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Top Rezension
Humorlos und melancholisch, aber dennoch schön
Die zwölfte Stunde - eine mysteriöse?
Nun gut, es kann nicht zwölf Uhr Mittags gemeint sein – kein ‚High Noon’, keine im Zenit stehende Sonne weit und breit, ganz im Gegenteil: ‚L´Heure Mysterieuse’ ist ein dunkler Duft, durch und durch. Von wenigen grünen und floralen Aspekten einmal abgesehen, die den Duft wie Wetterleuchten durchblitzen, verbreitet er augenblicklich eine Aura tiefer Schwärze. Allerdings keine kühle, trockene Schwärze, eher eine feuchte, samtene.
Ein bisschen, als habe sich jemand in dunklem Gewand zur mitternächtlichen Messe in einer von Weihrauch und den Duftschleiern einiger Blumenbouquets durchwölkter Kirche auf eine Bank niedergelassen, die kurz zuvor mit frischer Leinöl-Firnis behandelt wurde.
Er wird diese an seinen Kleidern haftenden Aromen mit sich in die Dunkelheit nehmen, und genau sie sind es, die den Duft charakterisiert: aromatisch-würziger Rauch, süßlich-klebrige Harze und zaghafte Blüten-Nuancen. Sie verleihen dem Duft etwas fast Gummi-artiges, ein wenig in Richtung Bulgaris ‚Black’ Gehendes, nur nicht gar so Süßes. Doch etwas Süße ist schon da, gleich zu Beginn: die Süße des Elemi-Harzes, das an den Geruch frisch abgestreifter Kiefern-Nadeln erinnert, nur etwas balsamischer, wärmer, weniger koniferisch.
Der Duft dieses Harzes geht eine wunderbare Allianz mit kräftigem Weihrauch ein, deren Zusammenklang eine beinahe Menthol-artige Facette offenbart. Inmitten dieses dominanten Akkordes: ein immer wieder aufscheinender Hauch seltsam un-indolischen Jasmins. Der Blütenduft ist zwar da, aber irgendwie seines oftmals schwer erträglichen Untertones beraubt, der häufig etwas süßlich Verwesendes assoziieren lässt.
Vielleicht aber verbirgt sich dieses ‚Odeur’ auch nur hinter einem leisen, aromatisch-würzigen Akkord von etwas Muskatnuss und einer Prise Koriander – beide fast nicht isolierbar. Nur wenn man weiß, dass sie in der Komposition enthalten sein sollen, könnte man meinen sie entfernt zu erahnen.
Beide Facetten des Duftes, die florale und die würzige, sind derart gut in den rauchig-harzigen Grundton integriert, dass sie allenfalls eine untergeordnete Funktion ausüben, nämlich jene, den Duft im Hintergrund zu bereichern und zu weiten – in keiner Phase des Duftverlaufes drängen sie sich in irgendeiner Weise in den Vordergrund.
Der ganze Duft an sich drängt sich nicht in den Vordergrund – da ist nichts Lautes, Frisches, Erheiterndes, nur eine unaufdringliche, schwere Melancholie, ein Verschattet-Sein des Gemüts. So bleibt der Duft auch recht nahe am Träger, und selbst frisch aufgesprüht entwickelt er keine raumfüllenden Potenzen. Dafür bleibt er lange und mit einer gewissen Eindringlichkeit in näherem Radius erkennbar.
Viele Stunden nachdem dieser harzig-rauchige Duft seine mysteriös-traurige Aura verbreitet hat, nehmen warme, versöhnlichere Töne zu und eine feine Grundsüße, im Zusammenklang mit weichen Patchouli-Noten, lassen ihn zu einem cremigen Hautduft werden, an dem zu schnuppern immer wieder Spaß macht, so delikat ist er.
Alles in allem hat Mathilde Laurent mit ‚L´Heure Mysterieuse’ einmal mehr einen exquisiten, ziemlich melancholischen Duft, mit fein ambrierter Basis komponiert (es blitzt doch immer wieder ihre gute alte Guerlain-Schule durch), doch man muss schon ein ernster, zu Humorlosigkeit und Traurigkeit neigender Typ sein, um diesen Duft als adäquat für die eigene Person empfinden zu können.
Meinem Temperament und Selbstempfinden entspricht der Duft in keiner Phase, und so halte ich es lieber mit einer anderen, ebenso von Weihrauch und Elemiharzen dominierten, aber vor hintergründig, frivol-erotischer Vibes geradezu vibrierenden Kreation: Damien Bashs ‚Parfum Lucifer 3’.
