosten die uns sonst niemals unter den Riechkolben kommen würden, die einen echt umhauen können und Bewusstseins-Fenster öffnen, die neue, wilde, intergalaktische, zärtliche oder durchgeknallte Träume erlauben von denen man vorher nie dachte, dass es sie überhaupt gibt.

Menschen so unterschiedlicher Herkunft treffen sich so weit ab von kulturellen, finanziellen oder gesellschaftlichen Konventionen, dass wir hier quasi ein Sub-Universum bilden für das ich unendlich dankbar bin. Das wollte ich eigentlich sagen: DANKE PARFUMO, dass wir hier auf eine angenehme Art alle gleich sind, vor unserer Liebe zum Genuss der Düfte. Das macht mich sehr glücklich.