Düfte und Gerüche in Prosa, Poesie & Phantasie...

Düfte und Gerüche in Prosa, Poesie & Phantasie... 11

Ihr Lieben,

schöne Düfte sind für mich viel mehr als die Suche nach dem nächsten Flakon mit Monstersillage.

Stattdessen stolpere ich in (ausländischen) Büchern, Liedern und Gedichten immer wieder über wunderschöne Zitate und Passagen über Düfte:

Mal kreativ und verspielt, mal verstörend, mal sehnsuchtsvoll oder von unstillbarem Verlangen...

Diese Fundstücke möchte ich gerne mit euch Duftenthusiasten teilen.

Fühlt euch herzlich eingeladen, eigene Fundstücke zu ergänzen oder eure persönlichen Duft/Assoziationen mitzuteilen.

Anderenfalls lest einfach leise mit oder ignoriert diesen Thread mit gebotener Höflichkeit. 🙂

---

Samstag, den 06.09.2025

"Wie beginnt man die Lektüre eines neuen Buches? Mit seinem Duft. Der Band öffnet sich etwa in der Mitte. Wie der Körper einer Geliebten breitet er sich vor ihm aus, vergräbt sein Gesicht und atmet ihren Duft ein. Es ist wie das Vorspiel zu einer Leseorgie."

(Anna Sakowicz – Missverständnisse, aus dem Polnischen: Niedomówienia, e-book)

7

" (…) Nun, die Frau roch wie eine alte, verbitterte Frau. Solch einen Geruch kann keine Seife der Welt wegspülen (...) "

Arto Paasilinna – Der wunderbare Massenselbstmord

4

" (...) Astern und Dahlien waren zwar schön, hatten aber weder den Charme der Jugend noch den herrlichen Duft (...)"

Hans Christian Andersen – Der Schmetterling

2

"(...) So wie das Böse seine eigenen Düfte hat, gibt es also die Düfte, die das Gute begleiten (...)"

Andre Norton – Der Geruch von Magie

2

Was für ein schönes Thema!

Kurze, einprägsame Zitate habe ich nicht zu bieten, und auch keine schönen Bildassoziationen. Aber mir ist Die Betrogene von Thomas Mann wieder in den Sinn gekommen, worin es sehr viel um Düfte geht. Hier ist eine berühmte Passage vom Anfang der Erzählung:

Fabrizierte Riechstoffe, Parfüms, gebrauchte Rosalie niemals, nur ausgenommen ein wenig erfrischendes Kölnisches Wasser von J. M. Farina, gegenüber dem Jülichsplatz. Aber was die Natur unserem Geruchssensorium an Holdheit, Süßigkeit, würziger Bitternis, auch an Schwülem, Berauschendem zu bieten hat, das liebte sie aus der Maßen und nahm es tief und dankbar, mit der sinnlichsten Andacht auf. An einem ihrer Spazierwege gab es einen Abhang, eine gestreckte Bodenfalte und untiefe Schlucht, auf ihrem Grunde dicht bewachsen mit Jasmin- und Faulbaumgesträuch, von dem an feucht-warmen, zum Gewitter neigenden Junitagen ganze Schwaden, Wolken erwärmten Wohlgeruchs beinahe betäubend emporquollen. Anna, obgleich sie leicht Kopfschmerzen davon bekam, mußte die Mutter immer wieder dorthin begleiten. Rosalie atmete den schwer aufwallenden Brodem mit bewunderndem Genuß, blieb stehen, ging weiter, verweilte wieder, beugte sich über den Hang und seufzte: »Kind, Kind, wie wundervoll! Das ist der Atem der Natur, das ist er, ihr süßer Lebenshauch, sonnerhitzt und getränkt mit Feuchte, so weht er uns wonnig aus ihrem Schöße zu. Genießen wir ihn in Verehrung, die wir auch ihre lieben Kinder sind.«
»Wenigstens du, Mama«, sagte Anna, indem sie den Arm der Schwärmerin nahm und sie hinkend weiterzog. »Mich mag sie weniger und verursacht mir diesen Druck in den Schläfen mit ihrem Duftgebräu.«
3

„Wer die Gerüche beherrschte, der beherrschte die Herzen der Menschen“ (aus Patrick Süskind: Das Parfum)

