Tubéreuse 2 Virginale Histoires de Parfums 2010

Es ist schon spät. Eine Sommernacht im letzten Jahr. Grillen zirpen bedächtig unter der silbernen Mondsichel. Das letzte Glas Wein will noch ausgetrunken werden. Und während ich mir einen dünnen Schal um die Schultern lege, schiebt mir unsere Gastgeberin einen Flakon zu.

Meins ist es nicht, sagt sie, aber zu dir, zu dir könnte es passen.
Virginale, lese ich und bin erstaunt, dass dies zu mir passen soll. Sie lächelt, erahnt sie doch, was ich denke und flüstert: Nein, es ist ganz anders...

Und das ist es dann auch. Der Name muss pure Ironie sein. Auf meiner Haut entfaltet sich eine erdige Kirsche. Darüber eine helle, unverkennbare Tuberose, die sich auch vom wilden Moschus nicht beirren lässt. Fragipani, Iris und Mandarine klingen auf - wie Streicher in der Ferne. Ich halte inne, vergesse das Atmen. Da ist nur Duft, dessen Süße verspielt meine Nase kitzelt.
Keine Unschuld vom Lande. Kapriziös ja, Mädchenhaft ist es nicht.

Mein Mann lächelt mir zu, der Mond wird ein wenig heller und der Wein noch schwerer. Und nachdem wir uns verabschiedeten, wurde die Nacht länger als der Tag.