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Wechselwirkung

Mit erheblichem Verzug möchte ich der Diskussion um die Möglichkeit einer Beeinflussung der Interpretation/Wahrnehmung von Riechstoffen eine (redundante?) Anregung/fixe Idee anfügen/zumuten:

Wechselwirkungen von Riechstoffen könnten die unterschiedliche Wahrnehmung von Parfüms abhängig vom Träger erklären.

Meiner Vermutung nach, und dies bitte nicht mißverstehen, es geht hier um eine gedankliche Spielerei, wird der Einfluss von additiven, synergetischen und antagonistischen Effekten bei der Wahrnehmung von Gerüchen unterschätzt.
Es scheint nämlich nicht nur entscheidend zu sein, in welcher Konzentration ein Riechstoff in einer Mischung vorliegt [8] und welche Intensität und Wahrnehmungsschwelle er hat, sondern welchen Effekt er verursachen kann.

Quantitative (Intensität, Wahrnehmungsschwelle) Merkmale von Riechstoffen können abhängig sein von [1], [2]:

  1. Konzentration (des Riechstoffs (im Medium))
  2. Temperatur
  3. Luftfeuchte
  4. Ihrer Kombination mit anderen Riechstoffen
    Die Wahrnehmungsschwelle von zwei Riechstoffen kann in Mischungen beeinflusst sein.
  • Unabhängig: keine Beeinflussung
  • Subtraktiv: Erhöhung der Wahrnehmungsschwelle beider Riechstoffe
    "Mischung der Schwellenkonzentration zweier Stoffe wird als geruchlos empfunden"Kreuzadaptionen können die Wahrnehmungsschwelle von Riechstoffen derart heben, daß in der Wahrnehmung einer Mischung andere Riechstoffe dominant werden. [3]
    Beispiel: Furaneol hebt die Geruchsschwelle von beta-Damascenon auf das 100fache an.
  • Additiv: Senkung (Halbierung) der Wahrnehmungsschwelle beider Riechstoffe
  • Synergetisch: Senkung der Wahrnehmungsschwelle in einem Maß, das nicht mehr durch eine additive Verstärkung erklärbar ist. Synergist (verstärkender Stoff) kann sogar ein in der Mischung geruchloser Stoff sein.
    Beispiel: Benzylalkohol in Jasminöl

Qualitative (Geruchsnote) Merkmale von Riechstoffen und Mischungen können abhängig sein von:

  1. Konzentration (des Riechstoffs (im Medium)) [1], [4]
    Beispiel: Scatol riecht in geringen Konzentrationen jasminartig, in hohen fäkal
  2. Ihrer Kombination mit anderen Riechstoffen [5]
    Per Adaption kann ein Riechstoff die Geruchsqualität eines anderen verändern.
    Beispiel: beta-santanol kann die holzige Note von beta-iononen unterdrücken, so daß dessen veilchenartige Geruchsnote hervortritt.

Der menschliche Körper emittiert eine nicht unerhebliche Anzahl unterschiedlicher Verbindungen :

  • Sekrete Apokriner Schweißdrüsen enthalten über 300 Verbindungen [6].
  • Im Atem lassen sich ca. 3000 unterschiedliche Verbindungen per Gaschromatographen feststellen [7].
  • Darmgase entweichen dem menschlichen Körper (Flatus, Atem und Diffusion über die Haut).


Um festzustellen, ob vom menschlichen Körper überhaupt Stoffe abgegeben werden, die einen der oben genannten synergetischen oder additiven Effekte haben, fehlen hier selbstverständlich diverse Tabellen wie eine möglichst vollständige Zusammenstellung der Wechselwirkung von Riechstoffen untereinander, den Riechstoffen der "Emissionen" des menschlichen Körpers (Atem, Darmgase, Zersetzungsprodukten auf der Haut etc.).
Und natürlich wäre eine Versuchsreihe zauberhaft, um dem Thema mal eine überprüfbare Grundlage zu verschaffen.


Quellen:
[1] "Taschenbuch der Riechstoffe", Roland Hartwig, Dieter Martinetz, 1998, ISBN:3-8171-1539-3, S. 172[4] "Riechstoffe, zwischen Gestank und Duft", Wolfgang Legrum, ISBN-10: 3834812455, S. 45f
[2] "Scent and Chemistry – The Molecular World of Odors", Günther Ohloff, Wilhelm Pickenhagen, Philip Kraft, Verlag Helvetica Chimica Acta, Zürich, 2011, ISBN 978-3-906390-66-6, S. 48, S. 216
[3] "Riechstoffe, zwischen Gestank und Duft", Wolfgang Legrum, ISBN-10: 3834812455, S. 43f
[4] "Riechstoffe, zwischen Gestank und Duft", Wolfgang Legrum, ISBN-10: 3834812455, S. 45f
[5] "Scent and Chemistry – The Molecular World of Odors", Günther Ohloff, Wilhelm Pickenhagen, Philip Kraft, Verlag Helvetica Chimica Acta, Zürich, 2011, ISBN 978-3-906390-66-6, S. 39
[6] "Riechstoffe, zwischen Gestank und Duft", Wolfgang Legrum, ISBN-10: 3834812455, S. 57
[7] "Riechstoffe, zwischen Gestank und Duft", Wolfgang Legrum, ISBN-10: 3834812455, S. 61

[8] http://www.parfumo.de/Benutzer/Ronin/Blog/Eintrag/Mythos_Hautchemie Argument 5e


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