… und wir wissen ja alle, wie es ist, wenn wir jemanden „nicht riechen können“😉

2

Und nicht zu vergessen die Madeleine-Szene aus Prousts Die Suche nach der verlorenen Zeit, die eine eindrucksvolle Beschreibung davon liefert, wie eng Duft und Erinnerung miteinander verknüpft sind, und so beginnt:

Doch wenn aus einer fernen Vergangenheit nichts mehr besteht, nachdem die Menschen gestorben, die Dinge zerbrochen und verstreut sind, bleiben Geruch und Geschmack der Dinge noch lange Zeit bestehen, wie Seelen, bereit, uns zu erinnern, wartend und hoffend auf ihren Moment, inmitten der Ruinen alles Übrigen; und sie tragen unerschütterlich, in dem winzigen und fast ungreifbaren Tropfen ihres Wesens, die gewaltige Struktur der Erinnerung.

Es geht dann sehr detailliert weiter, mit Erinnerungen an die verlorene Zeit, die nur aus einer Tasse Tee entstehen. Eine Erfahrung, die sicherlich jeder von uns so ähnlich auch gemacht hat.

3

Spontan eingefallen ist mir "Er ist's" von Eduard Mörike, auch wenn die Jahreszeit gerade natürlich nicht passt:

"Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land. [...]" 

Da freue ich mich schon wieder drauf 😊

1
„Wohl bin ich ein Wald und eine Nacht dunkler Bäume: doch wer sich vor meinem Dunkel nicht scheut, der findet auch Rosenhänge unter meinen Zypressen.“

Friedrich Nietzsche, Thus Spoke Zarathustra

Meiner Meinung nach passt dies perfekt in die kommende Jahreszeit Herbst-Winter 😇
0

Ich liebe Lilien und ihren Duft. In diesem Gedicht von Francisca Stoecklin (1894 - 1931) sind viele Momente und Schlüsselwörter vereint - emotionale, erotische, ästhetische - welche in mir beim Lesen den andachtsvollen Ton überlagern. Kirchen (und Kerzen) sind für mich Erinnerungsorte, weswegen mich das Bild der Lilienstaubfäden als Kirchenkerzen besonders bezaubert. Auch für das Allerheiligste fallen mir allerhand Deutungen ein. Übrigens heißt das Gedicht zwar Schwertlilien, für mich ist es aber eines über Lilien, und zwar gerade wegen der Erwähnung des berauschend strömenden Duftes.

Schwertlilien

Das sind die Blumen, die wie Kirchen sind,
ein Blick in sie hinein zwingt uns zu schweigen.
Wie Weihrauch fromm berauschend strömt ihr Duft,
wenn wir uns zu der schönen Blüte neigen.

Sie sind wie Schmetterlinge dünn und zart
und wissen ihr Geheimnis doch zu hüten.
Es hellen goldne Kerzen sanft den Pfad
ins Allerheiligste der Wunderblüten.

2

@SebastianM

Welch' ein schönes Liliengedicht! 

Gestern kam es mir in den Sinn: In einem Schaufenster erblickte ich Lilienfreundin einen riesigen, opulenten und edlen Lilienstrauß...

Die passionierte Blumendesignerin erlaubte mir ihn zu fotografieren ("Nur zu, vielleicht können Sie den Zauber einfangen, oft wirkt es auf Bildern wie Gestrüpp.") und wir unterhielten uns über ihr Kunsthandwerk im Wandel der Zeit und die Faszination duftender, betörender und stolzer Lilien, die andere Blumen niemals erreichen...

"Die Rose hat nur eine Sommerherrschaft, das Gänseblümchen stirbt nie, aber du, Geliebte, gib mir die makellosen Augen der Lilie und einen Hauch so süß wie Lilien, der in deinen schönen Augen wächst.“

– Thomas Haynes Bayly

2

"Der Geruch eines Familienheims, immer derselbe, ein wenig aufdringlich, ein wenig süßlich, ein wenig muffig, der alle Dämonen aus dem Schlaf weckt, alle Stimmen, die durch Therapie und Medikamente zum Schweigen gebracht wurden, alle Sorgen, die in den obersten Regalen versteckt sind, wo niemand aufräumt, weil sie ohne Grund zu hoch sind, um sie zu erreichen."

- Anna Dziewit-Meller – Od jednego Lucyfera / Von einem Luzifer

Bei Antworten benachrichtigen
Übersicht Parfum allgemein Düfte und Gerüche in Prosa, Poesie & Phantasie...
Gehe zu