Graffiti 1963 Eau de Toilette

Cristalle
18.08.2012 - 12:08 Uhr
1
Hilfreiche Rezension
5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft

Wolf im Schafspelz

Ich grübele über den Namen nach… und langsam stellt sich ein Bild ein. Graffitis setzen sich aus unterschiedlichen Elementen zusammen – Bilder, Schriftzeichen, Symbole – verbotenerweise hingesprüht an Wände, Mauern, U-Bahnen im öffentlichen Raum. Erst später, wenn der heimliche Künstler sich davon geschlichen hat, wird die ganze Pracht sichtbar, mit klaren Kanten und eckigen Formen.

Dieses Graffiti startet ganz ohne großes Tamtam mit ausgeprägt hellgrüner Note und herben Zitrusfrüchten, tut grad so als wäre es ein lauer Sommer-Erfrischer, der Schlawiner. Anfangs werkelt sein Erschaffer noch im Verborgenen, der Gesetze wegen notgedrungen unsichtbar. Erst wenn die letzten Farbtupfer gesetzt sind und unser Underground-Künstler das Weite gesucht hat, dreht Graffiti richtig auf und zeigt all den Gesetzestreuen, was eine Harke ist: Unsüße Blumen, dunkel umrandet, sprießen in Windeseile empor und nicken heftig mit ihren abstrakt geformten Köpfchen. Veilchen glaube ich da zu erkennen, immer noch grün eingefasst und mit dunkelgrünen, leicht bitter anmutenden Moostupfern verfremdet, die dem Ganzen eine straffe Form verleihen. Bei ganz genauem Hinsehen offenbart sich noch das leicht holzige Finish, gegen das sich die Blüten jedoch bis zum Schluss erfolgreich zur Wehr setzen.

Entstanden ist ein kantiges Etwas mit größerer Haltbarkeit als öffentliche Stellen es sich wünschen würden, und ich erlebe zum ersten Mal, wie ein Duft im Verlauf tatsächlich stärker statt schwächer wird – ein echter Wolf im Schafspelz und wieder mal ein Gruß und ein Genuss aus der Vergangenheit. Freunde von grünen Düften, die es auch mal weniger sanft lieben, sollten ein Näschen riskieren, wenn sich die Gelegenheit bietet.
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