Bandit (1944) (Parfum) von Robert Piguet

Bandit 1944 Parfum

Version von 1944
Undine
20.04.2012 - 13:11 Uhr
Hilfreiche Rezension
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
6
Duft

Lederklau und Jägermeister

Lieber Bandit,

bei unserem letzten Treffen hast du leise geseufzt, du seist nicht froh mit deinem Ruf. Ob ich – als eine, die sich vor dir nicht erschreckt hat – da was tun könne? Keine Ahnung, ob ich kann. Ich versuch's mal.

Was auch immer die Fama behauptet, man muss dich nicht fürchten. Deinen Namen trägst du zwar nicht zu Unrecht, nur beschränkt sich deine kriminelle Ader auf mindere Eigentumsdelikte – doch dazu später. Gewalt liegt dir jedenfalls fern; du setzt einem nicht die Pistole auf die Brust, hast keine Keule auf der Schulter, keine abgesägte Schrotflinte in der Tasche, kein Messer im Stiefel.

Du kommst vielmehr galant daher, auf eine Art, die frau seit der (Nach-)68er-Zeit kaum mehr kennt. Zu jedem Rendezvous begrüßt du mich mit einem gigantischen Blumenstrauß, ganz Kavalier alter Schule. Das Bouquet, Aldehyde plusplus, ist so riesig, dass es mich fast in die Knie zwingt. Doch wenn ich allmählich wieder auftauche aus der Blütenfülle, vermisse ich was. Leder satt habt ihr mir versprochen, deine Bande (=dein Parfümhaus) und du. Aber das unterschlägst du. Erst wenn du schon im Aufbruch bist, ziehst du was Gegerbtes aus der Tasche: Waschleder, weich, proper, und auch davon nur ein Fitzelchen – nee, mein Lieber, das war anders abgemacht. Das ist Lederklau. Du bist ein Dieb, ein Betrüger.

Auch sonst ist dir nicht zu trauen. So gibt es nach dem ersten blümeranten Geblümel ein wunderliches Intermezzo: Du schenkst mir Kräuterbitter ein, und nicht zu knapp. Leider ist Estragon nicht gerade mein Lieblingskraut, auch in der Küche nicht. Und leider hast du davon eine enorme Portion in den Trank gepackt. Dein Herz sei freundlich und lieblich, sagst du? Und da sei noch ein Zweitblumenstrauß, Rosen und Nelken inklusive? Pardon, das kriege ich, hicks, vor lauter bitterer Kräuterei nur halb mit. Schade.

Unsere Zweisamkeit bleibt distanziert. Erst nach ein paar Stunden rücken wir näher zusammen. Dann nämlich zeigst du deine Basis. Und was ich da wahrnehme, vom weichen, dunkelgrünen Moos über ebenso dunkles, raues Vetivergras bis hin zu mildem Harz und – endlich, siehe oben! – einer Winzigkeit Leder, das mag ich sehr.

Was ich, so insgesamt, von dir halte? Du bist ein interessanter Typ. Schön, dich kennengelernt zu haben; ich habe nichts dagegen, dich mal wieder zu treffen. Gelegentlich – eine Sache von Liebe und Leidenschaft wird das mit uns beiden nicht.

Ach so, das war dir ja wichtig: Nein, lieber Bandit, als Wilden habe ich dich nicht erlebt. Nur als Lederdieb. Und, nebenbei: Willst du wirklich Leute zur Jägermeister-Fraktion bekehren?

Beste Grüße
Undine
1 Antwort
MichelangelaMichelangela vor 13 Jahren
Wunderbar - dieser Kommentar ist ein Hochgenuss! Hicks :-)