New York Gentlemen 2008

loewenherz
15.11.2017 - 15:58 Uhr
4
Hilfreiche Rezension
5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
6
Duft

Den hätte ich gerne gemocht

Der legendäre New Yorker Herrenausstatter Brooks Brothers ist eine jener berühmten Adressen, die man - interessiert man sich für klassische Herrengarderobe - kaum ignorieren kann. Und zumindest für westlich orientierte Kleidung eine der ganz wenigen nichteuropäischen. Schon Clark Gable und Cary Grant, Andy Warhol und zahlreiche US-Präsidenten haben hier eingekauft, das Button-Down-Hemd und der Seersuckeranzug wurden hier erfunden (wenngleich zweiterer für Nichtamerikaner wohl immer ein Kuriosum bleiben wird). Kurzum: Brooks Brothers ist weit über New York City hinaus eine Institution.

Kennt Ihr das, dass Ihr manchmal auf ein Geschäft oder ein Label trefft, das Ihr - aus welchen mitunter merkwürdigen Gründen auch immer - gerne mögen würdet? Tatsächlich jedes Mal, wenn ich an einem Brooks Brothers-Geschäft vorbeikomme (in Europa gibt es allerdings nur wenige), gehe ich rein - habe dort aber außer einer Frustkrawatte noch nie etwas gekauft. Der Grund dafür ist ziemlich einfach: Brooks Brothers ist ein amerikanischer Hersteller, und amerikanische Anzüge und Hemden sind ganz anders geschnitten als europäische. Wer englische oder italienische Anzüge liebt, fühlt sich in Brooks Brothers erst mal fremd.

Parfums gehören nicht zu Brooks Brothers' originärem Produktportfolio, die gibt es dort seit gerade mal knapp zehn Jahren. Und wie es aussieht (bzw. riecht), ist der Auf- bzw. Ausbau von Parfumkompetenz auch nicht Chefsache dort. Neunzehn Düfte sind es bisher, die das Haus herausgebracht hat - und es sind typische 'Ergänzungsdüfte' eines Bekleidungsherstellers, der einfach ein bisschen hübsche, vermeintlich traditionelle Quengelware für die Kassentheke brauchte: lieb-, gesichts-, anspruchs- und einfallslos. Dieser hier ist fast noch der aufregendste unter ihnen - und so spannend wie ein bügelfreies Hemd.

Fazit: nichts an New York Gentlemen ist minderwertig oder schlecht - aber einfach alles ist uninspiriert und medioker. Die ihm zugrundeliegende Idee. Die Ausführung. Die Haltbarkeit. Der Preis. Selbst der Flakon. Zitrisch sein Auftakt, grünkrautig ohne akzentuierte Bitterkeit sein Mittelbau, warmholzig seine Basis - da könnte man ja durchaus was draus machen, wenn man will. Will man aber nicht, versucht man nicht einmal: Kernkompetenz des Hauses ist Businessgarderobe - und soll es offensichtlich auch noch lange bleiben. Schade eigentlich, denn wenigstens den hier hätte ich gerne gemocht.
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