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Saphos Blog
vor 14 Stunden - 25.12.2025
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Im Tal des Parfums

Die Picardie ist für die Deutschen als Urlaubsziel weit weniger bekannt als die üblichen Verdächtigen: Normandie, Bretagne, Provence. Allerdings hat diese Landschaft mit ihrem rauen Wetter, ihrer Küstenregion und ihrer liebenswerten, freundlichen Bevölkerung durchaus ihren eigenen Reiz. Die Hauptstadt Amiens mit ihren schwimmenden Gärten ist schon allein eine Reise wert. Wir haben in unserem letzten Urlaub den westlichsten Teil der Picardie besucht, der unmittelbar an die Normandie angrenzt. Unser Ferienhaus lag nicht weit entfernt von Blangy-sur-Bresle, wobei Bresle der Name des Grenzflusses ist, der auf seinem Weg zum Meer eine Perlenkette von kleinen Seen und Tümpeln bildet, die neben einer Vielzahl von Wasservögeln auch einen reichen Fischbestand hat, Karpfenangler kommen hier auf ihre Kosten. Blangy, und hier kommt das Parfum ins Spiel, beherbergt das Musée de la Verrerie, ein Glasmuseum, das die reiche Geschichte der Glasbläserkunst im Tal der Bresle dokumentiert, und hier insbesondere die der Parfumflacons.

In einem Nebengebäude sind Dioramen aufgebaut, die alte Handwerkskunst und ihre Beziehung zu Glaswaren zum Thema haben. Angeschlossen ist auch eine kleine Werkstatt, wo man sich in die Grundlagen des Glasblasens einführen lassen kann. Für mich als Parfumverliebte war der Teil der Ausstellung besonders interessant, der der Herstellung von Parfumflacons gewidmet ist. Die Mitarbeiter im Museum sind sehr hilfsbereit und auskunftsfreudig und so erfuhr ich, dass die Glasbläserkunst im Bresle-Tal auf eine 600jährige Geschichte zurückblickt. Sie nahm ihren Anfang mit den schönen Buchenwälder der Grafen von Eu. Diese Wälder waren sehr feucht, weshalb es dort auch reichlich Farn gab, der zu Pottasche (K2CO3, Glasmacherseife) verarbeitet werden konnte. Der Sandboden liefert das nötige Quarz und damit standen alle drei, für die Herstellung von Glas erforderlichen Grundbestandteile, reichlich zur Verfügung. Bis zur französischen Revolution war die Glasherstellung Privileg von vier Adelsfamilien, mit dem Aufkommen der Bourgeoisie im 19. Jahrhundert kamen neue Produktionsstätten in bürgerlicher Hand hinzu, Das Jahr 1853 sah die Geburtsstunde der Herstellung von Luxus-Flacons, als die Glasbläserei Le Courval der Kaiserin Eugenie zu Ihrer Vermählung mit dem dritten Napoleon einen Flacon mit Guerlain-Parfum schenkte, dieser legendäre Bienenflacon nahm ästhetisch Bezug auf das Kaiserliche Wappen. Dieser Flacon war so erfolgreich und die Nachfrage nach diesem Luxus-Produkt so groß, dass eine ganze Reihe von Glasbläsereien im Bresle-Tal aus dem Boden schossen, um die Nachfrage zu decken. Im Jahr 1875 wurde eine neue Bahnlinie zwischen Paris und der Hafenstadt Les Tréports an der Bresle-Mündung eröffnet. Englische Kohle wurde hierher verschifft und gelangte mit der Eisenbahn zu den Glasbläsereien. Dort wurden Flacons geladen und nach Paris gebracht, was half, die Position des Bresle-Tals als weltweites Zentrum der Produktion von Parfum-Flacons zu festigen. Man sprach nun vom Bresle-Tal als dem Tal des Parfums. Bis heute werden 75% aller Flacons für Luxus-Parfums dort produziert, obwohl inzwischen nur noch 7 Glashütten in Betrieb sind und nur eine einzige dabei auf traditionelle Verfahren und Handarbeit zurückgreift. Als Parfumliebhaber kann man in dem Museum in Blangy-sur-Bresle Tage, Wochen und Monate zubringen. Jeder Flacon dort ist ein Kunstwerk, und man trifft überall alte, liebe Bekannte. Wer auf seinem Weg in die Normandie an Amiens vorbei über die A29 in Richtung Honfleur fährt, sollte den kleinen Abstecher über die A28 nach Blangy in Erwägung ziehen.

10 Antworten
LittlefingerLittlefinger vor 10 Stunden
Danke Dir für den schönen Bericht, diese Empfehlung und die wunderschönen Fotos! Beeindruckend. Ich lese gerne von Dir.
GoldieGoldie vor 12 Stunden
Wie wunder- und stimmungsvoll festgehalten. Und ganz nebenbei ein Urlaubstipp 😉
CfrCfr vor 13 Stunden
Das hat bestimmt Spaß gemacht
Und so schöne Fotos :)
SaphoSapho vor 13 Stunden
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Vielen Dank für das Lob. Das Museum hat mir wirklich Spaß gemacht.
GreenGorillaGreenGorilla vor 13 Stunden
Ein Flakon schöner als der andere, sind die Ersten die Flakons von Vicky Tiel ?
SaphoSapho vor 13 Stunden
Ich glaube ja, das sieht nach Éthéré aus.
ElAttarineElAttarine vor 14 Stunden
Danke Dir für den schönen Bericht, diese Empfehlung und die wundervollen Fotos! Mir hat auch gleich der Feerie-Flakon besonders gefallen. Aber auch die historischen Bienenflakons...
War eine sehr schöne Weihnachtslektüre!
SaphoSapho vor 13 Stunden
Dieses Museum ist wirklich ein Kleinod.
PollitaPollita vor 14 Stunden
Wow, die sehen so toll aus! Danke für den schönen Bericht. Insbesondere der Féerie-Flakon ist absolut zauberhaft.
SaphoSapho vor 14 Stunden
Liebe Pollita, ich habe fast erwartet, daß Du Féerie magst!