Eau Rose 2012 Eau de Toilette

Beatephmc
05.02.2015 - 12:23 Uhr
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Top Rezension
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Duft

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose...

Diptyque´s Eau Rose ist in meinen Augen ein ganz einzigartiger, wundervoll runder, in seiner feinen Komplexität vor allem wahrhaftiger, "idealer" Rosenduft. Für mich entspricht er der (imaginären) Kreuzung einer hellrosa luftig-feinen Rosa Centifolia (z.B. dem Original oder Maiden´s Blush) mit einer karminroten, elegant-fruchtigen Rose de Resht (einer Rose fast ohne Dornen, wie passend!), und dem göttlichen Zestenstart einer englischen "Graham Thomas" - dreier meiner Lieblingsduftrosen.
Und das Wundervolle daran ist - es gibt meines Wissens nach keine Rose, die tatsächlich alle diese Duftkomponenten auf sich vereint. (Falls mich hier jemand eines Besseren belehrt, gerne! Dann bau ich meinen Garten um und pflanz sofort drei Hektar davon an.) Für mich ist aber genau dieses Kunststück bei Diptyque gelungen - die Kreation meines persönlichen "Best-Of", eine Kombination genau der Nuancen, die ich an den zahllosen Duftrosen am meisten liebe. Und dabei wirkt dieser immer wieder präsente Rosenumhang vollkommen natürlich, ohne jede kitschige Überzeichnung.

Ich möchte niemandem zu nahe treten, aber meiner Meinung nach wird Eau Rose von vielen grandios unterschätzt, wird er doch in vielen Kritiken (besonders außerhalb des Forums) als eindimensional oder unspektakulär bezeichnet.
Ich liebe diesen Duft, obwohl ich mich nicht gerade für anspruchslos halte, was Rosendüfte anbelangt. Ich habe mich einige Jahre lang äußertst intensiv mit Rosen befaßt - natürlich ist man dann dem Thema rettungslos verfallen... Nichts kann mich so begeistern wie ein perfekt gemachter Rosenduft! Deswegen zieht es mich aber auch eher zu den geradlinigeren Soliflores, den Rosendüften, die die Rose selbst möglichst komplex und natürlich nachbilden, in denen nicht die Umgebung oder das Bouquet die größte Rolle spielen.

Vielleicht ist L´Ombre dans l´Eau (ebenfalls Diptyque) für komplexere Rosenbilder ein gutes Beispiel - dieses duftende Ölgemälde mag ich ebenfalls sehr. Aber hier nehme ich eher das dunkel mystifizierte Gesamtbild einer Rose am Wasser wahr, sehr humid und moosig grün. Ein starkes Bild von der Rose in ihrer Umgebung, nicht das der Rose selbst. Auch hier spielt ja Cassis eine große Rolle, jedoch ist er hier wohl eher für den feuchtgrünen Blattakkord in Herz und Drydown zuständig - während beim L´Eau Rose die fruchtige Beerennote eine runde Süße und Vollmundigkeit in der Kopfnote bewirkt. (Fasziniert mich immer wieder, daß man das so steuern kann.) Die Bergamotte verhindert dazu sehr wirksam, daß der Duft ins kitschig Pinke abrutscht (das Drama bei Lipstick Rose, wie ich finde, aber wohl natürlich dort auch so beabsichtigt.)

Ich habe außerdem selten einen gelungeneren, weicherern Übergang in den wunderschönen, haltbaren Drydown geschnuppert. Großartig, ehrlich. Dieser Zeder-Honig-Akkord ist dort in meinen Augen einfach nicht zu toppen. Zudem hält das L´Eau auf meiner duftfressenden Eidechsenhaut so um die 6 Stunden, was ich für ein EDT recht üppig finde.

Diese Rose ist weder hip noch ladylike, nicht opulent-dunkel oder samtig, nicht laut und erst recht nicht old-fashioned. Es ist meine persönliche Gertrude Stein- Rose. ("...eine Rose ist eine Rose ist eine Rose.") In diesem Fall: "...meine Rose ist meine Rose ist meine Rose." Authentisch, mit einer feinen Komplexität, auf die man sich einlassen muß. Die bei Weitem nicht so deutlich ist wie die starken Bilder, die z.B. von L´Ombre dans L´Eau kreiert werden. Aber dafür erweckt dieser Duft das Bild meiner persönlichen, imaginierten Idealrose - einer fein changierenden Dauer im Wandel. Eau Rose repräsentiert für mich die Königsklasse der Parfumerie: das Parfum als Musterbeispiel für Emergenz - einer Gesamtheit, die so viel größer ist als die Summe ihrer Teile.

Falls dieser Kommentar übrigens dämlich ist, bitte ich herzlich um mildernde Umstände. Das war mein erster und bis zur Emergenz ist es nun mal ein weiter Weg... =;o))
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