Adan
Adans Blog
vor 6 Jahren - 19.10.2018
37 25

Über Körpergeruch und Pheromone

Ich habe versehentlich meinen Blogentrag über dieses Thema gelöscht, ich setze das Thema also nochmal in kürzerer Version auf, weil ich die Diskussion wieder auffädeln will.

Dem Körpergeruch eines Menschen wird in manchen Diskussionen ein großer Stellenwert bei der Partnerwahl zugeschrieben. Aber es gibt Kulturkreise und Bevölkerungen, in denen der Körpergeruch langsam verschwindet. Wie das funktioniert, kann man aus den Arbeiten von Yoshiura et al. 2006, Martin et al. 2010 und Ohashi et al. 2010 anschauen. Zusammengefasst geht es um ein Transporter-Protein, genannt ABCC11, welches unter anderem für die Funktionalität von apokrinen Drüsen in der Haut bestimmt und auch die Art von Ohrenschmalz beeinflusst.

Apokrine Drüsen sind Schweißdrüsen in der Haut, die aktiv Zellfragmente absondern. Es wird vermutet, dass man dann über Oberflächenproteine in diesen Zellfragmenten wie z.B. dem MHC-I-Komplex die genetische Kompatibilität und den Status des Immunsystems interpretieren kann (Wedeking & Penn 2000).

Fällt dieser ABCC11 Transporter nun durch eine Mutation aus, hat eben jener Mutant keinen Körpergeruch. In der Karte von Yoshiura et al. 2006 (hier: https://www.nature.com/articles/ng1733/figures/4 ) ist die Verteilung dieser Mutation auf einer Weltkarte visualisiert, man sieht dass z.B die Südkoreaner alle diese Mutation tragen, d.h. dieses Volk hat über mehrere Generationen seinen Körpergeruch regelrecht weggezüchet. Und diese Mutation scheint in weiten Teilen Ostasiens weiter verbreitet zu sein als auf anderen Kontinenten. Man kann aus diesen Datensätzen herausinterpretieren, dass es Kulturkreise gibt, in denen es schon früh zu einer Stigmatisierung von Körpergeruch per se kam, und dass hier bei der Partnerwahl andere Faktoren eine größere Rolle spielen wie Aussehen oder natürlich auch sozialer Status.

Ob ein Mensch Pheromone produziert oder nicht und ob er sie wahrnehmen kann ist bis zum heutigen Stand nicht geklärt, aber die Indizien die aktuell kursieren suggerieren eher, dass es nicht so ist. Zum einen ist ein Pheromon wissenschaftlich nicht exakt definiert. Man kann ein Pheromon zum einen so definieren, dass es ein Duftstoff ist, der stereotype Verhaltensweisen hervorruft (so hab ich es in Sinnesphysiologie gelernt) oder als einen Stoff, der zur sexuellen Reproduktion dient bzw. diese moduliert (so hab ich es im Signaltransduktionskurs gelernt).

Pheromone werden im Tierreich allgemein vom vomeronasalen Organ (VNO, auch bekannt als Jacobson-Organ oder jacobsonisches Organ) wahrgenommen, allerdings wird darüber gestritten, ob der Mensch ein solches Organ überhaupt besitzt. (Trotier et al. 2000) behaupten, dass 92% ihrer Probanden ein VNO besitzen, obwohl vorher von (Kjaer & Fischer Hansen 1996) berichtet wurde, dass das VNO während der Embryonalentwicklung sich erst ausbildet und dann wieder zurückbildet, wie es auch bei anderen Primaten beobachtet wurde (Smith et al. 2002). Man vermutet hier, dass der Embryo in diesem Zeitfenster durch sowas wie Pheromone geprägt wird und nach dieser Prägung dann das VNO wieder "eingefahren" wird. Das Problem hinter dieser These bleibt aber, dass viele Forscher sich uneinig darüber sind, wie man das VNO im Menschen überhaupt identifiziert, da manche Studien voneinander behaupten, dass sie das VNO einfach übersehen. Es gibt im Menschen natürlich genetische Informationen, der Mensch besitzt prinzipiell die gleichen Rezeptoren die bei anderen Tieren im VNO vorkommen, jedoch sind diese Gene beim Menschen alle Pseudogene, d.h. sie sind nicht funktional. Die Rezeptoren sind beim Menschen sozusagen kaputt (Wysocki et al. 2004). In (Wysocki et al. 2004) werden auch Beispiele für Pheromone und ihre Funktionen im Tierreich aufgelistet, bei Mäusen können Pheromone zum Beispiel die Pubertät induzieren, den Hormonhaushalt modulieren oder teilweise sogar Schwangerschaftsabbrüche einleiten. Das gibt es beim Menschen so nicht eindeutig, obwohl es eine berühmte Studie von (McClintock 1971) gibt, in der beobachtet wurde, dass Frauen in WGs aufgrund von Pheromonen irgendwann ihre Periode synchronisieren sollen. Ob das wirklich so stimmt/stimmen kann ist bis heute noch unklar, es gibt Studien die diesen Effekt nicht beobachten oder reproduzieren konnten.

Ein aktueller Review von (Stoyanov et al. 2018) beschreibt ganz gut, wie es um das VNO beim Menschen aktuell aussieht: es existiert, aber man weiß nicht ob es funktioniert oder wie es funktionieren soll.

Es ist wahrscheinlich, dass der Mensch zwar den Geruch eines Anderen hedonisch bewertet wie jede andere Gerüche auch, aber letztendlich werden vermutlich andere Faktoren stärker bei der Partnerwahl gewichtet als das, vor allem in Gesellschaften mit höheren Hygienestandards. Aber dass der Körpergeruch wie ein Pheromon wirken kann, dass es Stoffe gibt die beim Menschen pheromonartig wirken, das konnte bisher noch nicht gezeigt werden.

In meinem letzten Blogeintrag haben sich einige User gemeldet und meine Quellen als veraltet bezeichnet ohne selbst in der Lage zu sein, selbst aktuelle Quellen anzugeben, ich möchte gleich vorweg sagen: so funktioniert das nicht.

Es wurde auch behauptet, dass es Pheromone gibt, der Mensch diese wahrnehmen kann und diese Wahrnehmung beispielsweise durch die Pille beeinflusst wird. Es wurde dieses Jahr in einer Studie von (Jones et al. 2018) mit rund 600 Frauen der Schluss gezogen, dass dem nicht so ist: die Pille beeinflusst nicht euren Männergeschmack.

Quellen:

McClintock 1971 https://www.nature.com/articles/229244a0

Kjaer & Fischer Hansen 1996 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/j....

Trotier et al. 2000 https://academic.oup.com/chemse/article/25/4/369/3...

Wedekind & Penn 2000 https://academic.oup.com/ndt/article/15/9/1269/187...

Smith et al. 2002 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/a...

Wysocki et al. 2004 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/a...

Yoshiura et al. 2006 https://www.nature.com/articles/ng1733

Martin et al. 2010 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0022202X15346832

Ohashi et al. 2010 https://academic.oup.com/mbe/article/28/1/849/987325

Jones et al. 2018 http://journals.sagepub.com/doi/10.1177/0956797618...

Stoyanov et al. 2018 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC60501...

37 Antworten

Weitere Artikel von Adan