Schwarzer Samt Florena 1955 Eau de Cologne

Eine meiner besten Freundinnen ist am Prenzlauer Berg aufgewachsen (wo sie noch heute wohnt) - zu einer Zeit, als es dort noch grau und nicht der 'Schnöselkiez' (Zitat jener Freundin, neben der jetzt eine Familie aus Esslingen wohnt) war, der es heute ist. Vor kurzer Zeit waren wir gemeinsam auf dem Flohmarkt im Mauerpark ('Och nee - echt jetzt? Da sind doch nur Touristen!'), wo sie dann vier große Gläser brandenburgischen Honig gekauft hat (den ich tragen musste), und ich gar nichts. Und mitten im Gewühl hielt sie mir plötzlich eine kleine Flasche vor die Nase und sagte: 'Ey guck ma - das hatte die Mutti früher.' Es handelte sich um ein Parfum mit Namen 'Schwarzer Samt' (hergestellt vom 'VEB Chemisches Kombinat Miltitz' - klingt das nicht nach so viel mehr Sinnlichkeit und Leidenschaft als 'Guerlain'?), und ich dachte (und sagte dann auch): 'Was? Parfum? Ich dachte, ihr hattet nüscht?'

Für 'Wir hatten ja nüscht' (ihr Lieblingssatz, wenn es um irgendwas vor 1990 geht) riecht Schwarzer Samt nach ganz schön viel. Ich würde behaupten, der Inhalt jener Flasche war noch gut (die Verkäuferin wollte vierzig Euro für das halbvolle, kleine Fläschchen haben und hat mich nur sehr widerwillig testen lassen) - und roch so gar nicht, wie man sich als Wessi den Duft der DDR vorstellen würde (wobei ich jetzt auch nicht sagen könnte, was ich denn erwartet hätte). Schwarzer Samt riecht weder übertrieben dunkel, geschweige denn nach Samt, sondern ist ein schwerer, schwüler Blütenduft mit Rose (mit einem deutlichen Altton, vielleicht war er doch schon leicht hinüber) und einer chyprigen Basisnote, die sich nicht wesentlich von mir bekannten (westlichen) Parfums unterscheidet. Ganz spürbar kein Parfum der Gegenwart, aber nichts charakteristisch realsozialistisch Duftendes.

Fazit: sag noch mal einer, auf dem Mauerpark-Flohmarkt ließe sich nichts finden. Vielleicht hätte ich den doch mitnehmen sollen...