SpiroErgoSum
SpiroErgoSums Blog
vor 7 Jahren - 01.12.2016
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Größenwahnsinns fette Beute...

... bin ich, der ich, nicht vom Fach, mit Rohstoffen nicht vertraut und seit heute erst dabei, fröhlich eine Duftmarke setze.

Aber warum nicht? Ohne Nase geht es nicht, ohne Händchen auch nicht: Die besten Kommentare, die ich auf Euren Seiten finde (ich lese seit zwei, drei Jahren immer mal wieder genussvoll mit), zeichnen sich dadurch aus, dass sie gut geschrieben sind. Mit Händchen, nicht nur mit Näschen. Über Parfüm zu schreiben, ist schwer, und der erste Grund ist simpel: Gut zu schreiben, puh, ist schwerer, als selbst Schreibende glauben. Geht es um Unfassliches, wie das bei Düften der Fall ist, potenziert sich (zweiter Grund) diese Schwierigkeit. Alle Hüte gezogen vor jenen, denen es trotzdem gelingt.

Ich werde mich nicht anheischig machen, dafür verstehe ich viel zu wenig von der Sache. Statements gern; vielleicht auch, später, Kommentare; aber ohne Ambition, die Duftwelt erklären zu wollen. Allen, die es hervorragend können, sei's in aller Bescheidenheit mit frischfrohem Größenwahn zur Ermunterung dennoch gesagt: Gebt Euch Mühe, es lohnt sich; es gibt Leute, die es zu würdigen wissen. Und wie könnte es gehen?

Sprachfantasie ist gefragt. Es muss nicht immer ein "Bursche" sein, der angenehm oder ungekonnt duftet, auch nicht immer "durchaus" so einer. Vielleicht gibt es Bilder und Adjektive, die zu erfinden nützlich ist? Und wer kundig verreißt, wie es bei Euch geschieht (manchmal eindrucksvoll), fühle sich animiert, es mit Stil zu tun: Wenn schon der Duft nicht Lust macht und man es weitersagen will, dann doch am liebsten so, dass es mit Lust zu lesen ist. (Damit der Verriss sich nicht selbst dementiert.)

Das die eine Sache. Die andere: Dies ist, scheint mir, ein im Grundsatz (nicht jederzeit im konkreten Umgang) sehr freundliches und demokratisches Forum. Man muss nicht gut schreiben können und nicht Parfumeur sein, um sich hier äußern zu dürfen. Gut so, das ist großartig! Umso wichtiger scheint (mir) zu sein, dass möglichst allen Respekt gilt; denen, die sonst vor Schwellenangst stumm bleiben oder aggressiv um sich schlagen; aber auch den Anspruchsvolleren, die kundig(er) sind. Wer Düfte kritisiert, setzt dadurch nicht zugleich jene herab - sollte auch nicht diesen Eindruck erwecken -, die solche Düfte lieben. Er oder sie hat ein Recht darauf, anspruchsvoll zu sein: Ansprüche zu haben, Kenntnisse - das ist nicht per se Snobismus. Es ist eine leidige Sache, wenn, wer Bach liebt, sich rechtfertigen soll gegenüber denen, die's mit Helene Fischer halten. Never ever.

Es prüfe sich umgekehrt jede und jeder Nischenetagenbewohner, wieviel am Schöner-Wohnen-Feeling sich zuletzt guter Reklame verdankt, die andere sich ausgedacht haben, um dem Distinktionsbedürfnis zu schmeicheln, mit dem die Marketingmaster so virtuos-eisescool spielen. Esprit du Tigre, zum Beispiel - zweifellos interessant und ganz bestimmt ein Riecherchen wert, am Ende vielleicht auch Liebe, wer weiß. Aber beide Hände aufs Herz, liebe Duftelitisten: Derselbe Stoff, brauner Plastikflakon, unteres Drogeriemarktregal, Name "Carea for men extrastrong", 100ml für 12,99 - wie fällt das Urteil aus? Hände aufs Herz: wie? Ist es toll geschrieben, das Urteil - dann (fast) egal wie. Aber nur dann, oder?

Ansonsten gilt: Trau, schau wem. Das Auge riecht mit, man muss immer dran denken, nicht nur in den Agenturen. So spricht denn der Größenwahnsinnige: Eigene Sprache suchen, eigene Fantasie anwerfen, tief in den eigenen Körper lauschen... Hat ja mit sonst (fast) nichts zu tun, das Mirakel namens "Duft".

Kann aber auch sein, dass all die Worte zu viel der Ehre sind. Sowieso für den größenwahnsinnigen Schreiber. Dann auch für eine Sache, die schön ist - aber in manchen Momenten frivol luxuriös. Und sowieso für einen Markt, der ohne Scham gemolken wird, weil er sich melken lässt. Schon 80.000 Düfte! Allein hier!

Wären nicht 800 genug? 8.000 vielleicht?

Nur mal so eine Frage, ohne das Spiel verderben zu wollen. Gestellt aus reinem Größenwahn.

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