Orris Tattoo/29 von Parle Moi de Parfum

Orris Tattoo/29 2018

Oolong11
08.12.2024 - 12:34 Uhr
7
7
Preis
7
Flakon
4
Sillage
6
Haltbarkeit
10
Duft

Ein Duft, der mir unter die Haut geht

Es gibt Düfte, die man einfach nur trägt, und dann gibt es Düfte, die etwas mit einem machen. Orris Tattoo ist für mich letzteres – ein olfaktorisches Erlebnis, das wie ein zarter, bleibender Abdruck auf mein Inneres, meine Gedanken, mein Empfinden wirkt.

Als ich Orris Tattoo das erste Mal auftrug, wurde ich von einem unvergleichlichen Gefühl der Intimität umhüllt. Der erste Eindruck ist für mich grün, durchaus auch frisch, aber eben nicht aquatisch; er ist sanft und dennoch von einer subtilen Spannung geprägt. Es ist, als würde man in samtweiche, leichte und doch wärmende Stoffe gehüllt, die auf der Haut liegen wie eine zweite, luxuriöse Schicht, die einen nicht beschwert, sondern einfach irgendwie schützt, gleichzeitig kühl und wärmend vertraut.

Der Hauptakteur ist Iris, und ich finde, sie zeigt sie sich von ihrer schönsten Seite: samtig, leicht erdig und von einer unerwartet warmen Tiefe. Im Zusammenspiel mit einem Hauch von (vielleicht?) Veilchen entfaltet sich ein Gefühl von Weichheit, das gleichzeitig beruhigend und faszinierend ist.

Was mich besonders berührt hat, ist die unterschwellige Cremigkeit und sehr tiefsinnige "Sweetness" (mir klingt Süße zu süß und das Parfum ist überhaupt nicht süß für mich, wohl aber "sweet"), die jedoch niemals aufdringlich wie Waschmittel oder gestärkte Bettwäsche aus der Reinigung wirkt, und es ist auch nicht diese Duschfrische, die einige ja lieben, die mich aber immer ratlos zurücklässt. Die holzig-erdig-"blättrige" und leicht buttrigen Nuancen verleihen dem Duft Struktur und Bodenhaftung, ohne ihn schwer wirken zu lassen. Es ist ein Parfum, das Tiefe hat, aber keine Schwere – perfekt für Momente, in denen man etwas Besonderes für sich selbst möchte, ohne dabei zu laut zu sein, finde ich.

Ich erinnere mich an einen Abend, an dem ich Orris Tattoo trug: Es war ein kühler Frühlingstag, und während ich in einem kleinen Café saß und den Blick auf die Straßen schweifen ließ, hatte ich das Gefühl, dass dieser Duft mich wie ein unsichtbarer Begleiter umarmte. Eine Bekanntschaft, die später dazu kam, bemerkte den Duft sofort – nicht, weil er dominierte oder stark projizierte, sondern weil er eine Aura schuf. "Das riecht so gut nach dir, so vertraut und wohltuend", sagte er, und ich wusste sofort, was gemeint war: Orris Tattoo ist kein Parfum, das man nur "trägt". Es wird ein Teil von mir.

Die Haltbarkeit ist bei mir hervorragend, besonders für ein Parfum, das so subtil auftritt, aber ich muss den Vorredner:innen zustimmen: es trägt sich länger bei mir, wenn ich es auf dem Oberkörper habe und/oder auf eingecremter Haut – allein am Handgelenk oder Hals verfliegt er für mich schnell, obwohl andere ihn nah an mir dann doch noch gut wahrnehmen. Aber auf dem Oberkörper blleibt es stundenlang auf der Haut, fast wie eine zweite Erinnerung, die sich immer wieder in kleinen Nuancen offenbart, mal wie ein Frühlingshauch, mal wie ein warmer Sonnenstrahl im Herbst, mal wie eine ruhige schneebedeckte Seenlandschaft in Finnland, manchmal wie ein Sommerregen. Alles ohne viel Verlauf oder super spannende Nuancen und – für mich wichtig: ohne jegliche Feuchtigkeit oder Würze; der Duft ist doch eher linear in seiner Ausarbeitung der Irisnuancen, aber ich finde ihn sehr sehr schön für mich. Andere Düfte sind mir einfach zu aufgeregt und überdecken mich. Ich will nicht, dass mein Duft vor mir wahrgenommen wird, sondern mit mir.

Für mich ist Orris Tattoo mehr als nur ein Parfum – es ist ein Gefühl, ein Ausdruck von Aufrichtigkeit, Vertrautheit, Bescheidenheit irgendwie und leiser Stärke. Wenn jemand nach einem Duft sucht, der sowohl puristisch als auch emotional ist, der gleichzeitig nahbar und von einer subtilen Raffinesse geprägt ist, dann sollte man Orris Tattoo ausprobieren.

Ein Parfum, das keine große Bühne braucht, um zu glänzen – denn es leuchtet von innen heraus.

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