New York Oud 2011

Kakuska
22.02.2022 - 18:17 Uhr
5

"Karneval in Kölle", oder: "Sophia Gold oder Erdogan?"

Es wird Fastnacht, und nach all den Hitzewallungen des Sommers naht das Ende der vierten und damit auch heran die fünfte Jahreszeit. Wer zugezogener Rheinländer ist, der weiß, wovon ich schreibe. Damit stellt sich allmählich die Frage nach einem Kostüm für die heißen Tage. Ich bin mir noch nicht sicher, aber ich glaube, ich werde mich entweder als Sophia Gold verkleiden oder als Staatspräsident Erdogan. Mit ersterem Kostum käme ich sicher besser an, mit letzterem hätte ich aber eine reelle Chance auf einen Hauptverkleidungspreis. Viel spricht dafür: Die Aktualität (allerdings ist Sophia Gold auch stets aktuell), der anatolische Balkanbalken unter der Nase (den hat Sophia nicht - zum Glück!), die Mickymausstimme beim Rumschreien (wenn sie schreit, klingt Sophia jedenfalls nicht wie Micky Maus), das Lächerlichkeitspotential, das Diktatorische (hat Sophia beides nicht), das ungebildet-prollhafte Personenkultauftreten (hat Sophia auch nicht, nur ich mache einen Kult um sie).

Doch, jetzt indem ich mit Euch über mein Vorhaben rede, glaube ich immer mehr, dass der Unterhaltungsfaktor für meine Umgebung deutlich höher ist, wenn ich mich an Karneval als Erdogan verkleide. Organisatorisch ist das für mich auch leichter als mich in Sophias ganzen Kladderadatsch zu werfen: falscher Schnurrbart (vielleicht lasse ich mir auch noch so eine Rotzbremse wachsen, wirkt dann echter), peinlich kariertes Sakko (muss mal Dobrindt fragen, ob der noch so eins übrig hat), einen stieren Blick und fanatischen Gesichtsausdruck aufsetzen, engstirnig und unverständlich daherreden ("Challadarrahbrummdirrrimmallabadd", was soviel heißt wie "Was erlaubst Du Dir, wie alt bist Du, seit wann bist Du bei Parfumo"). Dazu noch eine Ziege an der Leine mitführen (Sophia Gold steht ja nicht zur Verfügung), der ich selbstverständlich ein paar Strapse anlegen werde, vielleicht auch mehrere Ziegen (eigentlich bin ich ja für die Vieh- und Vielehe für alle). Und aufdieseln werde ich New York Oud von Bond, den, wie Monsieur unten schreibt, idealen Gefährten des morgenländischen Mannes. Vor allem eines alles überwältigen parfümierten morgenländischen Mannes. Vor allem Armenien wird sich damit überwältigen lassen, harrharr ...

Aber ich schweife ab, genug der Allmachtsphantasien. Wie riecht New York Oud denn nun? Nach morgenländischen Haarspray, aber ganz ausgezeichnet, es riecht gewöhnlich, ist aber sauteuer. Ein Duft der Gegensätze. Wie muss ich mir eine Situation vorstellen, in der New York Oud angemessen getragen werden kann, außer an Karneval zu Kölle? Ich will es anhand eines weithin bekannten Meisterwerks beschreiben, ganz passend zum Thema Diktatoren und Allmachtsphantasien: In dem legendären Adolf-Comic von Walter Moers (Band 1, die anderen sind nicht so dolle) gibt es eine Verführungsszene, in der Adolf auf Hermine Goering trifft und von diesem mit New York Oud verführt wird. Okayokay, bevor jemand mosert: Ich muss einräumen, die Wirkung von New York Oud habe ich übertrieben, und gebe zu, etwas heroische Musik, stilecht aus einem Dualplattenspieler (*kracks*) hat bei der Verführung auch eine Rolle gespielt. Der Rest ist, nein, nicht Schweigen, sondern "Johotohoo!". Schweigen möchte man selbst, und zwar aus Höflichkeit. Warum ich diese Szene erwähne? Weil New York Oud nur in so einer absurden Situation richtig in Szene gesetzt werden kann. Man möchte drüber lachen, und gleichzeitig kämpft man mit einer gewissen latenten Hintergrundübelkeit. Und bei alledem macht New York Oud richtig Spaß.
2 Antworten