1+1=200
Bevor ich der Parfümwelt verfiel, war ich stets eine stolze Besitzerin eines einzelnen Parfüms, welchen ich mindestens 5 Jahre lang treu blieb. Dieses bewegte sich in einer Preisklasse zwischen 50€ und 80€, wobei der Höchstpreis ausschließlich unter Verwendung von Gutscheinen oder Aktionsrabatten bezahlt wurde. Ich meine, wer zahlt schon einfach mal 80€ für ein Duftwässerchen? Und dann geschah es: Du, ich hab mir da ein Paar Abfüllungen zusammenstellen lassen, bringe ich heute nachmittag mit, mal sehen wie du sie findest? Die Whatsapp-Nachricht einer Freundin, die mich aus meiner gewohnten Biosphäre ein für allemal heraus reissen sollte. Die Kafferunde endete für mich mit der Frage: Warum zum Teufel gibt eine Frau mit einem Wirtschaftsdiplom so viel Geld für Probiergrössen von Düften aus, deren Namen an Protagonisten aus einer polnisch-isländischen Soap-Oper erinnern? Dieses Rätsel liess mich tagelang nicht los. Ich musste es lösen! „Ich hab da was, was Dir gefallen würde!“ frohlockte die Freundin augenzwinkernd, als ich sie unter dem Vorwand kontaktierte, dass mein Fünfjahreplan nun erfüllt und es an der Zeit sei, mich um ein neues Eau de wasauchimmer zu kümmern. Zu Hause angekommen sprühte ich nahezu den gesamten Inhalt auf meine Haut…. Plötzlich erlebte ich, etwas, was ich zuvor von meinen Düften nicht kannte: Mehrere für sich einzigartige und im Zusammenspiel sich ergänzenen Aromen erwachten zum Leben. Sie bewegten und veränderten sich, jedes Einatmen bescherte mir immer neue Eindrücke. Das ganze Spiel dauerte mehrere Stunden. Wie besessen ergriff mich der Gedanke, dass es nicht aufhören darf. Leider war der Zerstäuber nun leer. Ich versuchte mit meiner Nase die letzten Moleküle rauszuschnüffeln.
Einige Tage später mit rasendem Herz beobachtete ich, wie die Verkäuferin das elegant verpackte Fläschchen in die Papiertüte versenkte und einen ruinösen dreistelligen Betrag dafür verlangte. Keine Rabatte auf Nischenprodukte, äußerte sie achselzuckend.
Zu Hause angekommen, präsentiere ich meinem Freund voller stolz meine Errungenschaft. Ich berichtet auch von der Freundin sowie der parallel existierenden Paralleluniversum, in dem die Regale ihrer Besitzer mit hunderten Parfümflakons und Proben prahl gefüllt sind. Ich sei aber schon mit diesem einen Schätzchen überglücklich.
Mein Freund stimmte mir augenzwinkernd zu: „Na klar!“
Jetzt bin ich aber neugierig, um welchen Duft es sich gehandelt hat.