Delice Infini

IamCraving
27.10.2018 - 16:39 Uhr
7
8
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft

A Parisian in America

Der Fundort dieser vor Charme sprühenden Rarität könnte nicht mehr mit ihrem Charakter kontrastieren. In der Wüste Albuquerque’s unter dem absurd blauen Himmel New Mexiko's steht zwischen Flohmarkt Buden, Streetfood Ständen und Wühltischen ein kleiner weißer Wohnwagen.
Darin befindet sich nicht nur ein kurioses, an Vielseitigkeit und Qualität reiches Sammelsurium an Düften -der Stauraum gleicht der Handtasche Mary Poppins’- sondern auch zwei reizende junge Herren, die sich „nur“ nebenberuflich ihrer Leidenschaft für das bewusste, genussreiche und neugierige Riechen widmen. Ich werde sogleich herzlichst empfangen, unaufdringlich, aber mit wissendem Schmunzeln beraten, die Vorschläge sind alle ein Aha-Erlebnis, fast alle ein Treffer. Neben einer ganzen Reihe an privaten Tom Ford Fragrances, die alle in 10ml Zerstäubern abgefüllt werden können, hat es mir besonders der französische Duft „Delice Infini“ von La Bouquetière angetan. Man warnt mich. Nicht vor einer Verirrung in der Unendlichkeit des Schwelgens, sondern vor der glitzerinartigen, schimmernden Schicht, die die Köstlichkeit mit sich bringt. Einem Auftragen auf Textilien ist abzuraten, der Haut bereitet das samtige Flimmern jedoch keine Unannehmlichkeit, es garantiert im Gegenteil eine längere Präsenz des Bouquets.

Da reist man also nun in die neue Welt, weilt zwischen den alten Jagdgründen der Navajos und den Neuen amerikanischer Waffennarren, zerknittert an der non existenten Luftfeuchtigkeit, wird erhoben durch die Weite des Himmels und der Wüste und dann schlagartig in einen Pariser Salon, ausgestattet mit pompösen Canapés und schlichten Liliengestecken, versetzt. Die Decken sind hoch, ebenso die Bogenfenster, die Luft ist kühl ebenso die Blicke der jungen Französinnen, die an ihrem Cremant nippen, Rommee spielen, die Begleitung von Mademoiselle Z begutachten und auseinandernehmen. Sie schweben aufrecht in ihrer Wolke aus infantiler Arroganz, die sich in ihrem Duft widerspiegelt, ihre Distanz hat etwas Stechendes, doch es sticht so süß, ein wenig säuerlich, wie die Perlen im kalten Schaumwein. Je länger wir in der gediegenen, doch lauernden Atmosphäre des Salons verweilen desto träger wird unser Gemüt. Wir lassen uns in die zu weiche Lehne des Canapés sinken, die duftende Ausstrahlung des Raumes wird wärmer, umhüllt uns in einen Hauch jugendlichen Patchouli, weiße Blüten und adeligen Schweiß. Draußen ist es 20 Grad wärmer als in dem alt ehrwürdigen Gewölbe, in dem nun Limettensorbet und Biskuit gereicht wird. Beobachten, beobachtet werden, in wachsamer Erregung, im Wissen um die eigene Noblesse. In einer anderen Welt schwitzen Menschen, man kann es ahnen, man ist Teil der Jahreszeit, trägt den klebrigen Sommer im Herzen, die Kühle im Kopf und in der Brust.

Zurück in Albuquerque verbringe ich den Rest des Tages mit Delice Infini auf dem Schlüsselbein am Rio Grande. Auch bei 35 Grad funktioniert dieser einzigartige Geschichtenerzählerduft, unterstreicht und kontrastiert die Hitze gleichsam.
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