2
Baum werden
1.
"Kaum ist die Bitte ausgesprochen, befällt eine schwere Starre die Glieder, die weiche Brust wird von zartem Bast umschlungen, die Haare werden zu Laub, die Arme zu Zweigen, der eben noch so flinke Fuß bleibt in zähen Wurzeln stecken, das Gesicht trägt einen Baumwipfel." (Ovid, Metamorphosen)
Daphne flüchtet vor Apoll. Ich flüchte nicht, im Gegenteil, ich gebe mich hin. Aus freien Stücken lasse ich die Menschenhülle fallen, erliege der Versuchung -- werde zum Baum. Rinde ist mir die angemessenere Haut. Es gehört so zu meinem Wesen. In meinen morschen Armen vermengen sich der frische Regen und das klebrige Harz. Ein leichter Wind lässt alle meine Glieder erzittern, alles raschelt einmal wild auf, ein Blatt segelt leise von meiner Stirn. Weit, weit strecken sich meine Wurzeln, kennen keine Grenze, kennen keinen Horizont, finden hinter Erde immer bloß wieder Erde. Ihre Spitzen schlagen immer wieder neue Spitzen, graben sich wild, ja geradezu besinnungslos ihren Weg durch das Erdreich. Den Durst nach Licht kennen sie nicht. Hier im Dunkeln, in der Enge, in der Tiefe, hier zwischen den Würmern, den Pilzen und all der abgestorbenen Materie des Waldes -- ich weiß es genau -- hier entspreche ich mir restlos.
2.
Rauer Stoff reibt an meiner Haut, kühles Leder umschließt meine Arme -- aus der Ferne ertönen Pommer und Tabor. Weich fällt mein Haar, als ich über das steinige Tal zum Wald eile. Die Wurzeln festigen meinen Weg. In meinen Gedanken dein fester Körper. Bald bin ich bei dir, bringe dir Nelke und Engelwurz, um bei dir zu bleiben.
~ Paola & Maxim/e
"Kaum ist die Bitte ausgesprochen, befällt eine schwere Starre die Glieder, die weiche Brust wird von zartem Bast umschlungen, die Haare werden zu Laub, die Arme zu Zweigen, der eben noch so flinke Fuß bleibt in zähen Wurzeln stecken, das Gesicht trägt einen Baumwipfel." (Ovid, Metamorphosen)
Daphne flüchtet vor Apoll. Ich flüchte nicht, im Gegenteil, ich gebe mich hin. Aus freien Stücken lasse ich die Menschenhülle fallen, erliege der Versuchung -- werde zum Baum. Rinde ist mir die angemessenere Haut. Es gehört so zu meinem Wesen. In meinen morschen Armen vermengen sich der frische Regen und das klebrige Harz. Ein leichter Wind lässt alle meine Glieder erzittern, alles raschelt einmal wild auf, ein Blatt segelt leise von meiner Stirn. Weit, weit strecken sich meine Wurzeln, kennen keine Grenze, kennen keinen Horizont, finden hinter Erde immer bloß wieder Erde. Ihre Spitzen schlagen immer wieder neue Spitzen, graben sich wild, ja geradezu besinnungslos ihren Weg durch das Erdreich. Den Durst nach Licht kennen sie nicht. Hier im Dunkeln, in der Enge, in der Tiefe, hier zwischen den Würmern, den Pilzen und all der abgestorbenen Materie des Waldes -- ich weiß es genau -- hier entspreche ich mir restlos.
2.
Rauer Stoff reibt an meiner Haut, kühles Leder umschließt meine Arme -- aus der Ferne ertönen Pommer und Tabor. Weich fällt mein Haar, als ich über das steinige Tal zum Wald eile. Die Wurzeln festigen meinen Weg. In meinen Gedanken dein fester Körper. Bald bin ich bei dir, bringe dir Nelke und Engelwurz, um bei dir zu bleiben.
~ Paola & Maxim/e

