L'eau de Kasaneka
重ね香
2004

oYo
02.11.2012 - 13:36 Uhr
10
Sehr hilfreiche Rezension
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft

Sinnlicher Ätherflug

Vor einigen Tagen stand ich vor meiner Probensammlung, ratlos, was ich denn an diesem Abend ausprobieren könnte. Vielleicht kennt Ihr diesen Zustand nach konzentrierter Arbeit, in dem man eigentlich gar nicht so recht weiß, was man gerade fühlt oder braucht. Also griff ich eher wahllos in ein Gläschen mit kleinen Probenphiolen und L'Eau de Kasaneka lag in meiner Hand. In einer Parfumerie 2007 erstanden, hatte mir der Duft damals überhaupt nicht gefallen, und das angebrochene Pröbchen schlummerte seitdem in meinem Schrank. Mit der Erwartung eines eher langweiligen Duftes tropfte ich mir großzügig etwas aufs Handgelenk. Die Kopfnote war wohl über die Jahre verdunstet, ich nahm kaum einen Dufthauch wahr und verteilte den halben Milliliter komplett auf meiner Haut.

Eine leicht aquatisch-fettige Note begleitet von ein paar Blümelein und einem Hauch Würze konnte ich erahnen, als ich meine Nase auf die Haut drückte. Enttäuscht, daß der Duft mir nicht ein winziges Bißchen entgegenkam, ließ ich meinen Arm sinken und wandte mich anderen Dingen zu. Doch dann kam die Überraschung!

Nach etwa 15 Minuten umwehte mich plötzlich ein zarter, unglaublich transparenter, wohliger Blütenschleier. Eine leicht fettige Rose und eine grüne Gartennelke, eingebettet in eine Spur Heliotrop, erhoben sich so fein und leicht, daß mir der Duft fast kühl erschien. Allmählich wurde der Duft strahlender, intensiver und wärmer, blieb dabei aber durchsichtig und ätherisch. Ich fühlte mich von dem Duft sachte hochgehoben und schwebte mit einem seeligen Lächeln durch einen Raum voller zarter, schöner Gefühle (fragt meinen Mann, der war dabei!). Zu meiner großen Überraschung füllte sich der ganze Raum mit dem Duft. Wie konnte das sein, eine so starke Sillage und gleichzeitig diese unglaubliche Transparenz und Feinheit?

Nach 1,5 Stunden löste fruchtiger Ylang Ylang die anderen Blüten ab, trat gemeinsam mit Heliotrop in den Vordergrund und tanzte mit ihm einen wechselnden Reigen zarter Leidenschaft und wärmender, mandeliger Süße. Mein Schwebeglück ging über in eine körperlich-ätherische Sinnlichkeit. Seufz...

Nach etwa 3 Stunden verabschiedete sich der Ylang Ylang fast ganz in eine leicht pudrige Moschus-Vanille-Basis, die mich ein wenig an Traubenzucker erinnerte, begleitet von der letzten Erinnerung an Blüten und Heliotrop. Auch wenn die Landung eine sanfte war, schmeckte mir der Bodenkontakt in dieser Kombination nicht besonders. Moschus gefällt mir oft sehr gut, hatte hier aber für mich nach dem erhebenden Erlebnis etwas nahezu Gewöhnliches und Ernüchterndes. Wie schade.
5 Antworten