Das ist nicht nur mysteriös, sondern auch noch unglaublich sanguinisch – teuflisch eben.
Nun gut, es kann nicht zwölf Uhr Mittags gemeint sein – kein ‚High Noon’, keine im Zenit stehende Sonne weit und breit, ganz im Gegenteil: ‚L´Heure Mysterieuse’ ist ein dunkler Duft, durch und durch. Von wenigen grünen und floralen Aspekten einmal abgesehen, die den Duft wie Wetterleuchten durchblitzen, verbreitet er augenblicklich eine Aura tiefer Schwärze. Allerdings keine kühle, trockene Schwärze, eher eine feuchte, samtene.
Ein bisschen, als habe sich jemand in dunklem Gewand zur mitternächtlichen Messe in einer von Weihrauch und den Duftschleiern einiger Blumenbouquets durchwölkter Kirche auf eine Bank niedergelassen, die kurz zuvor mit frischer Leinöl-Firnis behandelt wurde.
Er wird diese an seinen Kleidern haftenden Aromen mit sich in die Dunkelheit nehmen, und genau sie sind es, die den Duft charakterisiert: aromatisch-würziger Rauch, süßlich-klebrige Harze und zaghafte Blüten-Nuancen. Sie verleihen dem Duft etwas fast Gummi-artiges, ein wenig in Richtung Bulgaris ‚Black’ Gehendes, nur nicht gar so Süßes. Doch etwas Süße ist schon da, gleich zu Beginn: die Süße des Elemi-Harzes, das an den Geruch frisch abgestreifter Kiefern-Nadeln erinnert, nur etwas balsamischer, wärmer, weniger koniferisch.
Der Duft dieses Harzes geht eine wunderbare Allianz mit kräftigem Weihrauch ein, deren Zusammenklang eine beinahe Menthol-artige Facette offenbart. Inmitten dieses dominanten Akkordes: ein immer wieder aufscheinender Hauch seltsam un-indolischen Jasmins. Der Blütenduft ist zwar da, aber irgendwie seines oftmals schwer erträglichen Untertones beraubt, der häufig etwas süßlich Verwesendes assoziieren lässt.
Vielleicht aber verbirgt sich dieses ‚Odeur’ auch nur hinter einem leisen, aromatisch-würzigen Akkord von etwas Muskatnuss und einer Prise Koriander – beide fast nicht isolierbar. Nur wenn man weiß, dass sie in der Komposition enthalten sein sollen, könnte man meinen sie entfernt zu erahnen.
Beide Facetten des Duftes, die florale und die würzige, sind derart gut in den rauchig-harzigen Grundton integriert, dass sie allenfalls eine untergeordnete Funktion ausüben, nämlich jene, den Duft im Hintergrund zu bereichern und zu weiten – in keiner Phase des Duftverlaufes drängen sie sich in irgendeiner Weise in den Vordergrund.
Der ganze Duft an sich drängt sich nicht in den Vordergrund – da ist nichts Lautes, Frisches, Erheiterndes, nur eine unaufdringliche, schwere Melancholie, ein Verschattet-Sein des Gemüts. So bleibt der Duft auch recht nahe am Träger, und selbst frisch aufgesprüht entwickelt er keine raumfüllenden Potenzen. Dafür bleibt er lange und mit einer gewissen Eindringlichkeit in näherem Radius erkennbar.
Viele Stunden nachdem dieser harzig-rauchige Duft seine mysteriös-traurige Aura verbreitet hat, nehmen warme, versöhnlichere Töne zu und eine feine Grundsüße, im Zusammenklang mit weichen Patchouli-Noten, lassen ihn zu einem cremigen Hautduft werden, an dem zu schnuppern immer wieder Spaß macht, so delikat ist er.
Alles in allem hat Mathilde Laurent mit ‚L´Heure Mysterieuse’ einmal mehr einen exquisiten, ziemlich melancholischen Duft, mit fein ambrierter Basis komponiert (es blitzt doch immer wieder ihre gute alte Guerlain-Schule durch), doch man muss schon ein ernster, zu Humorlosigkeit und Traurigkeit neigender Typ sein, um diesen Duft als adäquat für die eigene Person empfinden zu können.
Meinem Temperament und Selbstempfinden entspricht der Duft in keiner Phase, und so halte ich es lieber mit einer anderen, ebenso von Weihrauch und Elemiharzen dominierten, aber vor hintergründig, frivol-erotischer Vibes geradezu vibrierenden Kreation: Damien Bashs ‚Parfum Lucifer 3’.
Das ist nicht nur mysteriös, sondern auch noch unglaublich sanguinisch – teuflisch eben.

