Perla

Perla von Miraj
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Ein Parfum von Miraj für Damen. Das Erscheinungsjahr ist unbekannt. Der Duft ist blumig-würzig. Die Produktion wurde offenbar eingestellt. Der Name bedeutet „Perle”.
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Duftrichtung

Blumig
Würzig
Bewertungen
Flakon
7.04 Bewertungen
Eingetragen von Fabistinkt, letzte Aktualisierung am 05.04.2021.

Duftet ähnlich

Womit der Duft vergleichbar ist

Rezensionen

1 ausführliche Duftbeschreibung
6
Flakon
7
Sillage
6
Haltbarkeit
7
Duft
FvSpee

323 Rezensionen
FvSpee
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Top Rezension 38  
Perlenfunde und Luftspiegelungen
Das Rumänien der Zwischenkriegszeit war ein multiethnisches Land in ständiger Gärung, mit riesigen ungarischen, deutschen und jüdischen Minderheiten, dazu Ukrainer, Bulgaren, Tataren, Armenier; und Bukarest war eine quirlige, umtriebige Metropole, die den Ehrgeiz hatte, sich an Paris zu messen. Zwar ist, wie mir scheint, die Geschichte der rumänischen Parfümerie noch nicht geschrieben (und wird es vielleicht auch nie), aber es scheint, als ob es eines im Bukarest dieser Zeit, dem nichts fremd und in dem alles käuflich war, nicht gab: eine eigene nennenswerte Parfümindustrie. Die einheimische Produktion dürfte sich auf die Herstellung kleiner Auflagen an Kölnischwässern in örtlichen Drogerien und Apotheken beschränkt haben.

In den Jahren ab 1938 probierte das Land die verschiedensten sich abwechselnden Spielarten rechtsgerichteter Diktaturen durch, auch in kriegerischen und genozidalen Unternehmungen dilettierte man ein wenig mit; Unterfangen alles, auf denen, wie zu erwarten, wenig Segen und mindestens genausowenig zauberhaft duftende Leichtigkeit lag. Nachdem 1944 rasch die Fronten gewechselt waren, erhoffte man sich ein diskretes Wiederanknüpfen an Größe, Glanz und Partylaune der zwei guten Dekaden. Überraschenderweise hatten die im Land anwesenden bewaffneten Gäste aus der Sowjetunion in Nuancen abweichende Planungen.

Als König Michael 1948 abgedankt hatte, wobei das entscheidende Argument für diesen Schritt in einer auf ihn gerichteten geladenen Tokarew TT-33 gelegen haben könnte, wurde die Großindustrie, also alles, was die Dimensionen einer Werkstatt mit mehr Inventar als einem Schumacherhammer überschritt, von Planbürokraten übernommen, die bereits nach vier Jahren beschlossen, dass Rumänien eine Parfümproduktion von Weltniveau benötigt. Woher die nötigen Apparate, Rezepturen und Rohstoffe kamen, ist nicht erforscht, möglicherweise reichte auch der feste Glaube der jungen Arbeiter an die lichte (und duftende) Zukunft für eine wundersame Jungfernzeugung ex nihilo aus.

So entstand in Bukarest 1952 das Staatsunternehmen Macul Roșu (Roter Mohn), das - wohl Anfang der 70-er - in Miraj umbenannt wurde. Der neue Namen spricht sich genau wie das französische Mirage aus und bedeutet auch dasselbe: Fata Morgana, Luftspiegelung. In den Jahren bis 1990 soll das Unternehmen insgesamt 170 Düfte lanciert haben, von denen hier auf Parfumo (wo Macul Roșu und Miraj als zwei getrennte Marken erfasst sind) etwa 10 katalogisiert sind.

Zu diesen gehört Perla, die Perle. Von diesem Duft ist mir ein randvoll gefüllter 20-ml-Flakon in einer für kommunistische Verhältnisse opulenten, aus westlicher bzw. heutiger Sicht armselig zusammengeleimten aufklappbaren Geschenkverpackung vor die Nase geflogen; fliegen lassen hat ihn die hochgeschätzte Sniffsniff, der ich für diese reizende Geste in aller Form mit tiefer Verneigung danken möchte. Es handelt sich um genau den Flakon, der hier abgebildet ist, erkennbar am fingerabdruckartig eigentümlichen Riss in der Kappe.

Im Hals des Flakons steckt, da offenbar bereits die proletarischen Produzenten der Dichtigkeit des Schraubverschlusses misstrauten, ein extra Plastestopfen, sodass trotz der Fissur im Deckel der Duft seit seiner Herstellung (es handelt sich um die Batch, seinerzeit hätte man in Rumänien wohl eher vom "Lot", also Produktionslos, gesprochen, N.I. 78/66, sodass eine Herstellung im Jahr 1978 angenommen werden kann) keiner Oxidation ausgesetzt war.

Gelitten hat die Qualitält allerdings offenkundig, da schon optisch trübe Ausflockungen in der Flüssigkeit erkennbar sind. Den Stopfen kühn gelöst und ein paar Tropfen auf die Haut geschüttet, gilt es einige klamme, beklemmende Minuten zu durchstehen. Es liegt für eine kurze Weile ein countertenorartiger, das Schrille streifender, metallischer Klang in der Luft, wie aufgewirbelter Eisenstaub aus einer Sinterwarenfabrik eines metallurgischen Kombinats in Pitești oder Galați. Dieser verzieht sich dann aber glücklicher Weise so schnell, wie man Spinnenweben in den Gewölben eines transkarpatischen Spukschlosses weggepustet hat.

Darunter entfaltet sich der Duft ganz offensichtlich olfaktorisch intakt, und er ist nicht zu beanstanden. Seine Duftpyramide ist vermutlich bis zum Jüngsten Tag verloren, und ich bezweifle, ob je ein Leser dieses Forums die Probe wird machen können, ob meine Beschreibung akkurat oder frei phantasiert ist. Wie auch immer, ich würde von einem grundehrlichen Fond von ukrainischer Kernseife (was als Kompliment gemeint ist!) sprechen wollen, der mit einem moderat schweren, kompakten, aber mitnichten süßen, aparten, etwas altmodischen Blumenbukett (Richtung Flieder oder Hyazinthe) durchsättigt ist. Als erneut durchaus ansprechender, keineswegs lumpenproletarisch dahingestümperter, würziger Kontrapunkt begegnet uns etwas, bei dem ich (ohne jegliche Vorkommentare, Duftpyramiden und Telefonjoker) auf kubanischen Piment tippen würde.

Alles in allem enthüllt die wie eine Auster aufklappbare, mit anrührenden floralen Mustern dekorierte Präsentkartonage tatsächlich eine kleine olfaktorische 'Perla', einen erwachsenen, gefälligen, aber nicht besonders erotischen, seifigen Gewürzfloriental balkanisch-sozialistischer Prägung.

Den Duft - nebst der wie eine Fata Morgana vergangene Zeiten und ferne Orte auf meinen Berliner Schreibtisch des Jahres 2021 luftspiegelnden Verpackung - werde ich, sobald das Reisen wieder möglich ist, dem wunderbaren, ironischen kleinen Temeswarer Kellermuseum 'Muzeul Consumatorului Comunist' (Museum des kommunistischen Verbrauchers) spenden. Und was ich bei den Recherchen für diesen Kommentar alles über die rumänische Parfumistik gelernt habe, ohne es hier einbringen zu können - daraus wird vielleicht noch ein hübsch bebilderter Blog. Ein ander Mal.
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