Alexxx
05.07.2020 - 06:18 Uhr
15
Sehr hilfreiche Rezension
9Duft 10Haltbarkeit 10Sillage 7Flakon

Oud & rose, encore une fois

Es sind teilweise schon nicht gerade feingeistige Namen, die Aaron Terence Hughes seinen Düften mit auf den Weg gibt: Dirty Slut, Boss Bitch, Boss Bastard usw. Schaut man sich ihn auf seinem Youtube-Kanal einmal an, seine ziemlich tätowierte Gestalt, seine leichte Hybris, denkt man nicht im allerersten Moment an die tradierte Eleganz der großen französischen, aber auch der italienischen und englischen Dufthäuser. Aber wie heißt es so schön: don’t judge a book by its cover.

Auf mich persönlich wirkt er ehrlich und authentisch, bisweilen lustig, ohne das zu gewollt zu sein. Am Ende des Tages ist natürlich weit weniger der Parfümeur entscheidend als der Duft selbst. Und natürlich bringen die neuen Namen der Branche ja auch neuen Geist, neue Methoden, neuen Schwung in die Sache. Man mag den guten Mann also finden, wie man will. Auch sein Marketing und seine Preisgestaltung. Was zählt ist, was im Flakon ist.

Also Onyx. Da denke ich zuerst an den schwarzen Schmuckstein. Also an etwas Besonderes, Dunkles. Diese dunkele Assoziation ist gewiss bewusst und sie ist gut gewählt, da der Duft eine blumig-holzige Schwere hat. Deren Basis ist allerdings eine sehr vertraute und damit letztlich bloß eine weitere Variante der allseits bekannten Ingredienzien aus Rose, Oud und Würzigkeit. Eine Kombination, wie sie sich in den letzten Jahren als äußerst probat erwiesen hat, um Rosen – und damit ihre süßliche Blumigkeit – sozusagen geschlechterübergreifend tragbar zu machen.

So ruft Onyx Assoziationen an manch bekannten Duft hervor. In der Kopfnote erinnerte er mich an MFKs Oud Silk Mood – aber die meiste Zeit beschwört Onyx einen anderen Duft herauf – Tom Fords Noir de Noir. Wie ich schon in meinem Kommentar zu Montales Sensual Instinct erwähnte, ist mir Noir de Noir, so wunderschön ich ihn finde, leider meist eine Spur zu feminin.

Onyx ist da durchaus unisexer. Er hat längst nicht diese puderig-süße Schwere. Er ist eine deutliche Spur animalischer – durch seinen nicht zu verhehlenden Moschusanteil. Er kommt auch insgesamt etwas holziger daher, was einem primär femininen Dufteindruck ebenfalls entgegenwirkt. Ansonsten ist die zitierte DNA des Tom Ford Dufts rund um die Rose, das deutliche Patchouli, die Vanille und das Oud unverkennbar. Aber das spricht nicht gegen Onyx, im Gegenteil, Onyx ist wirklich schön. Sinnlich, dunkel. Aber warm. Blumig. Holzig.

Aaron Terence Hughes bezeichnet seinen Duft als „perfect date or sex fragrance“ und lobt ihn aus, er würde 12 Stunden halten bei einer gewaltigen Projektion. Nun, da haben wir wieder die Hybris, aber auch die besagte Ehrlichkeit: Tatsächlich nimmt Onyx es mit der kraftvollen Sillage und Haltbarkeit des zitierten Noir de Noir ebenfalls auf. Und wie Noir de Noir ist Onyx natürlich in erster Linie ein idealer Duft für den Abend (und für was immer er noch bringen möge), dank seiner tief-sinnlichen, wärmenden Präsenz.

Fazit: Wer Oud-Rose-Kombinationen mag und noch nicht überhat, der ist hier goldrichtig. Vielleicht sogar so richtig, wie kaum zuvor. Und wer Noir de Noir mag, der sollte Onyx durchaus eine Chance geben. Gerade für Männer ist er sicher als sehr gelungener Unisex-Duft zu bezeichnen, da sich holzige und blumige Anteile hier äußerst angenehm die Waage halten. Auch wenn ich ein Anhänger von Tom Ford bin und der für Nischenverhältnisse etwas prolligen Vermarktung eines Aaron Terence Hughes nicht so viel abzugewinnen weiß, ist ihm mit Onyx, das muss eindeutig konstatiert werden, ein wirklich schöner, ungemein sinnlicher, kraft- und ausdrucksvoller Duft gelungen, wenn auch nicht unbedingt der innovativste.
0 Antworten