Iskander
17.04.2020 - 15:44 Uhr
9
Sehr hilfreiche Rezension
9
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft

Um der Ehre Willen

Ich habe hier noch nie einen Kommentar veröffentlicht aber eine Gesamtbewertung von lächerlichen 6.1 darf einfach nicht unkommentiert bleiben.

Vorab, ich bin kein Parfumeur und möchte es auch nicht werden. Aus diesem Grund gehe ich auch nicht ausufernd auf Duftverlauf oder einzelne Bestandteile des Eau de Parfum ein. Ich kaufe mir einen Duft auch nicht, um mich irgendwo einzuschließen und zu erraten ob die Kopfnote nun aus diesem oder jenem Holz besteht, sondern um Gefühle und Assoziationen bei mir selbst und anderen zu erwecken.

Ich bin der grundsätzlichen Überzeugung, dass nicht jeder Duft zu jedem passt. Ein Duro oder Black Afgano kann unmöglich von einem blonden Mann oder gar einer Frau getragen werden. Es passt einfach nicht und somit kommt der Duft auch nicht zur vollen Entfaltung seinen Potentials. Einen Tintoretto kann man auch nicht in einen IKEA Bilderrahmen zwängen. Darüberhinaus soll ein Parfum das Panorama eines menschlichen Wesens ergänzen und nicht übermalen, was leider zu häufig passiert.
Ähnliches gilt für Tirrenico. Für mich einer der absoluten Top-Sommerdüfte, mag er zwar kein 8er Kandidat sein-dafür mangelt es ihm vielleicht ein wenig an Strahlkraft und Durchhaltevermögen-so ist er ist doch ein fantastischer Aquate und mediterraner Frischmacher.

Wo um Himmels Willen riechen die zahllosen Kommentatoren Fischmarkt?? Sie müssen sich die bohrende Frage gefallen lassen, ob sie jemals einen echten Fischmarkt betreten haben. Oder wieder einmal gibt die Haut nicht das her was dieser Duft von Ihr verlangt-nämlich Ausstrahlung und Wärme.

Der Strand
Man liegt am Strand. Vielleicht bei Amalfi oder Positano. Grober Sand, heiße Sonne, spritzendes Meersalzwasser und ein altes immer noch an der steilen Felsenwand angebundenes Holzwrack. An und für sich nichts Außergewöhnliches, aber die Kulisse wäre nicht die selbe ohne das Wrack. Nach einiger Zeit entschließt man sich den kurzen Strand noch einmal abzugehen und tritt dabei über Kiesel und Steine, hier und da auch über ein paar frische und vertrocknete Algen.

Der Spaziergang
Man begeht schließlich den verschlungenen Pfad zurück ins vollkommen überteuerte Hotel, hoch oben auf den Klippen.
Auf dem steilen Serpentinenweg geht man an liebevoll gestalteten mediterranen Gärten vorbei und kann einen Hauch von Fenchel und Obst wahrnehmen. Über allem schwebt jedoch ein intensiver Geruch von Basilikum der einem vom Seewind in die Nüstern geweht wird.

Der Abend
Nachdem man sich dazu entschlossen hat den Abend dann doch vor dem Fernseher ausklingen zu lassen, legt man sich halb nackt mit ein wenig Sand an den Beinen ins weiße, frisch gemachte Bett und greift nach der Fernbedienung. Der Turndown Service hat ein wenig Sandelholz und Moschus versprüht, was man jetzt wahrnimmt und sich geborgen fühlt. Müde schaut man über die bemalten Fliesen hinaus in die Dunkelheit und lauscht dem fernen Rauschen des Meeres und dem leisen Säuseln des mediterranen Windes.
Kein Wunder, dass selbst die luxusverwöhnten römischen Kaiser dieser Gegend eine besondere Bedeutung zumaßen und sich einer sogar einen riesigen Palast hat erbauen lassen.

Schluss mit der Schwafelei.
Ich rieche keinen Fischmarkt.
Ich rieche aquatische, windige Noten im Zusammenspiel mit Basilikum. Alles andere (wie Bergamotte oder Orange) ist hier nur Mittel zum Zweck.

Einziges Manko:
Der Duft verfliegt mir zu schnell.

Wie ein Tag an der Amalfiküste.

Bewertung: 7.6
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